Die Auswirkungen der Corona-Krise treffen den Mittelstand mit großer Härte. Anders als die Finanzkrise 2009, in deren Folge es zu einem drastischen Einbruch der Industrieproduktion kam, wirkt die virusinduzierte Krise durch die massiven Einschränkungen des Wirtschaftslebens direkt auf die konsumnahen Wirtschaftsbereiche mit ihren vielen Kleinbetrieben.
Corona-Krise: So unterstützt die Bundesregierung den Mittelstand
IW-Kurzbericht
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Die Auswirkungen der Corona-Krise treffen den Mittelstand mit großer Härte. Anders als die Finanzkrise 2009, in deren Folge es zu einem drastischen Einbruch der Industrieproduktion kam, wirkt die virusinduzierte Krise durch die massiven Einschränkungen des Wirtschaftslebens direkt auf die konsumnahen Wirtschaftsbereiche mit ihren vielen Kleinbetrieben.
Betroffen sind speziell haushaltsnahe Dienstleistungen, die sehr kleinbetrieblich organisiert sind. Viele Gastronomen und Händler bangen um ihre Existenz, da die Umsätze weggefallen sind, Fixkosten wie Miete und Versicherungen aber weiterhin gezahlt werden müssen. Immerhin besteht für sie die Möglichkeit, die Lohnkosten durch Kurzarbeit zu reduzieren. Die extreme Zahl von 470.000 Kurzarbeitsanzeigen im März 2020 und sogar 650.000 bis zum 6. April – gegenüber 22.900 im März 2009 – verdeutlicht, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) hiervon Gebrauch machen (BMAS, 2020; Schäfer, 2020). Bundesweit gibt es in Deutschland aktuell etwa vier Millionen Kleinunternehmer und Selbstständige, die meisten von ihnen im Handel oder in den Dienstleistungen (siehe Abbildung).
Liquiditätskredite
Mit dem Lockdown des Geschäftslebens wurde schnell klar, dass Kurzarbeitergeld allein nicht reichen wird, um die Existenz der betroffenen Unternehmen zu sichern. Ende März 2020 führte die Bundesregierung ein Sonderprogramm der staatlichen Förderbank KfW ein, das den Mittelstand – einschließlich Selbstständigen und Freiberuflern – und größere Unternehmen mit Liquiditätskrediten unterstützen soll. Dabei wurden Mittel „in unbegrenzter Höhe“ zugesagt (BMWi/BMF, 2020). Tatsächlich stehen bis zu 500 Milliarden Euro zur Verfügung. Im Rahmen des Programms stellt die KfW Kredite für Anschaffungen und laufende Kosten bereit, die mit Zinssätzen von 1 bis 1,46 Prozent für KMU und 2 bis 2,12 Prozent für größere Unternehmen günstig sind. Einzelkredite können bis zu 1 Milliarde Euro betragen. Die Laufzeit beträgt fünf Jahre, das erste Jahr ist tilgungsfrei. Die KfW übernimmt bei Krediten für KMU 90 Prozent des Ausfallrisikos, bei größeren Unternehmen 80 Prozent.
Die Unternehmen benötigen das Geld vor allem zur Deckung des kurzfristigen Liquiditätsbedarfs. Gerade Kleinbetriebe haben oft nicht genug Rücklagen, um einen längeren Corona-Shutdown zu überstehen. Es drohen daher vermehrt Insolvenzen, wenn die Betriebe die Mittel nicht schnell erhalten. Hier zeigte sich bald ein Webfehler des Sonderprogramms: Die Vergabe der Kredite musste wie in den regulären KfW-Programmen von den Hausbanken organisiert und geprüft werden. Durch den Ansturm der antragstellenden Unternehmen war schnell absehbar, dass eine reguläre Kreditprüfung aufgrund eingeschränkter Kapazitäten zu einer erheblichen Verzögerung geführt hätte. In dieser Zeit wären viele Kleinbetriebe zahlungsunfähig geworden. Bei der regulären Prüfung müssen die Banken zudem die Geschäftsaussichten einbeziehen. Angesichts der Geschäftsschließungen sind diese aber oft vollkommen unklar, so dass dieses Verfahren zu einer Versagung vieler Kredite geführt hätte – auch, wenn die Banken nur 10 bis 20 Prozent des Risikos tragen müssen.
