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Thomas Puls / Jan Wendt IW-Kurzbericht Nr. 104 29. Dezember 2022 Im Westen günstiger – Dieselpreise im November 2022

Die Preisentwicklung für Diesel zeigte im Jahr 2022 starke regionale Unterschiede. Am besten kommen zum Jahresende die Autofahrer im Westen und Südwesten davon. Hier kam es zu den geringsten Preissteigerungen zum Vorjahr und auch der Zapfsäulenpreis war hier deutlich niedriger als im Rest der Republik.

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Im Westen günstiger – Dieselpreise im November 2022
Thomas Puls / Jan Wendt IW-Kurzbericht Nr. 104 29. Dezember 2022

Im Westen günstiger – Dieselpreise im November 2022

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Preisentwicklung für Diesel zeigte im Jahr 2022 starke regionale Unterschiede. Am besten kommen zum Jahresende die Autofahrer im Westen und Südwesten davon. Hier kam es zu den geringsten Preissteigerungen zum Vorjahr und auch der Zapfsäulenpreis war hier deutlich niedriger als im Rest der Republik.

Das Jahr 2022 wird vielen Autofahrern für seine teuren Kraftstoffe in Erinnerung bleiben. Bereits gegen Ende des Jahres 2021 lagen die Preise für Diesel und Super E5 auf Niveaus, wie man sie seit gut acht Jahren nicht mehr gesehen hatte. Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine wurden dann in ganz Europa schlagartig die etablierten Lieferbeziehungen für Rohöl und Kraftstoffe zur Disposition gestellt. Staaten und Unternehmen in Europa versuchten den Import aus Russland zu senken und alternative Lieferanten zu finden. Das hatte gleich mehrere Effekte, die weltweit spürbar waren.

Rohölpreis in Dollar wieder auf Vorjahresniveau

Die Preise für Rohöl stiegen kurz nach dem russischen Überfall auf bis zu 130 Dollar pro Fass (159 Liter) an. Solche Preise gab es zuvor nur kurz vor der Finanzkrise des Jahres 2008. Damals war der Wechselkurs des Euros aber sehr viel günstiger, so dass die Importpreise in Euro deutlich günstiger waren als im Jahr 2022. Inzwischen haben die weltweiten Rezessionserwartungen dafür gesorgt, dass die Preise für Rohöl mit 76 Dollar quasi wieder auf Vorjahresniveau liegen. Eine Ausnahme stellt russisches Öl dar. Russland muss einen Rabatt von derzeit etwa 27 Dollar gewähren, um sein Urals-Öl an neue Kunden verkaufen zu können.

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Deutlich gestiegene Transportkosten

Russland war gerade auch wegen geringer Transportkosten ein großer Rohöllieferant für Europa. Die russischen Ölfelder lagen räumlich nahe und waren mit zudem seit der Sowjetzeit mit Pipelines an alle Raffinerien des ehemaligen Warschauer Pakts angeschlossen. Die Abkehr von diesen Lieferwegen führte weltweit zu einer Erhöhung der Nachfrage nach Öltankern, weshalb sich die Charterraten seit Kriegsbeginn etwa verdreifacht haben. Auch die Verteuerung der Öltransporte macht sich daher an den Zapfsäulen bemerkbar (Puls, 2022b).

Sonderfall Diesel

Im Vergleich zum Vorjahr ist Diesel zu Beginn der 50sten Kalenderwoche 2022 etwa 16,5 Prozent teurer geworden. Beim Super E5 sind es gut vier Prozent und tatsächlich ist Super heute günstiger als bei Kriegsbeginn Ende Februar. Dieser deutliche Unterschied zwischen den beiden Kraftstoffen erklärt sich dadurch, dass Europas Raffinerien zwar die Nachfrage nach Super decken können, aber nicht die nach Diesel. Diese Lücke wurde insbesondere durch Importe aus Russland ausgeglichen (Puls, 2022a). Es gibt wenige Länder, welche überschüssige Raffineriekapazitäten haben und die Zahl, der zum Transport von Diesel geeigneten Tanker ist begrenzt.

Daher führte die Suche Europas nach alternativen Lieferanten für Diesel zu einer globalen Dieselknappheit. Diese sorgte für hohe Börsenpreise. Die Preise für Diesel an den Weltbörsen liegen noch gut 24 Prozent über dem Vorjahreswert, während Benzin etwa 3,5 Prozent billiger ist als im Dezember 2021.

Regionale Preisunterschiede

Neben diesen globalen Faktoren werden die deutschen Zapfsäulenpreise auch von regionalen Besonderheiten geprägt. Betrachtet man die Preise für Diesel zum Vorjahr nach Kreisen differenziert, so zeigen sich signifikante Unterschiede. Im November 2022 tankten Dieselfahrer am günstigsten im südlichen Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz - mit Ausnahme von Trier - und im Saarland. Die höchsten Zapfsäulenpreise fand man im südlichen Bayern und im Südwesten der Neuen Bundesländer. Entlang der Grenze zu Österreich lagen die Preise im November 2022 sogar durchschnittlich über zwei Euro. Auch im Norden der Republik war der Diesel spürbar teurer als im Westen, wobei es im Nord-Osten günstiger war als im Nord-Westen.

