Bildung zu Wirtschafts- und Finanzthemen wird immer wichtiger, ist aber in kaum einem Lehrplan verankert. Viele Schülerinnen und Schüler schätzen ihr Wissen darüber nur als „befriedigend“ ein. Junge Frauen stufen sich deutlich schlechter ein als ihre gleichaltrigen Mitschüler. Positiv ist, dass sich die meisten Befragten gut über die Berufsorientierung informiert fühlen.
Ökonomische Bildung: Viele Schülerinnen und Schüler geben sich selbst nur die Note 3
IW-Kurzbericht
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Bildung zu Wirtschafts- und Finanzthemen wird immer wichtiger, ist aber in kaum einem Lehrplan verankert. Viele Schülerinnen und Schüler schätzen ihr Wissen darüber nur als „befriedigend“ ein. Junge Frauen stufen sich deutlich schlechter ein als ihre gleichaltrigen Mitschüler. Positiv ist, dass sich die meisten Befragten gut über die Berufsorientierung informiert fühlen.
Zu einem umfassenden Verständnis von Aufbau und Funktionsweise unserer Gesellschaft gehört neben der politischen Bildung auch das Wissen um wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge. Grundständiges Wissen zu diesen Aspekten wird in den verschiedenen Bundesländern in Schulfächern wie „Sozialkunde“, „Sozialwissenschaften“ oder „Politik / Wirtschaft“ vermittelt. Mit Erfolg? – In einer Befragung der IW JUNIOR schätzen die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler ihr Wissen über den Themenbereich Wirtschaft, Unternehmertum, Arbeitsmarkt und Finanzen durchschnittlich mit der Note befriedigend ein. Lediglich in Sachen Berufsorientierung geben sie mehrheitlich an, gute Kenntnisse zu haben.
Die bundesweite Befragung der IW JUNIOR richtete sich an alle Teilnehmenden in einem der drei JUNIOR-Programme für die unterschiedlichen Jahrgangsstufen. Die JUNIOR-Programme bieten neben dem Schulunterricht die Möglichkeit, in Projekten von zumeist einem Schuljahr Kenntnisse über die Wirtschaft zu erlangen. Da die Befragung im ersten Drittel des Projektzeitraums stattfand, sind keine Rückschlüsse auf die didaktische Wirksamkeit der JUNIOR-Programme möglich. Die etwa 1.100 Teilnehmenden im Alter von 13 bis 29 Jahren besuchen vornehmlich Gymnasien (74 Prozent), Berufsbildende Schulen (14 Prozent) oder Gesamtschulen (8 Prozent). Obwohl die Befragung nicht repräsentativ ist, kann sie wertvolle Einblicke zur ökonomischen Bildung geben.
Die Schülerinnen und Schüler schätzen ihr Wissen über die Wirtschaft allgemein, Unternehmertum, Arbeitsmarkt und Finanzen durchschnittlich nur mit befriedigend ein. Deutlich zu erkennen ist ein signifikanter Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Befragten. Die jungen Frauen schätzen sich bei allen vier Bereichen schlechter ein als ihre gleichaltrigen männlichen Mitschüler. Besonders deutlich zeigt sich dies an den Einschätzungen zum allgemeinen Wirtschaftswissen sowie zu Finanzen: Für ihr Wissen über die Wirtschaft allgemein geben sich Schüler eine 2,4, Schülerinnen hingegen eine 2,8. Und während Schüler ihr Wissen über Finanzen mit 2,6 einschätzen, bewerten Schülerinnen ihre Kenntnisse lediglich mit 3,0.
