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Wido Geis-Thöne IW-Kurzbericht Nr. 47 29. Juli 2019 Frauen sind nach der Familienphase am Arbeitsmarkt aktiver

In den letzten Jahren ist der Anteil der erwerbstätigen Frauen im Alter zwischen 45 und 64 Jahren deutlich gestiegen und der Anteil der in kleiner Teilzeit Beschäftigten unter ihnen gesunken. Gleiches gilt auch, wenn man Mütter mit älteren Kindern betrachtet. Um diesen den Wiedereinstieg weiter zu erleichtern, sind gezielte Qualifizierungs- und Vermittlungsangebote hilfreich.

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Frauen sind nach der Familienphase am Arbeitsmarkt aktiver
Wido Geis-Thöne IW-Kurzbericht Nr. 47 29. Juli 2019

Frauen sind nach der Familienphase am Arbeitsmarkt aktiver

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

In den letzten Jahren ist der Anteil der erwerbstätigen Frauen im Alter zwischen 45 und 64 Jahren deutlich gestiegen und der Anteil der in kleiner Teilzeit Beschäftigten unter ihnen gesunken. Gleiches gilt auch, wenn man Mütter mit älteren Kindern betrachtet. Um diesen den Wiedereinstieg weiter zu erleichtern, sind gezielte Qualifizierungs- und Vermittlungsangebote hilfreich.

In den letzten zwei Jahrzehnten hat Deutschland bei der Erwerbsbeteiligung von Frauen im internationalen Vergleich sehr stark aufgeholt. Lag das Land mit einem Erwerbstätigenanteil von 58,6 Prozent unter den 20- bis 64-jährigen Frauen im Jahr 1998 noch im europäischen Mittelfeld, erreichte es im Jahr 2018 mit 75,8 Prozent nach Schweden und Litauen den dritthöchsten Wert der EU-Länder (Eurostat, 2019). Sowohl die Anpassungen im Rentenrecht – zu nennen ist hier insbesondere die Abschaffung der Rente mit 60 für Frauen –, als auch der Ausbau der Betreuungsangebote im Kita- und Grundschulbereich haben ihren Beitrag geleistet. Allerdings war die Entwicklung zu bedeutenden Teilen von Veränderungen bei den Frauen im Alter zwischen 45 und 54 Jahren getragen, die von diesen Maßnahmen in der Regel nicht direkt betroffen waren.

Lag der Erwerbstätigenanteil bei den Frauen in dieser Altersgruppe im Jahr 1993 noch bei nur 62,1 Prozent, waren es 2008 mit 76,2 Prozent bereits 14,1 Prozentpunkte mehr. Seitdem ist der Anteil nochmals stark gestiegen und erreichte im Jahr 2017 einen Wert von 83,2 Prozent und damit 20,1 Prozentpunkte mehr als 1993 und 7,0 Prozentpunkte mehr als 2008. Bei den 35- bis 44-Jährigen ist der Anteil hingegen nur von 68,1 Prozent über 76,5 Prozent auf 79,9 Prozent gestiegen und liegt damit seit dem Jahr 2010 niedriger als bei den 45- bis 54-Jährigen. Bei den 55- bis 64-Jährigen war, wie vor dem Hintergrund der Veränderungen bei der Rente nicht anders zu erwarten, ein noch stärkerer Anstieg von 23,7 Prozent 1993 über 45,9 Prozent 2008 bis auf 65,4 Prozent im Jahr 2017 zu verzeichnen (Statistisches Bundesamt, 2019; eigene Berechnungen).

Gleichzeitig arbeiten die erwerbstätigen Frauen im Alter zwischen 45 und 64 Jahren heute auch häufiger mit größerem Stundenumfang. Lag der Anteil der in kleiner Teilzeit mit weniger als 21 Arbeitsstunden pro Woche Beschäftigten bei ihnen im Jahr 2008 noch bei 31,7 Prozent, waren es 2017 nur noch 28,5 Prozent. Hingegen sind die Anteile der mit 21 bis 39 Stunden pro Woche beschäftigten Frauen von 39,4 Prozent auf 42,3 Prozent und der Frauen mit einen Beschäftigungsumfang von 39 und mehr Stunden von 28,9 Prozent auf 29,2 Prozent gestiegen. Setzt man die Zahl der in großer Teilzeit mit über 21 Stunden in der Woche und in Vollzeit Beschäftigten ins Verhältnis zur Gesamtzahl der Frauen im Alter zwischen 45 und 64 Jahren, ergibt sich ein Anstieg um 10,6 Prozentpunkte von 42,8 Prozent im Jahr 2008 auf 53,4 Prozent im Jahr 2017 (Statistisches Bundesamt, 2009, 2018a; eigene Berechnungen).

Diese Entwicklung geht vorwiegend auf ein sich veränderndes Erwerbsverhalten der Mütter in Deutschland zurück. Diese steigen heute nach der Geburt ihrer Kinder nicht nur deutlich früher wieder in den Arbeitsmarkt ein (Geis-Thöne, 2018), sondern weiten ihre Erwerbsbeteiligung in der Folge auch stärker aus. Die Erwerbstätigenanteile bei den Müttern mit Kindern im Alter zwischen 10 und 14 Jahren sind zwischen 2008 und 2017 von 70,4 Prozent auf 78,3 Prozent und bei den Müttern mit Kindern im Alter zwischen 15 und 17 Jahren von 75,3 Prozent auf 82,8 Prozent gestiegen (Statistisches Bundesamt 2018b; eigene Berechnungen).

