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Christiane Flüter-Hoffmann / Patricia Traub IW-Report Nr. 10 31. Januar 2023 Menschen mit Behinderungen im Homeoffice – Erleichterung für die Inklusion?

Die COVID-19-Pandemie hat für ein „soziales Massen-Experiment der Telearbeit“ gesorgt, wie eine OECD-Studie es formulierte. Denn die Anteile der Erwerbstätigen, die von zuhause arbeiten, stiegen weltweit rapide an.

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Menschen mit Behinderungen im Homeoffice – Erleichterung für die Inklusion?
Christiane Flüter-Hoffmann / Patricia Traub IW-Report Nr. 10 31. Januar 2023

Menschen mit Behinderungen im Homeoffice – Erleichterung für die Inklusion?

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die COVID-19-Pandemie hat für ein „soziales Massen-Experiment der Telearbeit“ gesorgt, wie eine OECD-Studie es formulierte. Denn die Anteile der Erwerbstätigen, die von zuhause arbeiten, stiegen weltweit rapide an.

Auch die Anteile der Menschen mit Behinderungen stiegen an, allerdings nicht so stark wie bei den Erwerbstätigen ohne Behinderungen:

  • Waren beispielsweise in Deutschland vor der Pandemie im Jahr 2019 nur 12,9 Prozent aller Erwerbstätigen im Homeoffice, so stieg der Anteil im ersten Pandemiejahr 2020 um 8 Prozentpunkte auf 20,9 Prozent.
  • Auch bei den Erwerbstätigen mit einer anerkannten Behinderung gab es einen Sprung. Allerdings betrug dieser nur 7 Prozentpunkte, und die Werte lagen auf einem niedrigeren Niveau: 9,4 Prozent im Jahr 2019 und 16,5 Prozent im Jahr 2020.

Grund für den schwächeren Anstieg der Werte ist vor allem die im Durchschnitt geringere Eignung der Berufe oder Tätigkeiten der Beschäftigten mit Behinderungen für das Homeoffice: Im OECD-Durchschnitt eigneten sich im Jahr 2019 nur 34 Prozent aller Berufe von Beschäftigten mit Behinderungen für das Homeoffice, aber 39 Prozent der Berufe von Beschäftigten ohne Behinderungen.

Für mobilitätseingeschränkte Menschen, aber auch für andere Menschen mit Behinderungen ist das Angebot des Homeoffice vielfach die Voraussetzung, um überhaupt arbeiten zu können. Denn die Arbeit wird insofern erleichtert, als dass der Arbeitsweg teilweise wegfällt, die Arbeitszeit und die Pausen flexibler gestaltet werden können und zum Beispiel die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Therapien oder individuellen Terminen zwischendurch gegeben ist. Wichtig sind gleichermaßen für Beschäftigte mit und ohne Behinderungen die empirisch belegten Erfolgsfaktoren für gelingendes Homeoffice: Informationsfluss, Führungsqualität, technische Ausstattung, Ergonomie und Raumumgebungsqualität sowie digitale Kompetenz der Beschäftigten selbst.

Risiken im Homeoffice wie soziale Isolation durch den fehlenden persönlichen Kontakt zu Teammitgliedern und Vorgesetzten scheinen für Menschen mit Behinderungen eine große Belastung zu sein. Daher könnten eine echte Alternative zum Büroarbeitsplatz und zum Homeoffice die sogenannten „Third places“ („Dritte Orte“) sein, also soziale Begegnungsstätten wie Bibliotheken oder Gemeindezentren außerhalb der familiären und der beruflichen Umgebung, die aber als Arbeitsort genutzt werden (vgl. Kap. 3.6). Diese Dritten Orte wären für Menschen mit Behinderungen insofern besonders hilfreich, weil dadurch einerseits das Pendeln reduziert würde, andererseits der soziale Austausch mit anderen Personen stattfinden kann.

Bedenkt man, dass in den meisten OECD-Ländern etwa 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter Behinderungen haben, so wäre es ein großer Gewinn, solche Rahmenbedingungen zu schaffen, mit denen Homeoffice Barrieren überwinden und zur Brücke in Beschäftigung werden kann. Damit könnte die Arbeit im Homeoffice tatsächlich erfolgreich zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der Arbeitswelt beitragen.

Der vorliegende Bericht stellt die Situation in Deutschland derjenigen in einigen ausgewählten angelsächsischen Ländern gegenüber, die teilweise auf eine lange Forschungstradition zu Inklusion und beruflicher Teilhabe zurückschauen können wie die USA und Kanada. Der Blick ins Ausland kann häufig neue Perspektiven eröffnen und innovative Impulse für die Arbeitsleben liefern.

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Christiane Flüter-Hoffmann / Patricia Traub IW-Report Nr. 10 31. Januar 2023

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