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Lennart Bolwin / Klaus-Heiner Röhl IW-Kurzbericht Nr. 24 6. April 2021 Welche Faktoren hemmen eine stärkere Datennutzung der Wirtschaft?

Daten spielen eine immer größere Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft. Datenbasierte Geschäftsmodelle wie digitale Plattformen zählen international zu den am höchsten bewerteten Unternehmen, aber auch für Unternehmen mit traditionellen Geschäftsmodellen bietet eine ausgefeilte Datennutzung viele Vorteile. Doch gerade im Mittelstand ist die Datennutzung stark ausbaufähig. Nachfolgend wird aufgezeigt, woran es vor allem hakt.

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Welche Faktoren hemmen eine stärkere Datennutzung der Wirtschaft?
Lennart Bolwin / Klaus-Heiner Röhl IW-Kurzbericht Nr. 24 6. April 2021

Welche Faktoren hemmen eine stärkere Datennutzung der Wirtschaft?

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Daten spielen eine immer größere Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft. Datenbasierte Geschäftsmodelle wie digitale Plattformen zählen international zu den am höchsten bewerteten Unternehmen, aber auch für Unternehmen mit traditionellen Geschäftsmodellen bietet eine ausgefeilte Datennutzung viele Vorteile. Doch gerade im Mittelstand ist die Datennutzung stark ausbaufähig. Nachfolgend wird aufgezeigt, woran es vor allem hakt.

In einer aktuellen Studie haben sich das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und die IW Consult mit der Frage befasst, welche Faktoren einer intensiveren Nutzung von Daten aus Sicht der Unternehmen entgegenstehen (Röhl et al., 2021). Unter circa 500 überwiegend mittelständischen Unternehmen wurde in einer Unternehmensbefragung zu 16 potenziellen Hemmfaktoren für eine verstärkte wirtschaftliche Nutzung von Daten ermittelt, ob diese in den betreffenden Unternehmen eine Hürde darstellen: Von fehlenden Marktplätzen über datenschutzrechtliche Grauzonen bis hin zu wettbewerbs- oder kartellrechtlichen Hemmnissen. Vorhergehende Studien haben bereits erkennen lassen, dass die Verbreitung der Datennutzung in der Wirtschaft und das Aufkommen datenbasierter Geschäftsmodelle in Deutschland noch erhebliches Ausbaupotenzial aufweisen (Demary et al., 2016; Demary et al., 2019; Otto et al., 2019). Dies wurde auch in der aktuellen Befragung wieder bestätigt.

Die in der Unternehmensbefragung zum Ausdruck gebrachte hemmende Wirkung vielfältiger Faktoren für eine stärkere Datennutzung korrespondiert mit einem bei der Mehrzahl der Unternehmen noch geringen Bedarf an externen Daten und einer noch geringeren Bereitschaft, unternehmenseigene Daten mit Dritten zu teilen (Bolwin/Röhl, 2021).

Die Befragung weist auf die unterschiedliche Bedeutung der einzelnen Hemmnisse für die Unternehmen hin. Am stärksten sehen sich diese mit fast 91 Prozent Nennungen insgesamt durch die Sorge vor einem unautorisierten Zugriff Dritter auf die Daten, datenschutzrechtliche Grauzonen (85 Prozent) sowie unklaren Nutzungsrechten an den Daten (84 Prozent) an einer stärkeren Datennutzung gehindert.

Zu den als wenig hemmend wahrgenommenen Faktoren zählen hingegen fehlende Marktplätze mit circa 37 Prozent, das Fehlen verfügbarer Datensätze und technische Hemmnisse (je 43 Prozent). Die Fachkräfteproblematik spielt mit 57,8 Prozent Nennungen eine mittlere Rolle, ebenso wie Unklarheiten bezüglich des Wertes der Daten und fehlende Standards. Sorgen um den eigenen Geschäftserfolg und wettbewerbs- oder kartellrechtliche Hürden stellen jeweils für etwas weniger und etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen ein Hemmnis dar.

Die Antworten machen deutlich, dass die Unternehmen durch die angegebenen Faktoren in erheblichem Umfang an einer stärkeren Datennutzung und Datenbewirtschaftung gehindert werden. Über alle 16 genannten Hemmnisse beträgt der durchschnittliche Zustimmungsanteil von Unternehmen, die angeben, dass diese sie von einer stärkeren Nutzung von Daten abhalten, mehr als 60 Prozent.

