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Hubertus Bardt / Michael Hüther IW-Kurzbericht Nr. 2 13. Januar 2021 Corona-Hilfen: Schleppende Auszahlung

Die Bundesregierung hat im letzten Jahr umfangreiche Hilfsprogramme aufgesetzt, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzumildern. Neben dem Kurzarbeitergeld wurden vor allem Mittel für Unternehmen bereitgestellt, um die Einkommens- und damit verbundene Liquiditätsverluste zu mindern, die durch die verschiedenen Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie entstanden sind. Zwar wurden die Rettungsprogramme schnell angekündigt und eingerichtet, die Auszahlungen verlaufen aber nur schleppend.

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Schleppende Auszahlung
Hubertus Bardt / Michael Hüther IW-Kurzbericht Nr. 2 13. Januar 2021

Corona-Hilfen: Schleppende Auszahlung

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Bundesregierung hat im letzten Jahr umfangreiche Hilfsprogramme aufgesetzt, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzumildern. Neben dem Kurzarbeitergeld wurden vor allem Mittel für Unternehmen bereitgestellt, um die Einkommens- und damit verbundene Liquiditätsverluste zu mindern, die durch die verschiedenen Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie entstanden sind. Zwar wurden die Rettungsprogramme schnell angekündigt und eingerichtet, die Auszahlungen verlaufen aber nur schleppend.

Die Corona-Krise war ein Schock für viele Unternehmen. Der erste Lockdown ab Mitte März 2020 wirkte als symmetrischer Schock auf die Volkswirtschaft; vielen Firmen war die Geschäftsgrundlage entzogen. Zwar konnten einige Unternehmen in wenigen Branchen von zusätzlicher Nachfrage profitieren und andere konnten mit überschaubaren innerbetrieblichen Anpassungen ihre Geschäftstätigkeit auf weitgehend normalem Niveau fortsetzen. In weiten Bereichen der Wirtschaft kam es jedoch zu erheblichen Einbrüchen. Teilweise war die Wahrnehmung der Tätigkeiten untersagt, teilweise kam es zu Schwierigkeiten in der Lieferkette, teilweise war die Nachfrage weggefallen. So sank beispielsweise die Produktion im Fahrzeugbau zwischen Februar und April um 74 Prozent, die Autoindustrie stand praktisch still. Im gesamten Verarbeitenden Gewerbe lag der Rückgang bei 29 Prozent. Der Umsatz der Gastronomie ging dramatisch um 69 Prozent zurück, im Beherbergungsgewerbe waren es sogar -87 Prozent.

Der zweite Lockdown wirkt asymmetrisch auf die Wirtschaftsbranchen und führt für viele Unternehmen zu existenzbedrohenden Problemen. Während die Industrie zwar bisher nicht besonders beeinträchtigt zu sein scheint, weil sie von der Wiederbelebung vieler Volkswirtschaften – allen voran Chinas – profitiert, sind Branchen des Konsums praktisch stillgelegt: Hotels und Gaststätten haben geschlossen, alle Veranstaltungsbranchen sind stillgelegt, wichtige Teile des stationären Handels dürfen nicht öffnen, der Flugverkehr ist auf ein Minimum reduziert.

Die Bundesregierung und die Landesregierungen haben früh und schnell erkannt, dass massive Unterstützungen für die betroffenen Unternehmen notwendig sind, um die Existenz der Firmen zu retten. Am wirksamsten war die Kurzarbeitergeldlösung, für die im Jahr 2020 direkt rund 22 Milliarden Euro aufgewendet wurden; das Instrument ist für größere Unternehmen einfach und schnell zu nutzen. Bereits im März wurde vom Bund eine Soforthilfe als Betriebskostenzuschuss für Kleinunternehmen im Gesamtvolumen von bis zu 50 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Die verschiedenen Überbrückungshilfen sowie die November- und Dezemberhilfe zur Existenzsicherung im zweiten Lockdown versprachen ebenfalls ausreichende Hilfen.

