1. Home
  2. Presse
  3. IW-Nachrichten
  4. Bildungsgerechtigkeit: Mit Corona kommt die große Bildungslücke
Zeige Bild in Lightbox
(© Foto: iStock)
Christina Anger / Axel Plünnecke IW-Nachricht 16. September 2021

Bildungsgerechtigkeit: Mit Corona kommt die große Bildungslücke

Durch die Pandemie haben etliche Schüler große Lernrückstände. Besonders betroffen sind Schüler aus sozial schwachen Familien oder mit Migrationshintergrund. Nur mit zusätzlichem Unterricht an Nachmittagen und Wochenenden kann die Lücke noch geschlossen werden. Langfristig sind zusätzliche Investitionen in eine bessere Infrastruktur notwendig.

In Deutschland gibt es immer noch einen engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg, das geht auch aus der heute erschienen OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ hervor. Zwar beleuchtet die Studie im Wesentlichen die Situation vor der Pandemie – allerdings ist längst klar, dass Corona die Bildungsgerechtigkeit vor riesige Herausforderungen stellt. Kinder, die aus sozial benachteiligten Familien stammen, haben große Nachteile beim Distanzunterricht: Es fehlen eigene Computer und die Unterstützung der Eltern. Auch ein Migrationshintergrund gilt als Risikofaktor. Die Coronakrise dürfte damit Bildungsungerechtigkeiten verschärft haben. 

Schüler verlernen lesen und rechnen

Hinzu kommt: In den vergangenen Monaten war es auch vom Wohnort abhängig, wieviel Präsenzunterricht stattfinden konnte. Der IW-Bildungsmonitor 2021 zeigt, dass die einzelnen Regionen teilweise sehr unterschiedlich von Schulschließungen betroffen waren. So waren durch die Bundesnotbremse in einzelnen Kreisen die Schulen fünf Wochen länger geschlossen als in anderen Kreisen.  

Zudem wurde der Unterrichtsausfall unterschiedlich gut kompensiert: Rund 18 Prozent der Lehrer gaben an, dass bei fast allen ihrer Schülerinnen und Schüler Lernrückstände durch die Corona-Krise entstanden sind. 31 Prozent sagen, dass dies bei mehr als der Hälfte der Fall ist. Dabei haben gerade Lehrer in ärmeren Stadtteilen besonders große Lernrückstände festgestellt. Aktuelle Lernstandserhebungen bei Drittklässlern aus Hamburg zeigen, dass die Schulschließungen dazu geführt haben, dass viele Schüler weniger gut lesen und rechnen können. Insbesondere in Schulen in einer schwierigen sozialen Region ist der Anteil der lernschwachen Kinder und Jugendlichen angestiegen. Diese Kinder und Jugendlichen benötigen nun dringend besondere Unterstützung. 

Mehr Unterricht, mehr Personal

Die erste dringende Maßnahme: Lernstandserhebungen in allen Bundesländern und in allen Jahrgängen. Basierend auf diesen Ergebnissen können dann zielgenauer Aufholprogramme für Schülerinnen und Schüler aufgesetzt werden. Diese könnten aus zusätzlichem Unterricht am Nachmittag, Samstagen und in den Ferien bestehen. Wichtig ist, dass diese Maßnahmen schnell greifen, damit sich die Lernlücken mit dem Start des neuen Schuljahres nicht noch weiter vergrößern. Gleichzeitig fehlt aber auch zusätzliches Personal: Hier könnte die Politik Lehramtsstudierenden oder pensionierte Lehrkräfte anwerben. 

Zudem sollte die Digitalisierung weiter vorangebracht und die Infrastruktur an den Schulen weiter ausgebaut werden, beispielsweise in Form von hochwertigen Ganztagsangeboten mit multiprofessionellem Personal. Die Schulen könnten zu Familienzentren ausgebaut und die Ganztagsangebote dazu genutzt werden, insbesondere Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten noch umfangreicher zu fördern. Insgesamt sind jährlich etwa 16 bis 17 Milliarden Euro dafür notwendig. 

PDF herunterladen
Gutachten
Bildungschancen stärken – Herausforderungen der Corona- Krise meistern
Christina Anger / Wido Geis / Axel Plünnecke Gutachten 18. August 2021

Bildungsmonitor 2021: Bildungschancen stärken – Herausforderungen der Corona- Krise meistern

Studie im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Ergebnisorientierte Führung vor und nach der Covid-19-Krise
Oliver Stettes IW-Kurzbericht Nr. 62 8. September 2023

Ergebnisorientierte Führung vor und nach der Covid-19-Krise

Ergebnisorientiertes Führen wird relevanter. Der Anteil der Unternehmen, in denen Führungskräfte sensibilisiert werden, ergebnisorientiert zu führen, ist zwischen 2018 und 2023 um 6 Prozentpunkte auf 69 Prozent angestiegen. Ein ergebnisorientierter ...

IW

Artikel lesen
Anika Jansen Gutachten 26. August 2023

KOFA Kompakt 7/2023: Die Fachkräftesituation in Hotel- und Gaststättenberufen – Nachwehen der Corona-Lockdowns

Im Jahresdurchschnitt 2022/2023 konnten etwa 17.000 Stellen nicht besetzt werden. Das entspricht 38,7 Prozent aller offenen Stellen in den Hotel- und Gaststättenberufen. Am stärksten sind die Engpässe im Bereich Hotellerie.

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880