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Im Rahmen der genannten Studie (Röhl et al., 2021) wurden die befragten Unternehmen in bereits digital aufgestellte und weniger digitale Unternehmen eingeteilt. Bezüglich der Hemm-Faktoren zeigten sich die digitalen Firmen mit 63,5 Prozent sogar stärker beeinträchtigt als die weniger digitalen mit gut 60 Prozent, so dass die Einschätzung der hinderlichen Wirkung offenbar nicht auf mangelnder Kenntnis beruht, sondern im Gegenteil eine eingehendere Befassung der Materie widerspiegelt.

Schaut man darauf, wie viele der 16 Hemm-Faktoren die Unternehmen der beiden Gruppen jeweils als für sie relevant einstuften, so fällt auf, dass digital aufgestellte Unternehmen im Durchschnitt mehr Faktoren als relevant ansehen als weniger digitale: 73 Prozent der digitalen Unternehmen nannten mindestens 9 Faktoren, aber nur 58,5 Prozent der weniger digitalen. Insgesamt muss festgehalten werden, dass digitale und weniger digitale Unternehmen – wenn auch in unterschiedlicher Intensität – von ähnlichen Faktoren gehemmt beziehungsweise nicht gehemmt werden: In beiden Gruppen liegen mit der Sorge vor unautorisiertem Zugriff Dritter auf die Daten, Unklarheiten bezüglich der Nutzungsrechte und datenschutzrechtlichen Grauzonen die gleichen Hemm-Faktoren analog zur Gesamtheit aller befragten Unternehmen auf den ersten drei Plätzen.

Für welche der genannten Hemm-Faktoren unterscheiden sich die Antworten der digitalen und weniger digitalen Unternehmen aber am stärksten? Verglichen mit den weniger digitalen Unternehmen werden die digitalen Unternehmen besonders durch fehlende Marktplätze an einer stärkeren Datennutzung gehindert: 45 Prozent dieser Gruppe stimmt der entsprechenden Aussage zu, unter den weniger digitalen ist es dagegen nur ein gutes Drittel. Auf der anderen Seite werden weniger digitale Unternehmen verglichen mit den digitalen verstärkt durch fehlende Fachkräfte gehemmt: Dieser Aussage stimmten über 60 Prozent der weniger digitalen, aber nur gut die Hälfte der digitalen Unternehmen zu.

Zusätzlich zur Beurteilung der 16 einzelnen Hemmnisse können drei übergeordnete Gruppen von Hemmnissen gebildet werden. Demnach lassen sich die Einzelfaktoren in die Gruppen Rechtliches und Datenschutz, Wirtschaftliche Hindernisse und Technische Hindernisse zusammenfassen. Insbesondere für die Gruppe Rechtliches und Datenschutz kann diese Gruppeneinteilung durch eine explorative Faktorenanalyse validiert werden. Diese Gruppe besitzt gemäß der Unternehmensangaben auch das größte Hemm-Potenzial: Im Durchschnitt geben 73 Prozent der Unternehmen an, von den einzelnen Hemmnissen dieser Gruppe an einer stärkeren wirtschaftlichen Nutzung von Daten gehemmt zu werden. Besonders die digitalen Unternehmen scheinen vermehrt durch rechtliche Hindernisse im Bereich Datennutzung beeinträchtigt zu werden: Innerhalb dieser Gruppe erzielen die einzelnen Hemmnisse mit durchschnittlich 77 Prozent deutlich mehr Zustimmung als in der Gruppe der weniger digitalen Unternehmen mit 71 Prozent. Wirtschaftliche und technische Hemmnisse haben einen geringeren Einfluss: In beiden Gruppen erhalten die Einzelangaben Zustimmungsraten von durchschnittlich gut 50 Prozent; es sind keine deutlichen Unterschiede zwischen digitalen und weniger digitalen Unternehmen zu erkennen.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Unternehmen von Faktoren aus diversen Bereichen - etwa dem Fachkräftemangel und Unklarheit über Standards - an einer stärkeren Datennutzung gehemmt werden. Die meisten Faktoren mit einem besonders hohen Hemm-Potenzial lassen sich aber der Gruppe Rechtliches und Datenschutz zuordnen.

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