Auch arbeiten mehr Mütter mit Kindern im Teenageralter in großer Teilzeit oder Vollzeit, wie eine eigene Auswertung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zeigt. Der Anteil der Mütter mit Kindern im Alter zwischen 15 und 17 Jahren mit einer vertraglich vereinbarten oder tatsächlichen Arbeitszeit (wenn keine Angabe vorliegt) unter 21 Stunden ist zwischen 2008 und 2017 von 36,7 Prozent auf 28,3 Prozent gesunken. Gleichzeitig sind die Anteile der Mütter mit 21 bis 35 Stunden von 24,6 Prozent auf 30,7 Prozent und die der Mütter mit über 35 Stunden von 38,7 Prozent auf 41,1 Prozent gestiegen. Die abweichend von den oben ausgewiesen Zahlen des Statistischen Bundesamts gewählte Grenze von 35 Stunden erklärt sich damit, dass ab diesem Wert ein Vollzeitarbeitsverhältnis vorliegen kann. Bei den Müttern mit Kindern im Alter zwischen 10 und 14 Jahren waren ein Rückgang der kleinen Teilzeit von 49,4 Prozent auf 36,7 Prozent und Anstiege bei der großen Teilzeit von 24,8 Prozent auf 32,5 Prozent und bei der Vollzeit von 25,7 Prozent auf 30,7 Prozent zu verzeichnen.

Hierin spiegeln sich nicht nur die direkten Effekte der verbesserten Betreuungsinfrastruktur im Kita- und Grundschulbereich wider. So steigen die Erwerbstätigen- und Vollzeitanteile der Mütter, auch nachdem das jüngste Kind die Grundschule verlassen hat, noch weiter an. Zudem liegt eine entsprechende Verschiebung der Präferenzen vor, wie eine Auswertung der im SOEP ebenfalls gestellten Frage nach den gewünschten Arbeitszeiten verdeutlich. Auch hier geben die Mütter mit Kindern Alter zwischen 10 und 17 Jahren immer seltener Werte an, die in den Bereich einer kleinen Teilzeit fallen (Abbildung). Überdies antworteten auf die letztmals im Jahr 2016 im SOEP gestellte Frage nach der Wichtigkeit von Erfolg im Beruf nur 2,7 Prozent von ihnen, dass ihnen dieser ganz unwichtig, und 24,1 Prozent, dass ihnen dieser weniger wichtig sei. Hingegen ist er für 56,8 Prozent wichtig und für 16,4 Prozent sogar sehr wichtig. Dies deutet klar darauf hin, dass die meisten Mütter mit Kindern im Teenageralter nicht nur einer Erwerbstätigkeit nachgehen, um das Familieneinkommen aufzubessern, sondern der Beruf auch von hoher emotionaler Bedeutung für sie ist und sich in ihrer gestiegenen Aktivität nicht nur die bessere gesamtwirtschaftliche Lage widerspiegelt.

Vor diesem Hintergrund ist damit zu rechnen, dass sich die positive Entwicklung bei Erwerbsbeteiligung und Erwerbsumfang von Müttern mit älteren Kindern in den nächsten Jahren noch weiter fortsetzen wird. Damit einhergehend dürften auch unabhängig von den weiteren Entwicklungen bei der Rente die entsprechenden Werte bei den Frauen in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens insgesamt weiter steigen. Allerdings muss dies nicht unbedingt heißen, dass sie auf absehbare Zeit zum überwiegenden Teil in Vollzeit arbeiten werden. Die große Teilzeit kann für sie eine Alternative darstellen und ist aus familienpolitischer Sicht auch völlig anders zu werten als die kleine Teilzeit, die zumeist hauptsächlich den Charakter eines Zuverdiensts hat und im Trennungsfall zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht ausreicht. So kann ein Erwerbsverhältnis mit etwas reduzierten Arbeitsstunden auch unabhängig von den während des Teenageralters des jüngsten Kindes noch bestehenden familiären Aufgaben mit Blick auf die Work-Life-Balance von Frauen und auch Männern in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens optimal sein. Daher besteht, solange sich die Entwicklung in ihrer momentanen Weise fortsetzt, auch nicht unbedingt die Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um die Erwerbsanreize für Zweitverdiener weiter zu stärken, mit denen vor allem die Frauen zwischen 45 und 64 Jahren adressiert würden.

Das heißt allerdings nicht, dass die Politik gar nicht handeln sollte. Insbesondere sollte der quantitative und qualitative Ausbau der Betreuungsinfrastruktur weiter vorangetrieben werden. Dieser ist auch für die Erwerbstätigkeit nach der aktiven Familienphase von großer Bedeutung, da sich längere Phasen ohne und mit verminderter Erwerbstätigkeit negativ auf die Karriere- und Einkommensperspektiven auswirken. Zudem muss den Müttern, die sich bewusst für eine längere Auszeit entscheiden, die Rückkehr in den Arbeitsmarkt erleichtert werden. Wichtig hierfür sind gezielte Qualifizierungsangebote, die es ermöglichen, sich wieder auf den aktuellen Stand in ihrem Berufen zu bringen, sowie Beratungs- und Vermittlungsangebote, die bei der Suche nach einem für sie passenden, neuen Arbeitsplatz helfen.

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