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Oliver Stettes / Michael Voigtländer IW-Kurzbericht Nr. 6 5. Februar 2021 Büroflächenabbau bleibt die Ausnahme

Der Büroimmobilienmarkt ist bislang gut durch die Krise gekommen, ein Einbruch wie in vergangenen Wirtschaftskrisen blieb aus. Neue Ergebnisse des IW-Personalpanels zeigen, dass es trotz zunehmender Verbreitung des mobilen Arbeitens auch in diesem Jahr keinen Nachfrageeinbruch bei Büros geben wird.

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Büroflächenabbau bleibt die Ausnahme
Oliver Stettes / Michael Voigtländer IW-Kurzbericht Nr. 6 5. Februar 2021

Büroflächenabbau bleibt die Ausnahme

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Der Büroimmobilienmarkt ist bislang gut durch die Krise gekommen, ein Einbruch wie in vergangenen Wirtschaftskrisen blieb aus. Neue Ergebnisse des IW-Personalpanels zeigen, dass es trotz zunehmender Verbreitung des mobilen Arbeitens auch in diesem Jahr keinen Nachfrageeinbruch bei Büros geben wird.

Angesichts der Schärfe des wirtschaftlichen Einbruchs im Jahr 2020 musste auch mit Blick auf den Büromarkt mit kräftigeren Mietrückgängen gerechnet werden. Schließlich erwiesen sich Büromärkte in der Vergangenheit als sehr sensitiv für konjunkturelle Veränderungen. Vor diesem Hintergrund hat das IW mit einem deutlichen Effekt auf die Märkte gerechnet (Voigtländer, 2020). Tatsächlich erweist sich der Büromarkt aber als sehr robust. Zwar sind die Umsätze im Markt insgesamt rückläufig, die Mieten sind aber sogar weiter gestiegen (Oberst/Voigtländer, 2021). Ursächlich für die günstige Entwicklung dürfte sein, dass durch die zahlreichen Konjunkturhilfen (Kurzarbeitergeld, Überbrückungshilfen) die konjunkturellen Effekte auf die Unternehmen abgefedert wurden. Anders als in früheren Wirtschaftskrisen blieb bislang eine Insolvenzwelle aus, die zu einem Einbruch der Nachfrage hätte führen können. Der sonst beobachtbare leichte Nachfragerückgang ging mit einem deutlichen Rückgang der inserierten Flächen einher. Schließlich halten derzeit viele Nutzer größere Flächen, um Abstandsflächen einhalten zu können.

Offen ist noch, wie sich der Markt zukünftig strukturell entwickelt. Vor diesem Hintergrund wurde im vierten Quartal 2020 im Rahmen der 26. Welle des IW-Personalpanels konkret nach den Plänen für die Büronutzung in den nächsten zwölf Monaten gefragt. Insgesamt verdeutlichen die Ergebnisse aber, dass im Jahr 2021 mit keinem Einbruch im Büroimmobilienmarkt gerechnet werden muss, eher mit einer Anpassung des bestehenden Angebots.

Lediglich 6,4 Prozent der Unternehmen planten im vierten Quartal eine Reduzierung ihrer Büroflächen. Angesichts von bisher sehr geringen Leerständen im Büromarkt dürfte dies zu keinen scharfen Korrekturen führen. Allerdings sind stärkere regionale Effekte nicht auszuschließen. Die Befragung zeigt schließlich, dass vorallem große Unternehmen Flächen reduzieren möchten (Abbildung). Darüber hinaus sind es Unternehmen im Segment der wirtschaftsnahen Dienstleistungen, wie Prüfungsgesellschaften, Unternehmensberatungen oder Kanzleien, die in den nächsten zwölf Monaten dies ebenfalls tun möchten. Aufschlussreich ist, dass eine Verringerung der Flächen unabhängig von der Entwicklung der Beschäftigtenzahl ist, das heißt Unternehmen, die Stellen abbauen, weisen keine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit auf, Flächen zu reduzieren. Entsprechend dürfte sich der Büromarkt selbst bei einer Verlängerung der Wirtschaftskrise als robust erweisen. Anders sähe dies wahrscheinlich nur dann aus, wenn die Zahl der Insolvenzen deutlich steigen würde.

