Die Bundesregierung will jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen bauen – heute präsentiert das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum erste Ergebnisse. Die Lage ist schwieriger denn je: Die Kosten steigen immer weiter, die Nachfrage sinkt aufgrund deutlich steigender Zinsen und sperrige Genehmigungsverfahren machen Projektentwicklern das Leben zusätzlich schwer.
Bündnis für bezahlbares Wohnen: Baukosten müssen sinken
Seit Jahresbeginn sind die Zinsen für Immobilienkredite deutlich gestiegen: Anfang des Jahres war es noch weniger als ein Prozent für einen Kredit mit zehn Jahren Zinsbindung. Jetzt sind es bereits fast vier Prozent. Dies rückt nicht nur den Traum vom Eigenheim für viele weiter in die Ferne, sondern lässt auch Kapitalanleger und institutionelle Investoren zögern. Hinzu kommt konjunkturelle Unsicherheit: Die Baukosten steigen weiter, im dritten Quartal 2022 legten die Herstellungskosten für Neubauten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um 16,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Das liegt vor allem an steigenden Materialkosten, aber auch am Fachkräftemangel und an hohen Lohnkosten. Allein im Bereich der Sanitär- und Heizungsinstallateure kann derzeit nur jede 5. Stelle besetzt werden, wie Daten des am IW angedockten Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) zeigen.
Städte müssen doppelt so schnell bauen
Die Folge ist, dass viele Projektentwickler Grundstücke lieber liegen lassen, bis sich die Lage wieder entspannt – gleichzeitig erhöht sich dadurch der Druck auf den Wohnungsmärkten weiter. Bereits jetzt wird in vielen Städten deutlich zu wenig gebaut: Nach IW-Berechnungen müsste in einigen Städten wie etwa Köln oder Leipzig doppelt so viel gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Zusätzlich müssen Geflüchtete in den Wohnungsmarkt integriert werden.
Baukosten steigen derzeit besonders. Nicht nur durch höhere Material- und Lohnkosten, sondern auch wegen immer mehr Regelungen: Aktuell gibt es bundesweit mehr als 3.000 Normen, und weitere sind geplant. Dieser Wust muss dringend entrümpelt werden. Vor allem muss die Regierung darauf verzichten, Neubaustandards weiter zu verschärfen. Mittelfristig sollte eine neue Baukostensenkungskommission konkrete Vorschläge erarbeiten. Ein wesentliches Ziel sollte eine Harmonisierung der Bauordnungen der Länder sein, denn die verhindert es oftmals, dass Projektentwickler Größenvorteile ausspielen können. Weniger Vorschriften würden Innovationspotenziale für günstiges Bauen ermöglichen.
Baugenehmigungen sind zu langwierig und unflexibel
Schließlich braucht es flexiblere Baugenehmigungen. Viele Projektentwickler haben großzügige zwei oder drei Zimmer Wohnungen geplant, bei denen sie nun fürchten, dass sich diese in der aktuellen Marktphase nicht verkaufen lassen. Würde man zulassen, dass nachträglich die Aufteilung der Räume verändert werden kann, etwa indem aus der 3-Zimmer eine 4-Zimmer-Wohnung wird, könnte das Angebot bei gleichem Preis für andere Zielgruppen attraktiv werden – zum Beispiel auch für Familien mit Kindern. Auch angepasste Ausstattungen sollten in der aktuellen Lage schnell möglich sein. Bisher fürchten viele Projektentwickler bei solchen Änderungen monatelange Verfahren – verlorene Zeit, die den Wohnungsmangel weiter verschärft.
IW-Wohnindex: Eigentum wird wieder erschwinglicher
Die eigenen vier Wände sind heute erschwinglicher als noch vor zwei Jahren, wie der IW-Wohnindex für das dritte Quartal 2024 zeigt. Sinkende Zinsen und steigende Einkommen spielen Käufern in die Karten, trotz nun wieder steigender Kaufpreise.
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IW-Wohnindex: Erschwinglichkeit von Wohneigentum kehrt langsam zurück
Der IW-Wohnindex untersucht die Entwicklung der Kauf- und Mietpreise für Wohnimmobilien in Deutschland. Der Kurzreport erscheint vierteljährig.
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