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Michael Voigtländer / Christian Oberst IW-Kurzbericht Nr. 29 16. Mai 2019 Gewerbeimmobilienmietpreisindex: Gegensätzliche Mietentwicklung im Büro- und Einzelhandelsmarkt in 2018

Die Großstädte in Deutschland gewinnen weiter an Bevölkerung und Arbeitsplätzen. Dies lässt nicht nur die Mieten im Wohnungsmarkt, sondern auch im Gewerbeimmobilienmarkt anziehen. Allerdings zeigen die aktuellen Ergebnisse des Gewerbeimmobilienmietpreisindex GIMX von Scout24 und IW, dass der Mietmarkt für Einzelhandel und Büro sich im Jahr 2018 stärker ausdifferenzieren.

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Gegensätzliche Mietentwicklung im Büro- und Einzelhandelsmarkt in 2018
Michael Voigtländer / Christian Oberst IW-Kurzbericht Nr. 29 16. Mai 2019

Gewerbeimmobilienmietpreisindex: Gegensätzliche Mietentwicklung im Büro- und Einzelhandelsmarkt in 2018

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Großstädte in Deutschland gewinnen weiter an Bevölkerung und Arbeitsplätzen. Dies lässt nicht nur die Mieten im Wohnungsmarkt, sondern auch im Gewerbeimmobilienmarkt anziehen. Allerdings zeigen die aktuellen Ergebnisse des Gewerbeimmobilienmietpreisindex GIMX von Scout24 und IW, dass der Mietmarkt für Einzelhandel und Büro sich im Jahr 2018 stärker ausdifferenzieren.

2018 war konjunkturell ein gutes Jahr. Nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes betrug das Wirtschaftswachstum 1,5 Prozent und die Zahl der Erwerbstätigen ist noch einmal um gut eine halbe Million auf nun knapp 45 Millionen gestiegen. Wie bereits in den letzten Jahren konnten von dieser Entwicklung vor allem die Großstädte profitieren. Allein Berlin, Hamburg und München verzeichnen jährliche Bevölkerungszuwächse von mehr als ein Prozent. Hinzu kommt, dass immer mehr Arbeitsplätze von Hochqualifizierten in den Großstädten entstehen. Die Quote der Experten – also der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mit einem akademischen Hintergrund – ist beispielsweise zwischen 2013 und 2017 in Hamburg von 19,8 Prozent auf 20,9 Prozent gestiegen, in Berlin im gleichen Zeitraum sogar von 18,9 Prozent auf 20,8 Prozent. Damit ist der Aufschwung nicht nur mit einem Beschäftigungsaufbau, sondern auch mit einem deutlichen Einkommenszuwachs verbunden. Weil gleichzeitig die Bautätigkeit zurückhängt, steigen die Wohnungsmieten kräftig an – ebenso wie die Mieten im Gewerbemarkt.

Besonders die Mieten im Büromarkt sind im Jahr 2018 kräftig gestiegen, durchschnittlich um 7,6 Prozent. Herausragend ist die Entwicklung in Berlin: Seit 2010 sind die Büromieten hier um 77 Prozent (entspricht gut 7 Prozent jährlich) gestiegen, in keiner anderen Stadt sind die Büromieten auch nur annährend so stark gestiegen. Den zweitstärksten Zuwachs gab es in Leipzig mit knapp 39 Prozent (4 Prozent jährlich), darauf folgt München mit 37 Prozent (4 Prozent jährlich). Auch im Vergleich zum Vorjahr ragt Berlin heraus, die Büromieten sind allein im Jahr 2018 um fast 18 Prozent gestiegen. Die Zahlen verdeutlichen die Zuspitzung auf dem Berliner Immobilienmarkt. Trotz drastischer Preisanstiege in Berlin ist aber zu bedenken, dass das Berliner Preisniveau mit knapp 17 Euro Durchschnittsmiete für Büros je QM nach wie vor niedriger ist als in vergleichbaren Standorten wie München mit 19 Euro je QM und Frankfurt mit 18 Euro je QM. In Leipzig gab es 2018 ein Preiswachstum von 12 Prozent, in München von 11,5 Prozent, und in Frankfurt am Main von 9 Prozent (jeweils im Vergleich zum Vorjahr). Von den betrachteten 12 Städten weist Essen mit 2,6 Prozent den geringsten Zuwachs im Jahr 2018 auf (Abbildung). Das entspricht in etwa dem Trendwachstum der letzten Jahre. Denn seit 2010 sind die Büromieten in Essen um etwa 21,4 Prozent (2,5 Prozent jährlich) gestiegen. In den anderen 11 Städten lag der Anstieg der Büromieten in 2018 deutlich über dem Wachstum der letzten Jahre. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den angegebenen Preisentwicklungen um reine Preiseffekte handelt, qualitätsbedingte Preisentwicklungen werden bei hedonischen Preisindizes wie dem GIMX herausgerechnet (vgl. Oberst / Voigtländer, 2018).

