Italien hofft, im EU-Haushaltsstreit hart bleiben zu können – dabei widersprechen die Pläne der Regierung den Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Jetzt ist die Europäische Kommission gefragt: Sie sollte dringend finanzielle Sanktionen ermöglichen. Neue Regeln machen die politische Umsetzung sehr wahrscheinlich.

Italien: Die EU muss Sanktionen verhängen
Italien provoziert weiter seine europäischen Partner. Trotz mehrfacher Aufforderung aus Brüssel lenkt die populistische Regierung in Rom nicht ein, sondern beharrt auf ihrem Haushaltsentwurf und ihrer zu optimistischen Wachstumsprognose für 2019. Konkret peilt Italien für 2019 eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistungen an, dabei ist das Land hochverschuldet.
Jetzt ist die Europäische Kommission gefragt. Sie muss dringend ein Defizitverfahren eröffnen, also Sanktionen gegen Italien in die Wege leiten. Der italienische Vize-Premierminister Luigi Di Maio scheint sich bisher sicher zu sein, dass es nicht dazu kommt, vor allem weil Italien vermeintlich ausreichend Unterstützung aus dem Kreis der EU-Partner erhält.
Diese Hoffnung könnte sich als trügerisch erweisen. Im Zuge der Euroschuldenkrise wurde der Stabilitäts- und Wachstumspakt reformiert. Seitdem gibt es eine neue Regel der sogenannten umgekehrten Mehrheit: Sie ermöglicht Sanktionen, ohne dass alle europäischen Finanzminister zustimmen müssen. Wenn die Europäische Kommission Sanktionen vorschlägt, muss eine qualifizierte Mehrheit der Finanzminister dagegen stimmen, um sie zu verhindern, andernfalls gilt der Vorschlag als angenommen. Damit werden Sanktionen für Italien sehr viel wahrscheinlicher. Dass sich ausreichend Unterstützer für Rom finden, erscheint so gut wie unmöglich.
Baldige Sanktionen wären gleichzeitig ein wichtiges Signal an alle EU-Mitglieder: Es ist höchste Zeit, den Spieß bei der kreativen Interpretation des Paktes umzudrehen. In den vergangenen Jahren hat die EU-Kommission den Pakt oft so flexibel interpretiert, dass Italien viel Spielraum hatte. Nun braucht die Kommission ihre Kreativität, um möglichst bald Sanktionen zu verhängen, obwohl der normale formale Weg dahin eigentlich recht lang ist.
Kritiker bemängeln oft, dass Sanktionen vor allem den Populisten dabei helfen könnten, aus den Europawahlen Ende Mai 2019 gestärkt hervorzugehen. Das ist allerdings längst keine ausgemachte Sache. Kommen die Sanktionen lange vor den Wahlen, ist ungewiss, ob in Italien dadurch wirklich Wähler in die Arme der Populisten getrieben werden. Hinzu kommt: Eskaliert der Konflikt mit Brüssel weiter, steigen die Zinsen auf italienische Staatsanleihen. In der Bevölkerung könnte die Sorge entstehen, dass die Populisten Italien in eine Finanzkrise treiben. Wähler aus anderen EU-Ländern wiederum wählen eher rechtspopulistisch, wenn sie den Eindruck haben, dass europäische Regeln nicht durchgesetzt werden.

This time is different but still risky: Bankenkrise statt Finanzkrise
Die aktuelle Krise einiger amerikanischer und europäischer Banken löst zwangsläufig Befürchtungen aus, dass eine internationale Bankenkrise zu einer neuen Finanzkrise führen könnte. Doch sind die Vorzeichen im Jahre 2023 ganz andere als im Jahre 2007/2008.
IW
Analysen Coronahilfen: Beihilfen im Lichte der Coronapandemie
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie haben die Volkswirtschaften der EU schwer getroffen. Zur Unterstützung haben die Mitgliedstaaten erhebliche Finanzmittel in die Wirtschaft gelenkt und die EU hat die entsprechenden Beihilferegeln, die den ...
IW