Der Geschlechterunterschied lässt sich anhand von Studien zum akademischen Selbstkonzept, welches die Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten bezeichnet, sowie von Studien zu Priming-Effekten begründen. Studien haben gezeigt, dass Schülerinnen trotz guter mathematischer Fähigkeiten zu einer schlechteren Selbsteinschätzung kommen, je geringer die Geschlechterdiversität in den MINT-Fächern ist (Niepel et al., 2019). Andere Studien zeigen, dass das negativere akademische Selbstkonzept sogar auf die erbrachten Leistungen zurückwirken kann, wenn Personen kurz vor Leistungserbringung auf Stereotypen, wie beispielsweise geschlechterbezogene Vorurteile, hingewiesen werden (Shih et al., 1999; Gibson et al., 2014). Das mathematische Selbstkonzept steht auch mit dem stark mathematisch geprägten Bereich der ökonomischen Bildung in Zusammenhang (Marsh/Shavelson, 1985), was sich auch in den präsentierten Befragungsergebnissen niederschlagen dürfte.
Einen großen Einfluss auf das berichtete Wissen der Schülerinnen und Schüler in allen Bereichen hat auch die Bildung der Eltern. Je höher der Abschluss der Mutter ist, desto besser schätzen die jungen Menschen ihr Wissen ein. Der Abschluss des Vaters wurde in der Befragung nicht erhoben.
Ein Bereich, bei dem die befragten Jugendlichen etwas selbstsicherer sind, ist die Berufsorientierung. Hier schätzen sie sich selbst durchschnittlich mit der Note 2,5 ein. Dieser gute Wert in der Selbsteinschätzung spiegelt einerseits wider, dass viele Schülerinnen und Schüler zumindest eine Idee davon haben, welchen Beruf sie später einmal ergreifen möchten. Hierzu kann auch die in den letzten Jahren erfolgte Fokussierung der Schulen auf die berufliche Orientierung dazu beigetragen haben. So sind schulbegleitende Praktika in allen Schulformen zum Ende der Schullaufbahn integriert. Zudem finden in zahlreichen Kooperationen aus Betrieben und Schulen Bewerbungstrainings statt.
Damit die Schülerinnen und Schüler ihr Wissen in den Bereichen Wirtschaft und Finanzen ausbauen und an Selbstsicherheit in diesem Bereich gewinnen können, ist es wichtig, dass sie Vorbilder haben. Dies können beispielsweise die Eltern sein. Gerade für junge Frauen sind weibliche Vorbilder in den eher männlich geprägten Bereichen Wirtschaft und Finanzen wichtig. Die Förderung von Frauen ist somit weiterhin essenziell, um auch Schülerinnen für wirtschaftliche Themen zu begeistern. Eine Befragung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) zeigt, dass die jungen Menschen sich neben Schule und dem Elternhaus vor allem im Internet informieren (DIA, 2019). Auf Social-Media-Kanälen vermitteln viele sogenannte Influencer, wie wichtig Wissen über Finanzen ist. Gibt es genügend Expertinnen im privaten, aber auch im medialen Umfeld, kann auch ein Denken außerhalb der Rollenklischees stattfinden und die Frauen schätzen sich besser ein.
Ein zweiter Lösungsansatz für den verstärkten Aufbau ökonomischer Kompetenzen ist die Bildung durch eigenständiges Arbeiten an konkreten Projekten im Unterricht, aber auch im AG-Bereich. Es existieren einige Projekte und Wettbewerbe, wie etwa Schulbanker, Jugend gründet und das Young Economic Summit. Auch die IW JUNIOR setzt bereits seit Jahren mit ihren Angeboten an dieser Stelle an. Bei JUNIOR gründen Schülerinnen und Schüler ihre eigene Schülerfirma. Sie lernen in der Praxis die Realität von Unternehmerinnen und Unternehmern kennen. Dadurch entdecken sie nicht nur neue Stärken und Interessen an sich, sondern eignen sich auch Fähigkeiten für ihr späteres Berufsleben an. Denn sie lernen, im Team zu arbeiten, sich zu organisieren, ihre Idee zu präsentieren, ein Produkt zu entwickeln und auch zu verkaufen. Und nebenbei verbessern sie ihre Wirtschaftskenntnisse, weshalb neben dem Bundeswirtschaftsministerium auch viele Wirtschaftsunternehmen die Angebote der gemeinnützigen IW JUNIOR unterstützen.
Paula Risius / Valeska Martin / Felix Hettig: Ökonomische Bildung – Viele Schülerinnen und Schüler geben sich selbst nur die Note 3
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