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Zeige Bild in Lightbox GDL-Chef Claus Weselsky vor dem Berliner Hauptbahnhof im Jahr 2021 bei einem Bahnstreik.
Das Angebot der Bahn sei "zu wenig, zu lange und nicht ausreichend": GDL-Chef Claus Weselsky (hier bei einem Bahnstreik 2021). (© Foto: GettyImages)
Sandra Vogel / Sabine Köhne-Finster IW-Nachricht 15. November 2023

Bahnstreik: Unverhältnismäßig und realitätsfern

Die GDL kämpft für geringere Arbeitszeiten und 4-Tage-Wochen für Schichtarbeiter. Kommt es dazu, müsste die Bahn rund 10.000 neue Beschäftigte einstellen, dabei fehlen schon heute 3.700 Lokführerinnen und Lokführer. Der GDL geht es um den eigenen Einfluss im Konzern, nicht um die Sache.

Wer in diesen Tagen auf die Bahn angewiesen ist, braucht Nerven wie Drahtseile: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat für heute und morgen Streiks angekündigt – dabei war für Donnerstag eine Verhandlungsrunde geplant. Die Forderungen der Gewerkschaft sind hoch: Die GDL fordert 555 Euro mehr im Monat, zusätzlich eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro und vor allem kürzere Arbeitszeiten: Bei vollem Lohnausgleich soll die Arbeitszeit der Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden pro Woche sinken und innerhalb einer 4-Tage-Woche geleistet werden. 

Forderung nicht umsetzbar

Für die Bahn ist das schlicht nicht umsetzbar: Sie rechnet damit, dass sie rund 10.000 neue Beschäftigte einstellen müsste, um dem nachzukommen. Dabei konnte die Bahn im vergangenen Jahresdurchschnitt rund 3.700 offene Stellen für Lokführer nicht besetzen, wie neue IW-Zahlen zeigen. In keinem anderen Bahnberuf ist die Fachkräftelücke so groß. Zum Vergleich: Im Servicebereich fehlen 640 Fachkräfte, bei der Wartung rund 400, im Bereich der Eisenbahn-Überwachung konnten 1.800 Stellen nicht besetzt werden.

Großzügiges Bahnangebot zum Auftakt

Zudem war das Bahnangebot in der ersten Runde bereits ordentlich: Das Unternehmen bot Entgeltsteigerung im Volumen von elf Prozent an, das entspricht in etwa dem Abschluss im Öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen. Die überzogenen GDL-Forderungen sind das Ergebnis eines Überbietungswettbewerbs zwischen GDL und Konkurrenzgewerkschaft EVG. Mit dem sogenannten Tarifeinheitsgesetz ist geregelt, dass in einem Betrieb mit mehreren Gewerkschaften nur der Tarifvertrag der mitgliederstärksten Gewerkschaft angewendet wird, entsprechend kämpft die GDL um ihre Daseinsberechtigung. Zum jetzigen Zeitpunkt sind Warnstreiks völlig unverhältnismäßig – die GDL sollte ihre Verantwortung als Tarifpartei wahrnehmen, zumal die zweite Verhandlungsrunde in Kürze beginnen sollte  und weitere Verhandlungstermine bis in den Dezember hinein mit der Deutschen Bahn vereinbart sind. 

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