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Michael Grömling / Thomas Puls IW-Kurzbericht Nr. 51 15. August 2018 Logistik: Kapazitäten verknappen sich

Die deutsche Wirtschaft wächst, aber es mehren sich die Anzeichen, dass sowohl die Verkehrsinfrastruktur als auch die Logistikkapazitäten an ihre Grenzen kommen. Eine breite Unternehmensbefragung zeigt, dass etwa 40 Prozent der Unternehmen am aktuellen Rand Angebotsverknappungen am Logistikmarkt zu spüren bekommen.

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Kapazitäten verknappen sich
Michael Grömling / Thomas Puls IW-Kurzbericht Nr. 51 15. August 2018

Logistik: Kapazitäten verknappen sich

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die deutsche Wirtschaft wächst, aber es mehren sich die Anzeichen, dass sowohl die Verkehrsinfrastruktur als auch die Logistikkapazitäten an ihre Grenzen kommen. Eine breite Unternehmensbefragung zeigt, dass etwa 40 Prozent der Unternehmen am aktuellen Rand Angebotsverknappungen am Logistikmarkt zu spüren bekommen.

 Besonders betroffen sind davon größere Unternehmen, vor allem in der Grundstoff- und Versorgungsgüterindustrie. Damit sich der Logistikmarkt nicht zu einem volkswirtschaftlichen Hemmschuh entwickelt, müssen die Kapazitäten ausgebaut werden. Dabei steht die Branche aber vor diversen Problemen, die vom Fachkräftemangel über fehlende Logistikimmobilien bis zu Fahrverboten und der Mautausweitung reichen.

Ein reibungsloser Transport ermöglicht erst den Aufbau von komplexen Produktionsnetzwerken, die diverse Produktionsstandorte umfassen. Aber auch die Feinverteilung der Güter benötigt ausgefeilte Logistiknetzwerke. Das gilt insbesondere in Zeiten eines zunehmenden Onlinehandels, der immer kleinteiligere Liefermengen zeitgenau an den Kunden liefern soll. Diese Funktionen können nur erfüllt werden, wenn sowohl die notwendige Transportinfrastruktur, als auch ausreichende Kapazitäten am Markt für Logistikleistungen verfügbar sind. Dass die Verkehrsinfrastruktur dabei ist, zu einem Hemmschuh zu werden, wird inzwischen offen diskutiert. In einer breit angelegten Befragung des Instituts der deutschen Wirtschaft gaben mehr als 67 Prozent der antwortenden Unternehmen an, dass sie durch Infrastrukturmängel regelmäßig in ihrer Geschäftstätigkeit gehemmt werden (Grömling/Puls, 2018). In Fachmedien wird auch das Thema fehlender Kapazitäten am deutschen Logistikmarkt vermehrt diskutiert. Aus diesem Grund wurde in der genannten Befragung auch die aktuelle Entwicklung am Logistikmarkt abgefragt. Unter anderem ging es darum, wie sich die Verfügbarkeit von Logistikleistungen am Markt im Laufe des aktuellen Geschäftsjahres verändert hat. Von den 2.704 antwortenden Unternehmen gaben knapp 40 Prozent an, dass sie am aktuellen Rand mit einer Verschlechterung der Angebotssituation konfrontiert sind, während lediglich knapp 3 Prozent eine Verbesserung meldeten. Die hohe Zahl der Antworten – mehr als 96 Prozent der teilnehmenden Unternehmen gingen auf die Sonderfrage zur Logistik ein – zeigt, dass dieses Thema die Firmen in Deutschland stark umtreibt. Die IW-Befragung liefert zudem wichtige Strukturdaten für die Bewertung der Verfügbarkeit von Logistikleistungen in Deutschland (Abb.)

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Hinter dem Befund für alle Unternehmen zeigt sich zum einen ein markanter Trend hinsichtlich der Unternehmensgröße. Diese Einschätzungen beruhen auf ungewichteten Ergebnissen. Sowohl im Gesamtbefund als auch innerhalb der einzelnen Größenklassen gehen alle Unternehmen mit dem gleichen Gewicht ein. Am stärksten eingeschränkt fühlen sich demnach die mittelgroßen und großen Unternehmen. Rund die Hälfte aller Firmen mit mehr als 250 Mitarbeitern gibt derzeit an, dass Logistikleistungen schwerer verfügbar sind. Fast kein Unternehmen aus dieser Gruppe spricht von einer Verbesserung. Das ist ein gravierender Befund. Die Verfügbarkeit wird von den Kleinunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern entspannter bewertet. Immerhin beklagt aber auch hier ein Viertel der Betriebe eine Verschlechterung und nur knapp 3 Prozent nennen eine positive Entwicklung. Die Befragungsergebnisse zeigen deutlich auf, dass die Einschränkungen in der Logistik mit der Unternehmensgröße merklich zunehmen. Das lässt sich aus den höheren Liefervolumina und auch aus dem höheren Grad der standortübergreifenden Arbeitsteilung bei den mittelständischen und den großen Firmen erklären. Das reibungslose Funktionieren von Wertschöpfungs- und Lieferketten erfordert nicht nur eine hohe Qualität und Zuverlässigkeit der Leistungen, sondern in erster Linie überhaupt einen hohen Zugang zu diesen Dienstleistungen.

