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Erbschaftssteuerreform IW-Nachricht 7. Juli 2015

Weit weg von den einstigen Versprechen

Die Erbschaftssteuer muss spätestens in einem Jahr reformiert sein – so hat es das Bundesverfassungsgericht gefordert. Die Koalition aus Union und SPD drückt daher aufs Tempo. Allerdings geht dies zulasten der Qualität, wie der Gesetzentwurf zeigt, den das Kabinett am Mittwoch (8.) beschließen soll.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz in Teilen für verfassungswidrig erklärt hatte, kündigte das Bundesfinanzministerium „minimalinvasive“ und „aufkommensneutrale“ Korrekturen an. Die Politik wollte nämlich daran festhalten, dass Unternehmenserben verschont werden, wenn sie möglichst viele Arbeitsplätze erhalten. An diesem Ziel hatten auch die obersten Richter nichts auszusetzen.

Doch der Gesetzentwurf, den morgen das schwarz-rote Kabinett beschließen soll, hat mit dem erklärten Ziel vom Jahresanfang nicht mehr viel gemein.

Stichwort „minimalinvasiv“: Schäubles Gesetzentwurf stellt eine fundamentale Abkehr vom bislang herrschenden Recht dar, indem künftig das Privatvermögen eines Erbens zur Begleichung der Erbschaftsteuer herangezogen werden soll. Zwar wird die Einführung einer Bedürfnisprüfung, durch die das bestehende Vermögen eines Erben ermittelt wird, grundsätzlich dem Gerichtsurteil gerecht, die Ausgestaltung belastet jedoch Familienunternehmen übermäßig.

Gerade für kleine Unternehmen hätte Schäubles Plan zudem einschneidende Folgen: Mehr als eine halbe Millionen Familienunternehmen zusätzlich müssen künftig im Erbfall nachweisen, dass sie die Arbeitsplätze in ihrem Unternehmen über Jahre weitgehend erhalten. Das zeigen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Doch genau dieser Nachweis fällt insbesondere dann schwer, wenn gute Mitarbeiter abgeworben werden und nicht sofort passender Ersatz gefunden wird – nach Schäubles Verständnis würde in diesen Fällen das Unternehmen die sogenannte Lohnsummenprüfung nicht bestehen.

Stichwort „aufkommensneutral“: Das Bundesfinanzministerium geht davon aus, dass es nach der Reform rund 200 Millionen Euro mehr Steuereinnahmen pro Jahr hat. Bei einem jährlichen Aufkommen von derzeit 5 Milliarden Euro bei der Erbschaftssteuer sollen diese 4-Zusatz-Prozente offenbar beruhigen. Aber sind die Zahlen wirklich plausibel? In Zukunft muss laut Gesetzentwurf jegliches Vermögen, das nicht dem Hauptzweck des Unternehmens dient, ohne Verschonungsabschlag voll versteuert werden. Zusammen mit der sehr strengen Bedürfnisprüfung – und zusätzlich verschärft durch die derzeit gesetzlich festgeschriebene massive Überbewertung der Unternehmen – könnten die Steuereinnahmen deshalb viel stärker wachsen, als vom Bundesfinanzministerium prognostiziert. Und das, obwohl die Große Koalition so gerne betont, auf keinen Fall die Steuern erhöhen zu wollen.

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