Mit einem neuen „Schnellkredit“ der KfW reagierte die Bundesregierung am 6. April auf diese Kritikpunkte (BMWi/BMF/KfW, 2020). Viele Unternehmen standen vor dem Problem, dass die Bearbeitungszeiten der Banken sich in die Länge zogen oder eine Ablehnung signalisiert wurde. Mit der Nachjustierung wird das Ausfallrisiko bei Kleinunternehmen mit 11 bis 50 Mitarbeitern bis zu einem Betrag von einer halben Million Euro ganz von der KfW getragen, bei Unternehmen mit 50 bis unter 250 Mitarbeitern beläuft sich das maximale Volumen auf 800.000 Euro. Die Kredite sollen über einen längeren Zeitraum von 10 Jahren laufen, wobei zwei tilgungsfreie Jahre mehr Zeit für den Neustart nach der Krise verschaffen. Der Zinssatz ist mit 3 Prozent aber höher. Der Schnellkredit beseitigt mit der Haftungsfreistellung der Banken einen Webfehler des Sonder-Kreditprogramms, hilft aber nur Unternehmen, die die KMU-Kriterien erfüllen: Nicht mehr als 249 Mitarbeiter und maximal 50 Millionen Euro Umsatz.
Nicht rückzahlbare Zuschüsse
Um das Problem der drohenden Überschuldung selbst bei erfolgreicher Kreditinanspruchnahme zu adressieren, wurde für Betriebe mit bis zu 10 Beschäftigten am 23. März eine „Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige“ mit nicht rückzahlbaren Zuschüssen aufgelegt (BMWi, 2020a). Dieses Programm steht branchenunabhängig Kleinstunternehmen, Selbstständigen und Freiberuflern offen. Bei bis zu 5 Beschäftigten kann in einem dreimonatigen Zeitraum eine Einmalzahlung von bis zu 9.000 Euro in Anspruch genommen werden, die zu versteuern ist. Bei 6 bis 10 Beschäftigten beträgt die Summe bis zu 15.000 Euro. Auszubildende können dabei je nach Bedarf mitgezählt oder herausgerechnet werden.
Hilfen für Existenzgründer und Startups
Mit einem „Startup-Booster“ im Umfang von 2 Milliarden Euro möchte die Bundesregierung von der Krise betroffene junge Hightech-Unternehmen fördern, für die Kredite aufgrund ihrer Finanzierungsstruktur und –bedingungen kaum infrage kommen. Wie der Bundesverband Deutsche Startups (2020) in einer Umfrage ermittelt hat, sehen sich 90 Prozent der Startups von der Corona-Krise betroffen und 70 Prozent sogar existenziell bedroht. Das Programm umfasst 2 Milliarden Euro für Startups und junge Technologieunternehmen mit Beteiligungskapital. Es zielt auf eine zusätzliche Wagniskapitalfinanzierung über öffentlich Dachfonds wie KfW Capital, EIF, HTG und Coparion, um Ko-Investitionen mit privaten Investoren weiterhin sicherzustellen. Angesichts der unsicheren Lage könnte der Mittelabfluss über private Fonds und Investoren jedoch stocken. Allerdings stehen den Startups die übrigen Hilfsprogramme wie anderen Unternehmen auch offen.
Auch das EXIST-Gründerprogramm für Ausgründungen aus dem Hochschulbereich wurde angepasst. Für geförderte Vorhaben mit Förderende bis 31. Mai ist nun auf Antrag eine Verlängerung der Förderung um 3 Monate möglich, wenn das derzeitige Marktumfeld keinen Start in die normale Geschäftstätigkeit erlaubt (BMWi, 2020b).
Mit den vorgestellten Programmen spannt die Bundesregierung einen Schutzschirm, der die mittelständischen Unternehmen in der aktuellen, in ihren gesamten Auswirkungen noch kaum absehbaren Krise auffangen soll. Trotz des Umfangs von mehreren 100 Milliarden Euro ist jedoch noch keineswegs absehbar, inwieweit dieses Ziel erreicht werden wird.
Klaus-Heiner Röhl: Corona-Krise – So unterstützt die Bundesregierung den Mittelstand
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