Die Corona-Krise verschafft dem mobilen Arbeiten eine wachsende Akzeptanz. Neben der technischen Seite stellt diese Arbeitsform auch Herausforderungen für das Steuerrecht dar. Bislang hält sich der Gesetzgeber mit Änderungen allerdings zurück – dabei wäre eine Anpassung leicht umsetzbar und würde kaum zu Steuerausfällen führen.
Neue Steuerregeln braucht das Homeoffice
IW-Kurzbericht
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Die Corona-Krise verschafft dem mobilen Arbeiten eine wachsende Akzeptanz. Neben der technischen Seite stellt diese Arbeitsform auch Herausforderungen für das Steuerrecht dar. Bislang hält sich der Gesetzgeber mit Änderungen allerdings zurück – dabei wäre eine Anpassung leicht umsetzbar und würde kaum zu Steuerausfällen führen.
Während des Lockdowns wurde das Homeoffice zum alltäglichen Arbeitsplatz. Noch ist nicht klar, wie stark das Homeoffice zukünftig genutzt werden wird, wenn die Corona-Krise überwunden sein sollte. Es ist aber abzusehen, dass es eine wichtigere Rolle spielen wird, als es vor der Krise der Fall war (Klös/Schäfer, 2020, 22).
Diese gesellschaftliche Veränderung sollte sich auch im Steuerrecht widerspiegeln, doch bisher wartet die Politik ab. Zwar gibt es eine Initiative seitens der Bundesländer Bayern und Hessen (Hessisches Ministerium der Finanzen, 2020), doch mehrheitsfähig scheint diese nicht zu sein. Im Finanzausschuss des Bundesrates konnte sich die Mehrheit lediglich dazu entschließen, den Bundestag zu bitten, eine Berücksichtigung von Aufwendungen im Homeoffice in der Zukunft zu prüfen (Finanzausschuss des Bundesrates, 2020, 30). Der konkrete Vorschlag einer Homeoffice-Pauschale findet sich in den Ausschussempfehlungen nicht.
Dabei geht es nicht um eine Steuervergünstigung oder einen Bonus für Heimarbeiter. Vielmehr sollte der Grundsatz, dass Arbeitnehmer berufsbezogene Aufwendungen steuerlich geltend machen können, auch die Heimarbeit einschließen. Der Verweis auf die mögliche Absetzbarkeit eines häuslichen Arbeitszimmers geht allerdings an der Realität vorbei. Erstens ist es gerade in Großstädten oft illusorisch, dass ein Zimmer so gut wie ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird – zu teuer und knapp ist der Wohnraum. Zweitens haben die allermeisten der neuen oder stärkeren Homeoffice-Nutzer grundsätzlich auch einen Arbeitsplatz in der Firma – doch nur wer keinen hat, kann bis zu 1.250 Euro pro Jahr für das häusliche Arbeitszimmer absetzen. Während des Lockdowns war dies vermutlich oftmals der Fall, mittlerweile arbeiten viele jedoch eher aus freien Stücken im Homeoffice. Das starre Steuerrecht sorgt dafür, dass das fallweise Arbeiten von Zuhause in der Steuererklärung unberücksichtigt bleibt, obwohl Arbeitnehmern Kosten entstehen, die sie selbst tragen müssen.
Dabei fallen beim Arbeiten von Zuhause, egal ob im separaten Arbeitszimmer oder am Küchentisch, auch berufsbezogene Kosten an. Dazu zählen unter anderem Strom-, Wasser- und Heizkosten sowie die Abnutzung privater Möbel. Analog zur Entfernungspauschale bietet sich zur Vermeidung von Bürokratie auch für die Büroarbeit daheim eine Pauschale an. Die Bundesländer Bayern und Hessen haben einen Pauschalbetrag von 5 Euro pro Tag Homeoffice vorgeschlagen, maximal 600 Euro im Jahr (Hessisches Ministerium der Finanzen, 2020). Auswirkungen hätte dies für einen Arbeitnehmer aber nur, wenn die Werbungskosten insgesamt – also auch inklusive der Entfernungspauschale – den Pauschbetrag von 1.000 Euro überschreiten. Dies wäre vor allem aufgrund kurzer Arbeitswege – mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer pendelt weniger als zehn Kilometer zum Arbeitsplatz (Bauer-Hailer, 2019, 11) – bei vielen Arbeitnehmern gar nicht der Fall. Hinzu kommt, dass das Arbeiten von Zuhause längst nicht in allen Berufen möglich ist.
Wenn rein rechnerisch künftig im Durchschnitt jeder Arbeitnehmer zu 20 Prozent Homeoffice machen sollte, also bei einem Vollzeitjob einen Tag pro Woche, beliefen sich die Mindereinnahmen für den Fiskus auf schätzungsweise 1 Milliarde Euro pro Jahr. Gleichzeitig könnte die Entfernungspauschale weniger genutzt werden. Denn jeder Tag mehr Homeoffice bedeutet einen Tag weniger Pendlerpauschale. Der Steuereffekt der Entfernungspauschale für den Fiskus liegt derzeit bei rund 4 Milliarden Euro pro Jahr (Laaser und Rosenschon, 2019, 20). 20 Prozent Homeoffice würden den Steuereffekt der Entfernungspauschale um schätzungsweise 1 Milliarde Euro reduzieren. Im Saldo würde eine Homeoffice-Pauschale von 5 Euro folglich für den Fiskus nicht zu wesentlichen Einbußen bei den Steuereinnahmen führen.
Während der Steuereffekt für den Staat vernachlässigbar ist, gibt es auf Ebene der Arbeitnehmer jedoch spürbare Unterschiede. Ob sich ein Arbeitnehmer mit einer Homeoffice-Pauschale von 5 Euro steuerlich besser oder schlechter stellt als mit der Entfernungspauschale, hängt von der Pendelstrecke ab. Wer lange Arbeitswege hat, zahlt mehr Steuern, da die Homeoffice-Pauschale von 5 Euro den Wegfall der Entfernungspauschale nur teilweise kompensiert (Grafik). Aber: Im Sinne der Steuergerechtigkeit ist das grundsätzlich folgerichtig, da für diese Tage auch keine Aufwendungen für den Arbeitsweg anfallen.
Tobias Hentze: Neue Steuerregeln braucht das Homeoffice
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