Die Corona-Maßnahmen haben das öffentliche Leben in Deutschland im März und April 2020 massiv eingeschränkt und die Möglichkeiten der politischen Partizipation auf den digitalen Raum reduziert. Eine Analyse von Online-Petitionen in diesem Zeitraum zeigt, dass die Möglichkeit der digitalen Beteiligung während der Krise sehr stark genutzt wurde.

Online-Petitionen als Corona-Sorgenventil
IW-Report
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Die Corona-Maßnahmen haben das öffentliche Leben in Deutschland im März und April 2020 massiv eingeschränkt und die Möglichkeiten der politischen Partizipation auf den digitalen Raum reduziert. Eine Analyse von Online-Petitionen in diesem Zeitraum zeigt, dass die Möglichkeit der digitalen Beteiligung während der Krise sehr stark genutzt wurde.
Durch das Kontaktverbot wurden die freie Berufsausübung, die Gewerbefreiheit, die Schulpflicht und die Religionsfreiheit vorübergehend eingeschränkt. Gleichzeitig reduzierte die Einschränkung der Versammlungsfreiheit die Möglichkeiten der politischen Beteiligung auf den digitalen Raum. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen warnt Nida-Rümelin (2020) davor, dass die Corona-Pandemie sich als Krisenbeschleuniger der westlichen Demokratien erweisen könnte. Inwiefern die Digitalisierung die Demokratie durch zusätzliche Formen der Beteiligung stärkt oder schwächt, wurde bereits vor Corona kontrovers diskutiert. So bewertet Manow (2020) die Digitalisierung als Chance für die Demokratie, während Pariser (2011) sowie Allcott und Gentzkow (2017) sie als Bedrohung der Demokratie beschreiben.
Eine Untersuchung von Online-Petitionen im Zeitraum vor und während der Corona-Maßnahmen kann zeigen, dass die Möglichkeit der digitalen Beteiligung während der Krise sehr stark genutzt wird. In den Monaten März und April 2020 und somit im Zeitraum der einschneidendsten Entscheidungen hinsichtlich der Eindämmung des Corona-Virus entfallen 3,3 Millionen Unterschriften auf Petitionen, die Bezug auf die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen nehmen. Ob dies allein dem Thema Corona geschuldet ist, oder auf die am 22. März erlassene Kontaktbeschränkung zurückzuführen ist, welche andere Formen der politischen Beteiligung kurzfristig stark einschränkt, lässt sich anhand der Daten nicht eindeutig unterscheiden. Die inhaltliche Analyse der Petitionen lässt vermuten, dass es sich um ein Zusammenspiel beider Aspekte handelt. Zu betonen ist, dass digitale Beteiligungsformen in der aktuellen Krise eine Möglichkeit für die deutsche Demokratie bieten, sich als resilient zu erweisen.
Viele Antragsteller von Petitionen und deren Unterzeichner nutzen während der Corona-Pandemie die Möglichkeit, durch Online-Petitionen ihrer wirtschaftlichen Betroffenheit durch die Krise Ausdruck zu geben. Dies zeigt sich in gut 1,35 Millionen Unterschriften für Petitionen, die sich der wirtschaftlichen Dimension der Corona-Pandemie widmen. Gleichzeitig wird auf einzelne Beschlüsse im Bildungsbereich mit einer Vielzahl von Petitionen reagiert. Allerdings werden diese Petitionen seltener mitgezeichnet.
Konkret werden für diese Studie knapp 1.800 Petitionen der kommerziellen Beteiligungsplattform change.org ausgewertet, welche vom 1. November 2019 bis zum 2. Juni 2020 online gestellt wurden. Eine Unterscheidung in Petitionen, die den Corona-Lockdown befürworten und solche, die ihn ablehnen, zeigt, dass auf die Ankündigung der Schul- und Kitaschließungen in der 12. Kalenderwoche eine Welle an Forderungen nach weiteren Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie folgt. Kurz vor den Beschlüssen zur Lockerung des Lockdowns am 15. April 2020 kippte das Stimmungsbild und die Mehrheit der Antragsteller, der sogenannten Petenten, befürwortete eine Lockerung des Lockdowns. Die Forderungen nach mehr Öffnung nahmen nach den Beschlüssen vom 15. April noch einmal zu, um dann mit den weiteren Lockerungen langsam abzuebben.

Armin Mertens / Ruth Maria Schüler: Online-Petitionen als Corona-Sorgenventil – Eine thematische Analyse der Petitionsplattform change.org als Gradmesser aktueller Polarisierungstendenzen
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