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Wido Geis-Thöne / Benita Zink IW-Kurzbericht Nr. 61 25. August 2024 Ausländische Beschäftigte tragen zur Wertschöpfung in Ostdeutschland 24,6 Milliarden Euro bei

Rund 5,8 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung der ostdeutschen Flächenländer geht direkt auf sozialversicherungspflichtig Beschäftige mit ausländischer Staatsangehörigkeit zurück. Berücksichtigt man auch die Verflechtungen innerhalb der Wirtschaft, sind es sogar 6,9 Prozent.

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Ausländische Beschäftigte tragen zur Wertschöpfung in Ostdeutschland 24,6 Milliarden Euro bei
Wido Geis-Thöne / Benita Zink IW-Kurzbericht Nr. 61 25. August 2024

Ausländische Beschäftigte tragen zur Wertschöpfung in Ostdeutschland 24,6 Milliarden Euro bei

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Rund 5,8 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung der ostdeutschen Flächenländer geht direkt auf sozialversicherungspflichtig Beschäftige mit ausländischer Staatsangehörigkeit zurück. Berücksichtigt man auch die Verflechtungen innerhalb der Wirtschaft, sind es sogar 6,9 Prozent.

In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist der demografische Wandel am Arbeitsmarkt bereits sehr viel stärker spürbar als im Rest der Republik. So waren in den fünf Ländern zusammen im Dezember 2023 rund 116.000 weniger Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt als noch im Dezember 2018. Hingegen war in diesem Zeitraum bundesweit noch ein Anstieg um 200.000 Personen zu verzeichnen (Bundesagentur für Arbeit, 2019; 2024; eigene Berechnungen). 

Ursächlich hierfür ist das Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Ein zentraler Punkt ist, dass nach der Wiedervereinigung über längere Zeit in größerem Maß vorwiegend jüngere Arbeitskräfte aus den ostdeutschen Flächenländern abgewandert sind, da die Transformation der Wirtschaft zu starken Verwerfungen an den Arbeitsmärkten geführt hatte. Gleichzeitig kam es dort in den 1990er-Jahren zu einem starken Einbruch der Geburtenzahlen (Statistisches Bundesamt, 2024a), der zur Folge hat, dass heute nur sehr wenige junge Menschen in den Arbeitsmarkt nachrücken. In der ehemals geteilte Stadt Berlin ist dies anders. Daher wird sie im Folgenden auch nicht in die Betrachtung miteinbezogen, obschon ihr Arbeitsmarkt mit den ostdeutschen Flächenländern eng verflochten ist.

Zuwanderung kann eine derartige demografische Lücke am Arbeitsmarkt schließen. Allerdings konnte sich in Ostdeutschland in der sozialistischen Phase nicht in gleichem Maß eine Einwanderungsgesellschaft etablieren wie im Westen und nach der Wiedervereinigung wurde eine stärkere Zuwanderung durch die ungünstige Lage am Arbeitsmarkt zunächst auch weiterhin verhindert. Inzwischen hat sich das geändert und Arbeitskräfte aus dem Ausland erreichen verstärkt auch die ostdeutschen Flächenländer. So hat sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ohne deutsche Staatsangehörigkeit zwischen Dezember 2018 und Dezember 2023 mit einem Anstieg um rund 173.000 von 230.000 auf 403.000 nahezu verdoppelt. Damit wurde der Rückgang bei den Inländern mehr als ausgeglichen und es ergab sich insgesamt ein Beschäftigungswachstum um 56.000 Personen. Nur in Thüringen war die Gesamtbeschäftigung trotzdem rückläufig.
 

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Von allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den ostdeutschen Flächenländern hatten im Dezember 2023 rund 8,6 Prozent eine ausländische Staatsangehörigkeit. Dies ist zwar nur etwas mehr als die Hälfte des bundesweiten Schnitts von 15,5 Prozent, aber nahezu das Doppelte des entsprechenden Werts von Dezember 2018 von 4,9 Prozent. Besonders hoch war der Anteil dabei in Brandenburg mit 11,2 Prozent und eher niedrig in Mecklenburg-Vorpommern mit 6,6 Prozent und in Sachsen-Anhalt mit 7,4 Prozent. Sachsen kommt auf 8,2 Prozent und Thüringen auf 8,9 Prozent. Ein etwas anderes Bild ergibt sich für die Veränderungen gegenüber Dezember 2018. Diese liegen bei 4,7 Prozentpunkten in Brandenburg, 2,6 Prozentpunkten in Mecklenburg-Vorpommern, 3,4 Prozentpunkten in Sachsen-Anhalt, 3,4 Prozentpunkten in Sachsen und 3,8 Prozentpunkten in Thüringen (Bundesagentur für Arbeit, 2019; 2024; eigene Berechnungen).

