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(© Foto: Kadri Oliver Alkan/iStock)
Asylpolitik IW-Nachricht 29. Januar 2016

Ein später Schritt

Mit dem Asylpaket II und dem Beschluss der Kanzlerin und Länderchefs zur Asyl- und Flüchtlingspolitik tut Deutschland einen wichtigen Schritt: Die Beschlüsse sollten es ermöglichen, den Zuzug in geordnete Bahnen zu lenken und die Integration zu verbessern. Doch der Schritt kommt spät und es bleibt viel zu tun.

In den vergangenen Monaten hat sich mit Blick auf die Flüchtlingsthematik einiges verbessert – beispielsweise hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehr Mitarbeiter bekommen. Doch die hohen Flüchtlingszahlen überfordern nach wie vor die deutsche Verwaltung: Im Dezember 2015 wurden zwar 127.000 Flüchtlinge neu registriert, aber nur 48.000 Asylanträge gestellt. Dies hat zur Folge, dass bei vielen nicht klar ist, welche Perspektiven sie in Deutschland haben. Hier können die geplanten Aufnahmezentren für Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern helfen, weil sie zumindest etwas mehr Ordnung in die Prozesse bringen. Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten um Algerien, Marokko und Tunesien zu erweitern, ist ebenfalls sinnvoll, da die Asylverfahren so einfacher und schneller abgewickelt werden können. Komplett lösen werden diese Maßnahmen die Probleme allerdings nicht.

Eine noch größere Herausforderung als die Administration der Asylverfahren ist ohnehin die Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft – und die Voraussetzungen dafür sind bei vielen Flüchtlingen eher ungünstig: Im Jahr 2014 hatten 22,7 Prozent der erwachsenen Personen aus Syrien, denen Asyl oder Schutz nach der Genfer Konvention gewährt wurde, weniger als fünf Jahre eine Schule besucht. Bei den Irakern lag der Anteil sogar bei 36,4 Prozent. Entsprechend gering war die Teilhabe am Arbeitsmarkt. So waren nur 24,7 Prozent der Syrer und 38,9 Prozent der Iraker 2014 in Deutschland erwerbstätig. Es ist also davon auszugehen, dass ein großer Teil der Flüchtlinge, die aktuell ins Land kommen, auch über ihre Anerkennung hinaus längerfristig auf staatliche Transfers angewiesen sein wird. Den Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz wie geplant zu beschränken, kann also dazu beitragen, die Belastungen für den deutschen Sozialstaat zu verringern – und seine Überforderung zu vermeiden.

Wichtig ist ebenso, dass die Integrationschancen weiter gestärkt werden. Hierzu sollte die Politik die noch bestehenden Hürden für den Zugang zu Arbeit und Bildung weiter abbauen. Zudem tun umfangreiche, gezielte Qualifizierungsprogramme Not.

Bei alledem ist es wichtig, dass die Maßnahmen gut aufeinander abgestimmt sind. Daher ist das geplante gemeinsame Integrationskonzept für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive von Bund und Ländern sehr zu begrüßen. Es hätte jedoch schon viel früher in die Wege geleitet werden müssen.

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