Die Ankündigung dieser umfangreichen Mittel hatte für sich bereits einen stabilisierenden Effekt. Die Aussichten auf die Fortführung der Unternehmen und die gleichzeitige Liquiditätssicherung und Kostenübernahme haben dazu beigetragen, dass Geschäftsbeziehungen weitergeführt und Pleiten verhindert werden konnten. Der Anstieg der Insolvenzen im Dezember 2020 ist hingegen ein deutliches Warnsignal.

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Trotz der umfangreichen Ankündigungen sind die Mittel zur Existenzsicherung vieler Firmen bisher enttäuschend langsam abgeflossen. Während von den ursprünglich geplanten 50 Milliarden Euro für die Soforthilfen im letzten Nachtragshaushalt nur noch 18 Milliarden vorgesehen waren, sind davon nur 13,7 Milliarden Euro oder 76 Prozent ausgezahlt worden. Für die Überbrückungshilfen I und II standen zwar 24,6 Milliarden Euro zur Verfügung, zusammen sind lediglich 2,1 Milliarden Euro oder 8 Prozent ausgezahlt worden. Insgesamt standen im Bundeshaushalt 2020 42,6 Milliarden Euro zur Verfügung, von denen 15,8 Milliarden Euro oder 37 Prozent ausgezahlt wurden – weit weniger als die angekündigten 50 Milliarden.

Für 2021 sind 39,5 Milliarden Euro für Corona-Unternehmenshilfen im Haushalt eingestellt, von denen 1,5 Milliarden ausgezahlt wurden. Dies wird durch die Bearbeitung der Anträge auf die November- und Dezemberhilfen noch deutlich ansteigen. Dass die Sicherungsmittel für November erst im neuen Jahr ausgezahlt werden, erschwert die Liquiditätssicherung der bedrohten Unternehmen. Zusätzlich zu den bestehenden Programmen stehen weitere 35 Milliarden Euro als Mehrausgaben für Corona-Folgen zur Verfügung. Auch hier ist also ein Puffer für weitere Unterstützungsleistungen vorhanden. Diese Möglichkeiten müssen aber auch durch Auszahlungen umgesetzt werden, wenn sie liquiditätssichernd sein sollen.

Auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds wird bisher kaum genutzt. Gerade einmal 7,8 Milliarden Euro für Rekapitalisierungsmaßnahmen sind verausgabt worden. Insgesamt stehen in dem Fonds jedoch 500 Milliarden Euro zur Verfügung. Zusätzliche 100 Milliarden Euro können zur Refinanzierung der KfW-Sonderprogramme eingesetzt werden. Bisher wurden im Rahmen dieser Programme 45,7 Milliarden Euro an Unternehmen ausgezahlt. Zusätzlich wurden von Bund und Bürgschaftsbanken Bürgschaften in Höhe von 45,7 Milliarden Euro ausgezahlt. Unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten ist es positiv zu bewerten, dass es nur in sehr begrenzten Fällen zum Einstieg des Staates in Unternehmen kommen musste.

Der langsame Mittelabfluss bei den Zuschüssen riskiert jedoch die erwünschte Wirkung. Dies kann grundsätzlich nur daran liegen, dass entweder der Bedarf tatsächlich nicht besteht – was angesichts der Umsatzeinbrüche unplausibel ist – oder die Hilfen zu bürokratisch sind und schlecht administriert werden. Wenn die Mittel zur Rettung der Unternehmen zu spät kommen, drohen genau die Zusammenbrüche, die es in der Krise zu verhindern gilt. Und es droht eine Spaltung der Volkswirtschaft in eine robuste Industrie und einen existenzbedrohten Mittelstand in den stark betroffenen Konsumbereichen. Eine glaubwürdige Hilfe muss nicht nur zielgerichtet und ausreichend umfangreich, sondern auch rechtzeitig erfolgen. Ansonsten überzeugt die Aussage nicht, man können fiskalisch den Lockdown lange durchhalten.

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Hubertus Bardt / Michael Hüther IW-Kurzbericht Nr. 2 13. Januar 2021

Hubertus Bardt / Michael Hüther: Corona-Hilfen – Bürokratie und Verzögerung gefährdet Wirksamkeit

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