Betrachtet man die Staatsangehörigkeiten der in den ostdeutschen Flächenländern hinzugekommenen ausländischen Beschäftigten, zeigt sich, dass der Anstieg auf verschiedene Migrationskontexte zurückgeht. Besonders bedeutsam ist mit einem Anteil von 24,0 Prozent das Nachbarland Polen, wobei es sich zu großen Teilen um sehr kleinräumige Wanderungsbewegungen im grenznahen Bereich handeln dürfte. Auf das zweite Nachbarland Tschechien entfallen 3,2 Prozent und auf die übrigen EU-Länder zusammen 16,0 Prozent, wobei Rumänien eine herausgehobene Bedeutung zukommt. Insgesamt ergibt sich so für die anderen EU-Länder ein Anteil von 43,2 Prozent (Bundesagentur für Arbeit, 2019; 2024; eigene Berechnungen).

Ein zweiter Schwerpunkt liegt bei den Fluchtkontexten. So gehen 10,1 Prozent des Anstiegs der ausländischen Beschäftigten auf ukrainische Staatsangehörige und 15,7 Prozent Staatsangehörige der acht bedeutendsten außereuropäischen Asylherkunftsländer zurück. Darüber hinaus spielt auch Indien, von wo in den letzten Jahren vorwiegend hochqualifizierte Fachkräfte zuziehen, mit 4,5 Prozent eine besondere Rolle. Ebenfalls gilt das mit 3,1 Prozent für Vietnam, von wo auch bereits in der sozialistischen Phase Personen nach Ostdeutschland zugezogen sind. Auf die bislang nicht genannten asiatischen Länder entfallen zusammen 6,4 Prozent, auf den verbleibenden Teil von Europa 9,1 Prozent und 7,8 Prozent auf den Rest der Welt (Bundesagentur für Arbeit, 2019, 2024; eigene Berechnungen).

Möchte man ermitteln, welchen Beitrag die ausländischen Beschäftigten zur Wirtschaftsleistung in den ostdeutschen Flächenländern leisten, muss man eine Annahme zu ihrer Produktivität treffen. Hier wird davon ausgegangen, dass diese dem durchschnittlichen Niveau aller Erwerbstätigen in den jeweiligen Branchen entspricht. Unter dieser Annahme ergibt sich ein Gesamtbeitrag der ausländischen Beschäftigten zur Bruttowertschöpfung in Höhe von 24,65 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Anteil von 5,8 Prozent an der gesamten Bruttowertschöpfung in den ostdeutschen Flächenländern. Dass dies weniger als ihr Anteil an der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ist, geht darauf zurück, dass nicht nur sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Beitrag zur Wertschöpfung leisten. Würde man hier die selbstständigen und geringfügig beschäftigten ausländischen Staatsangehörigen mit in den Blick nehmen, wären der Gesamtbetrag und der Anteil höher. 

Läge die ausländische Beschäftigung noch auf dem Niveau von Dezember 2018, wären es nur 13,97 Milliarden Euro. 10,69 Milliarden Euro sind also dem Anstieg der Beschäftigung von nicht-deutschen Staatsangehörigen zwischen den Jahren 2018 und 2023 zuzurechnen und dürften damit in engem Zusammenhang mit der erst in den letzten Jahren in die ostdeutschen Flächenländer erfolgten Zuwanderung stehen. Dies entspricht 2,5 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung. Differenziert man nach Branchen, liegt der direkte Wertschöpfungsbeitrag der ausländischen Beschäftigten im Baugewerbe mit 2,10 Milliarden Euro am höchsten, gefolgt von der Lagerei und den sonstigen Verkehrsdienstleistungen mit 1,77 Milliarden Euro und der Arbeitnehmerüberlassung mit 1,53 Milliarden Euro (Bundesagentur für Arbeit, 2019; 2024; Statistisches Bundesamt, 2024b; eigene Berechnungen). 

Zu diesen Werten ist anzumerken, dass die Produktionsprozesse der Branchen miteinander verknüpft sind und bei einem Wegfall der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit ausländischen Staatsangehörigkeiten durch indirekte und induzierte Zweit- und Drittrundeneffekte auch andere Wirtschaftsbereiche betroffen wären. Mithilfe einer von der IW Consult entwickelten, regionalisierten Input-Output-Tabelle für die ostdeutschen Flächenländer (zur Methodik siehe Bolwin et al., 2024), können diese Effekte berechnet werden. Für die ausländischen Beschäftigten in den ostdeutschen Flächenländern kommt man so sogar auf einen Wertschöpfungsbeitrag von 29,64 Milliarden Euro, von denen 12,75 Milliarden den seit Dezember 2018 hinzugekommenen Personen zuzurechnen sind. Dies entspricht Anteilen von 6,9 Prozent und 3,0 Prozent (Bundesagentur für Arbeit, 2019; 2024; Eurostat, 2024; Statistisches Bundesamt, 2024b; eigene Berechnungen). Dabei wurden zur Vermeidung von Dopplungen bei den indirekten Effekten ausschließlich Beiträge der Vorleistungsindustrien berücksichtigt, die nicht schon im direkten Effekt erfasst sind.

Ob vorwiegend aus der EU zuwandernde Arbeitskräfte den vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung an sich zu erwartenden Einbruch der Beschäftigung in den ostdeutschen Flächenländern weiterhin verhindern können, erscheint aufgrund der demografischen Lage in Polen und weiteren EU-Ländern fraglich. Vielmehr müssen perspektivisch verstärkt Fachkräfte aus demografiestarken Drittstaaten gewonnen werden.

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