Ganz anders sieht das Bild im Einzelhandelsmarkt aus. Hier reicht die Spannbreite der Mietpreisveränderungen gegenüber dem Vorjahr von -11 Prozent in Hamburg bis 15 Prozent in Düsseldorf. Durchschnittlich sind die Mieten im Einzelhandel in 2018 um 2,0 Prozent gestiegen. Im Vergleich zum Jahr 2010 haben die Einzelhandelsmieten aber in allen 12 Städten deutlich zugelegt. Am stärksten wiederum in Berlin mit 52 Prozent (5,4 Prozent jährlich), gefolgt von Stuttgart, München, Düsseldorf und Leipzig mit 35 bis 37 Prozent (gut 4,0 Prozent jährlich). Auch Hamburg weist in 2018 gegenüber 2010 weiterhin ein Mietplus von 20 Prozent (2 Prozent jährlich) auf, die Mietpreisrückgänge können daher auch als Konsolidierung interpretiert werden (vgl. COMFORT, 2018). Mit 9 Prozent (1,1 Prozent jährlich) die schwächsten Zuwächse sind wiederum in Essen zu verzeichnen.

Für die unterschiedliche Entwicklung im Büro- und Einzelhandelsmarkt in 2018 gibt es mehrere Begründungen. Die höhere Volatilität im Einzelhandelsmarkt fußt zum einen darauf, dass die Zahl der ausgewerteten Angebote kleiner ist als im Büromarkt, darüber hinaus ist das Angebot deutlich heterogener. So gibt es im Einzelhandelsmarkt etwa große Verkaufsflächen, kleine Ladenlokale oder auch ein Kiosk, quer verteilt über das gesamte Stadtgebiet, während im Büromarkt die Flächen weniger ausdifferenzieren und sich in wenigen Stadtvierteln clustern. Auch wenn methodisch unterschiedliche Lagen, Größen und Qualität berücksichtigt werden, kommt es so im Einzelhandelsmarkt tendenziell zu größeren Ausschlägen.

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Langfristig liegen die Mietsteigerungen der beiden Segmente jedoch relativ nah beieinander. Die hohen Abweichungen im Vorjahresvergleich deuten kurzfristige Engpässe in einem der beiden Segment an, etwa an Büroflächen in Berlin, Leipzig und München oder Einzelhandelsflächen in Düsseldorf, Dresden, Dortmund und Frankfurt. Negative Werte für 2018 sind Anzeichen für Konsolidierungen zu übermäßigen Mietsteigerungen im Vorjahr, etwa in Hamburg, Hannover und Stuttgart bei Einzelhandelsflächen. Langfristig, hier im Vergleich der annualisierten Wachstumsrate seit 2010, sind die Preisentwicklungen der beiden Segmente und Standorte relative nah beieinander. Berlin, Leipzig und München weisen in beiden Segmenten überdurchschnittliche Mietpreissteigerungen seit 2010 auf, während es in Stuttgart, Frankfurt und Düsseldorf vor allem Mietpreissteigerungen im Einzelhandel zu beobachten sind. Nur für Berlin ist eine strukturelle Verschiebung zugunsten des Büromarktes zu erkennen.

Allerdings steht der Einzelhandelsmarkt vermehrt unter Druck, weil ein zunehmender Teil der Nachfrage in den Online-Handel verlagert wird. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Mieten im Einzelhandelsmarkt dauerhaft unter Druck sind. Schließlich ist die online Konkurrenz beispielsweise bei Lebensmittelhändlern (noch) begrenzt, während sie z. B. für Händler mit einem Fachsortiment deutlich größer ist. Entsprechend der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten von Mietobjekten könnte sich der Markt für Einzelhandelsflächen somit zunehmend ausdifferenzieren.

Die Perspektiven für den Gewerbeimmobilienmarkt sind auch 2019 intakt. Aufgrund zunehmender weltwirtschaftlicher Unsicherheiten ist zwar von einem langsameren Wirtschaftswachstum und einem verminderten Beschäftigungsaufbau zu rechnen, im Mittel gehen die Forschungsinstitute und andere Marktbeobachter aber von einem Wachstum von 1,4 Prozent aus (Consensus Forecasts, 2019). Es ist daher zu erwarten, dass sich das Mietpreiswachstum im Durchschnitt fortsetzt, wenn auch von einer geringeren Dynamik auszugehen ist.

Der Gewerbeimmobilienindex (GIMX) ist ein Gemeinschaftsprojekt vom Institut der deutschen Wirtschaft und Scout24. Für den GIMX werden Inserate für Büros und Einzelhandelsflächen in aktuell 12 Städten ausgewertet. Mit Hilfe eines hedonischen Verfahrens werden unterschiedliche Qualitäten und Lagen im Gewerbeimmobilienmarkt berücksichtigt (Deschermeier et. al., 2014). Der GIMX ist derzeit der einzige Preisindex in Deutschland, der dieses im Wohnungsmarkt gebräuchliche Analyseverfahren für Gewerbeimmobilien anwendet.

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Michael Voigtländer / Christian Oberst IW-Kurzbericht Nr. 29 16. Mai 2019

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