Die Hypothese liegt nahe, dass mobiles Arbeiten eine Reduzierung der Büroflächen und damit eine Einsparung an Bürokosten ermöglicht (vgl. Schattenberg, 2020) oder umgekehrt eine Reduzierung der Büroflächen ein Mehr an Homeoffice erfordert. Unternehmen, die in Zukunft mehr Beschäftigte mobil arbeiten lassen wollen, weisen eine signifikant größere geschätzte Wahrscheinlichkeit auf, Büroflächen reduzieren zu wollen, als vergleichbare Betriebe, die nicht noch stärker auf Homeoffice und Co. setzen (12,5 Prozent vs. 4,2 Prozent – Basis: durchschnittliche marginale Effekte). Die geschätzten Wahrscheinlichkeiten bewegen sich aber auf einem eher niedrigen Niveau. Mobile Arbeitsformen undHomeoffice dürften daher in näherer Zukunft zumindest in der Fläche keinen größenmäßig stärkeren Effekt auf die Büroflächennachfrage ausüben. Zudem streben derzeit zwei Drittel der Unternehmen nicht an, nach der Corona-Krise mehr Beschäftigten Homeoffice zu ermöglichen. Auch der IAB-/BAuA-Be-Covid-Erhebung zufolge wollen zwei Drittel der Betriebe nach Corona auf das vorherige Ausmaß der Arbeit von zu Hause zurückkehren (Backhaus et al., 2020, 2).

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Arbeiten im Homeoffice erfolgt im Regelbetrieb vorrangig in einem überschaubaren zeitlichen Ausmaß, häufig nur stundenweise oder für einen Tag in der Woche(z. B. Grunau et al., 2019, 7). Die während der Corona-Pandemie beobachtbare Homeoffice-Nutzung – Daten der IAB-adulHopp-Befragung signalisieren, dass im September 2020 mehr als die Hälfte der Homeoffice-Beschäftigten 20 Stunden und länger am heimischen Arbeitsplatz tätig war (IAB, 2021) – ist vor allem auf Infektionsschutzerwägungen zurückzuführen. Eine Rückkehr in den Regelbetrieb bedeutet, dass Büroflächen für die restliche Arbeitszeit im Betrieb vorgehalten werden müssen.

Der potenzielle Einspareffekt hängt ohnehin von der Synchronität der Anwesenheitszeiten in einem Team und damit von Fragen der effektiven und effizienten Arbeitsorganisation ab (Stettes, 2018). In diesem Zusammenhang ist denkbar, dass Unternehmen etwa durch Schaffung zusätzlicher Kommunikationsflächen dafür sorgen müssen, dass der Austausch der Mitarbeiter auch bei alternativen Arbeitsmodellen möglich ist. Eine Geschäftsführung muss zudem im Auge behalten, dass bei den meisten betroffenen Beschäftigten ein betrieblicher Arbeitsplatz vertraglich festgelegt ist. Eine von ihr gewünschte Verlagerung in ein Homeoffice impliziert die Anwendung der Arbeitsstättenverordnung und damit unter anderem auch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den heimischen Arbeitsplatz den Vorgaben des Arbeitsschutzes entsprechend mit Mobiliar und Gerätschaften auszustatten.

Deutlich häufiger als eine Flächenreduzierung planen die Unternehmen eine andere Flächennutzung. Knapp 17 Prozent wollen Flächen umwidmen, also etwa Gruppenbüros auflösen, zusätzliche Kommunikationsflächen schaffen oder aber die Abstände der Arbeitsplätze erhöhen. Auch hier sind es wieder große Unternehmen (41,4 Prozent) und unternehmensnahe Dienstleister (24,2 Prozent), die bereits konkrete Pläne haben. Insgesamt dürften große Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern im Vergleich zu kleinen Unternehmen mehr Möglichkeiten haben, ihre Flächen anzupassen.

Die Ergebnisse erlauben es nicht, die Effekte auf den Büromarkt zu quantifizieren, doch sie verdeutlichen, dass eher geringe Effekte zu erwarten sind. Mit Blick auf Reduzierungen sollte berücksichtigt werden, dass nur nach den Plänen in den nächsten zwölf Monaten gefragt wurde, viele Unternehmen jedoch länger laufende Mietverträge haben. Allerdings gaben auch 60 Prozent der Unternehmen an, dass sie nach Beschäftigung mit dem Thema keinen Änderungsbedarf sehen, was für die weitere Zukunft keine maßgeblichen Anpassungen erwarten lässt. Zudem können entferntere Reduzierungen des Bedarfs besser über eine Anpassung des Neubaus aufgefangen werden. Nichtsdestotrotz ist aber damit zu rechnen, dass die Büromieten eher langsamer steigen oder aber stagnieren werden, denn die geplanten Anpassungen der Unternehmen werden kaum durch einen kurzfristig zu erwartenden Stellenaufbau ausgeglichen, zumal die Hebung von Digitalisierungspotenzialen zu einem geringeren Stellenbedarf im Büromarkt beitragen kann.

Die relativ hohe Zahl an geplanten Anpassungen im Bestand weist jedoch auf Chancen für innovative Projektentwickler und Eigentümer hin. Passgenaue Lösungen für die „neue“ Arbeitswelt, also intelligente Konzepte für zusätzliche Kommunikationsflächen bei gleichzeitiger Optimierung der Arbeitsplätze bieten auch in einem eher stagnierenden Markt gute Erfolgsaussichten.

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