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Vera Demary IW-Kurzbericht Nr. 32 30. März 2020 Onlinehandel: Warum Corona Amazon weiter stärkt

Der Handel mit Waren über das Internet boomt. Die aktuellen Einschränkungen des stationären Handels aufgrund der Corona-Krise befördern dies weiter. Davon profitieren vor allem die großen Händler und Handelsplattformen, allen voran Amazon, die deutlich gestärkt aus der Krise kommen dürften.

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Warum Corona Amazon weiter stärkt
Vera Demary IW-Kurzbericht Nr. 32 30. März 2020

Onlinehandel: Warum Corona Amazon weiter stärkt

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Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Der Handel mit Waren über das Internet boomt. Die aktuellen Einschränkungen des stationären Handels aufgrund der Corona-Krise befördern dies weiter. Davon profitieren vor allem die großen Händler und Handelsplattformen, allen voran Amazon, die deutlich gestärkt aus der Krise kommen dürften.

Die Corona-Pandemie führt zu tiefgreifenden Einschnitten für Konsumenten in Deutschland: Geschäfte des stationären Handels sind in weiten Teilen des Landes geschlossen, mit Ausnahme von Supermärkten und anderen ausgesuchten Geschäften. Dennoch haben die Konsumenten weiterhin Bedarfe, die es zu decken gilt: Kinder, die nicht in die Schule oder den Kindergarten gehen, müssen beschäftigt, Freizeit und Arbeit zu Hause zum Teil neugestaltet und kaputte Gegenstände im Haushalt ersetzt werden. Es bleibt für diese Käufe oft der Onlinehandel (Engels/Rusche, 2020).

Platzhirsch unter den Onlinehändlern in Deutschland, wie auch in vielen anderen europäischen Ländern (Gorilla Group, 2019), ist Amazon (siehe Abbildung). In den USA strebt das Unternehmen aufgrund der Corona-Krise die Einstellung von 100.000 neuen Beschäftigten in Lager und Logistik an (Mattioli, 2020). Auch in Deutschland sprechen einige Gründe dafür, dass Amazon von der Pandemie profitieren kann:

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  • Bekanntheitsgrad von Amazon: www.amazon.de ist die Internetseite mit den mit großem Abstand höchsten Umsätzen aller Onlinehändler: 2018 setzte die Seite Waren im Wert von mehr als 9 Milliarden Euro um. Das war mehr als dreimal so viel wie der zweitgrößte Onlinehändler, www.otto.de. Die Menschen in Deutschland kennen Amazon also. In einer Umfrage im Jahr 2019 gaben 82 Prozent der zwischen 18- und 64-jährigen Befragten an, in den letzten 12 Monaten etwas bei Amazon gekauft zu haben (Statista, 2019). Das Bereitschaft der Menschen, diesem Onlinehändler zu vertrauen, war also auch vor der Krise schon groß. Es ist daher davon auszugehen, dass auch während der Krise Amazon für Käufe gewählt wird und sich zudem auch Menschen für den Onlinehändler entscheiden, die zuvor nicht oder kaum online bestellt haben.
  • Breite des Sortiments von Amazon: Amazon ist ein Full Liner mit einer sehr breiten Produktpalette, die sehr viele unterschiedliche Bereiche abdeckt, von Büchern über Kleidung und Elektro bis zu Lebensmitteln. Neben Massenprodukten, die viele Käufer ansprechen, können Konsumenten aufgrund der integrierten Plattform, auf der einzelne Händler ihre Waren anbieten, auch Nischenprodukte bestellen. Die Bedarfe der deutschen Konsumenten während der Corona-Krise dürften je nach persönlicher Situation und den tatsächlichen Einschränkungen sehr unterschiedlich sein. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Amazon aufgrund der Breite seines Sortiments in der Lage ist, viele verschiedene Bedarfe der Konsumenten zu decken, also ein One-Stop-Shop ist. In der bei Amazon vorhandenen Intensität trifft dies auf wenige andere Onlinehändler zu. Dazu kommt, dass über Amazon Prime neben einer schnelleren und kostenfreien Lieferung auch ein Audio- und Video-Streaming-Dienst angeschlossen ist. Auch dieser dürfte für viele Neukunden derzeit von Interesse sein, weil viel Zeit zu Hause verbracht werden muss. Neue Kunden des Streaming-Dienstes von Amazon sind möglicherweise dann auch Kunden des Onlinehändlers oder umgekehrt.
  • Liefersicherheit von Amazon: Aufgrund seiner Größe – die mit zahlreichen Lagern und sogar einem eigenen Logistikdienstleister verbunden ist – könnte Amazon zudem möglicherweise in Zeiten von Corona eine größere Liefersicherheit bieten als andere Onlinehändler. In den Logistikzentren des Unternehmens in Deutschland arbeiten mehr als 12.000 Beschäftigte (Amazon, 2018). Möglicherweise können aufgrund dieser Größe krankheitsbedingte Ausfälle besser kompensiert werden als bei einem kleinen Onlinehändler, der von nichtexklusiven Logistikunternehmen abhängig ist, und die Wahrscheinlichkeit von personellen oder Lieferengpässen ist geringer. Generell ist die Logistik jedoch als Flaschenhals des Onlinehandels zu verstehen (Engels/Rusche, 2019).

Es ist jedoch kein Selbstläufer, dass Amazon während der Corona-Krise profitiert: Denkbar ist auch, dass Konsumenten die kleinen, stationären Händler bei sich vor Ort unterstützen möchten, die während der Pandemie schließen müssen und bewusst bei diesen Produkte bestellen. Auch die Diskussionen um den Umgang von Amazon mit Daten (Demary et al., 2019) und Beschäftigten (z. B. Freiwah, 2019) könnten einen Einfluss auf die Wahl der Konsumenten haben, wo sie nun online bestellen.

Amazon hat bereits erhebliche Marktmacht (Demary et al., 2019). Sollte sich diese im Zuge der Corona-Krise tatsächlich ausbauen, gilt es umso mehr, die konsequente Anwendung des bestehenden Wettbewerbsrechts im Auge zu behalten, damit ein fairer Wettbewerb mit kleineren Onlinehändlern gewährleistet ist.

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