Betrachtet man statt der Zapfsäulenpreise den Preisanstieg zwischen November 2021 und November 2022 zeigt sich, dass die Preisanstiege entlang des Rheins eigentlich durchgehend unter 40 Cent pro Liter liegen. Im Norden, Osten und dem größten Teil Bayerns waren es fast durchgehen über 40 Cent pro Liter. In den Gebieten mit den aktuell höchsten Preisen kam es auch zu den größten Preissteigerungen, die in manchen Kreisen fast die Marke von 50 Cent erreichten. Im Norden ergibt sich ein gemischteres Bild. Zwar war die Preissteigerung mit durchgehend über 40 Cent ebenfalls recht hoch, das Ausgangsniveau im November 2021 war aber geringer.

Die Historie erklärt die regionalen Unterschiede   

In Deutschland gibt es derzeit 13 Raffinerien mit einer Gesamtverarbeitungskapazität von gut 102 Millionen Tonnen Rohöl. Die Raffineriekapazität liegt etwa 10 Prozent unter des Jahres 2000 und fast 60 Prozent unter dem historischen Höchststand aus dem Jahr 1979. Die größten Raffineriestandorte sind Karlsruhe, Köln, Gelsenkirchen, Leuna und Schwedt. Die Raffineriestandorte im Norden sind deutlich kleiner.

Betrachtet man die Verteilung der Raffinerien fällt eine Besonderheit auf, welche noch aus der Zeit des kalten Krieges stammt. Genau betrachtet gibt es in Deutschland mehrere separate Versorgungssysteme für Kraftstoffe. Die Raffinerien im Westen werden seit jeher über den Hafen in Rotterdam mit Öl versorgt, an den sie per Pipeline angeschlossen sind. Es gibt auch eine Pipeline zu den Raffinerien im Norden, die zudem über Terminals in den deutschen Nordseehäfen mit Öl beliefert werden. Die Raffinerie in Karlsruhe und die bayerischen Standorte werden hingegen über den Adriahafen Triest per Pipeline versorgt. Eine Verbindung zum Nord-West-Deutschen System existiert nicht. Die beiden ostdeutschen Raffinerien hingegen wurden bislang fast ausschließlich über die Druschba-Pipeline aus Russland versorgt. Dieses aus der Zeit des Warschauer Pakts stammende System hat keine Verbindung in den Westen.

Diese Systeme waren unterschiedlich stark von den Veränderungen betroffen. Am härtesten hat es bislang die Raffinerie im sächsischen Leuna getroffen. Diese begann mit Kriegsbeginn sich von russischem Pipelineöl zu lösen und Rohöl über Danzig zu importieren. Dies führte dieses Jahr zu erheblichen Kostensteigerungen. Nicht nur mussten neue Lieferanten gefunden werden, sondern auch der günstige Pipelinetransport durch Tanker substituiert werden. Daraus erklärt sich die hohe Preissteigerung im Versorgungsgebiet der Leuna-Raffinerie. Die Raffinerie in Schwedt hat bedingt durch ihren Eigentümer (Rosneft) viel später mit der Abkehr von russischem Öl begonnen, weshalb hier noch weiteres Preissteigerungspotenzial zu vermuten ist.

Die Raffinerien im Norden nutzen vor allem Nordseeöl, aber aufgrund der räumlichen Nähe zu den Ölterminals bei St. Petersburg wurde hier auch russischen Öls verarbeitet. Hier entfällt der Wechsel von der Pipeline zum Tanker. Allerdings sind die Transportwege per Tanker tendenziell länger geworden. Ähnlich sieht es bei den Raffinerien des südlichen Systems aus. Auch hier spielte russisches Öl eine eher untergeordnete Rolle und die Lieferkette beinhaltete schon immer Tankertransporte. Dass die Preise in Bayern in diesem Jahr besonders hoch waren und immer noch sind, während sie im Versorgungsgebiet der Raffinerie Karlsruhe relativ niedrig waren, kann daran liegen, dass im Sommer die einzige österreichische Raffinerie monatelang ausgefallen war und Österreich Diesel aus Bayern importierte. Dieser Effekt war im Oktober noch stark ausgeprägt.

Für die Raffinerien im Westen hat sich hingegen durch den russischen Angriffskrieg am wenigsten verändert, was sich auch in der geringsten Preissteigerung zum Vorjahr niederschlägt. Ein Sondereffekt, der hier im Jahresverlauf wirksam wurde, war das Niedrigwasser des Rheins. Dieser hatte zwar keinen Einfluss auf die Rohölversorgung, aber der Abtransport des Kraftstoffs erfolgt zu erheblichen Teilen per Binnenschiff und dieser Teil der Versorgungskette wurde erheblich gestört.

Somit ist die Preissteigerung an den deutschen Zapfsäulen das Resultat einer globalen Angebotsverknappung in Kombination mit regionalen Besonderheiten war. Je stärker Russland in die regionale Versorgung eingebunden war, desto größer der Effekt an der Tankstelle.

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