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Zum anderen steht hinter dem Gesamtbefund eine ausgeprägte Branchendifferenzierung. Diese hängt offensichtlich auch mit der ausdifferenzierten Bewertung nach Unternehmensgrößen zusammen. Bau- und Dienstleistungsfirmen sind oftmals kleiner im Vergleich zur Industrie. Eine Verschlechterung der Verfügbarkeit von Logistikleistungen wird von rund der Hälfte der Unternehmen der Konsumgüterbranche und der Grundstoffindustrie diagnostiziert. Bei den Verbrauchsgütern, zu denen etwa die Lebensmittelerzeugung zählt, sind oftmals flächendeckende und weiträumige Logistikleistungen erforderlich. Hierbei ist dem Problem der Feinverteilung der Güter große Beachtung zu schenken, denn die Belieferung von Märkten und Kunden findet nicht nur zumeist mit zunehmend kleinteiliger werdenden Lieferungen im städtischen Raum statt, sondern erfordert gegebenenfalls auch spezialisierte Transportmittel wie Kühllaster. Wie auch im Dienstleistungsbereich kommen hier zusätzliche Anforderungen durch den schnell wachsenden E-Commerce, der die Transportleistung steigen lässt und die Auslastung der eingesetzten Fahrzeuge erschwert. Bei den Grundstoff- und Vorleistungsproduzenten, zu denen etwa die Chemieindustrie zählt, werden ebenfalls große Transportvolumina bewegt. Hierbei handelt es sich aber zumeist um große Einzellieferungen, so dass das Anforderungsprofil der Branche stark von dem der Versorgungsgüterindustrie abweicht. Hier spricht einiges dafür, dass auch Probleme wie die Verfügbarkeit von Slots für Ganzzüge oder ausfallende Schleusen im Schiffsverkehr zu der Einschätzung geführt haben. Das im Vergleich mit dem Gesamtdurchschnitt niedrigere Beschwerdeniveau der Bauwirtschaft erklärt sich auch daraus, dass hier die Firmen selbst in höherem Ausmaß ihre Logistikleistungen erbringen und eher in einem regional überschaubaren Raum agiert wird.

Die in der Umfrage zu beobachtende Verknappung von Logistikleistungen hat sich über einen längeren Zeitraum aufgebaut (DVZ, 2018). Dabei kommen verschiedene Faktoren zusammen, von denen einige die effiziente Nutzbarkeit der vorhandenen Kapazitäten einschränken, während andere den dringend nötigen Aufbau zusätzlicher Kapazitäten effektiv behindern. In die erste Kategorie fällt beispielsweise die infrastrukturbedingte steigende Stauhäufigkeit. Da die Lieferketten mit größeren Pufferzeiten geplant werden müssen, sind die bestehenden Kapazitäten mit einem Auftrag länger ausgelastet als es früher der Fall war. Gravierender dürften aber die Hindernisse für einen nachfragegerechten Kapazitätsausbau sein. Hier gibt es viele potenzielle Hemmnisse. Das wohl gravierendste Problem besteht darin, dass in der Logistikbranche ein breiter Fachkräftemangel zu konstatieren ist, der weit über das viel diskutierte Thema des Fahrermangels hinausgeht (Puls, 2018). Zudem gibt es immer wieder politische Widerstände gegen die Ansiedlung von Logistikunternehmen, da Verkehrslasten für die lokale Bevölkerung befürchtet werden. Wenig hilfreich für einen Kapazitätsaufbau ist auch, dass gerade jetzt die Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ausgedehnt wird, was zunächst einmal finanzielle Lasten für die Transporteure bedeutet und damit Investitionsmöglichkeiten verringert. Auch mögliche Fahrverbote in Großstädten werden diese Probleme verschärfen.

In Summe sollten die Engpässe in der Logistik auch auf politischer Ebene mehr Beachtung finden. Viele Probleme der Branche sind hausgemacht, aber der Staat kann durch veränderte Regulierungen dennoch einiges dafür tun, um die Lage zu entschärfen.

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