10 Jahre lang war die Mietentwicklung von Gewerbeimmobilien nahezu eindeutig – die Mieten stiegen. Wie die Daten des GIMX (Gewerbeimmobilienindex von Scout24 und IW) zeigen, könnte 2019 eine Trendwende einleiten. Zwar gab es auch 2019 noch einige Städte mit deutlichen Mietanstiegen, aber es gibt eben auch Standorte mit weniger dynamischen Entwicklungen und sogar Rückgängen. Angesichts der konjunkturellen Unsicherheiten könnten sich die Gewerbeimmobilienmieten künftig wieder volatiler entwickeln.
In Berlin steigen die Büromieten am schnellsten
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
10 Jahre lang war die Mietentwicklung von Gewerbeimmobilien nahezu eindeutig – die Mieten stiegen. Wie die Daten des GIMX (Gewerbeimmobilienindex von Scout24 und IW) zeigen, könnte 2019 eine Trendwende einleiten. Zwar gab es auch 2019 noch einige Städte mit deutlichen Mietanstiegen, aber es gibt eben auch Standorte mit weniger dynamischen Entwicklungen und sogar Rückgängen. Angesichts der konjunkturellen Unsicherheiten könnten sich die Gewerbeimmobilienmieten künftig wieder volatiler entwickeln.
Der deutsche Gewerbeimmobilienmarkt hat in den letzten Jahren sehr von der guten Arbeitsmarktentwicklung und konjunkturellen Lage profitiert. Seit 2010 ist die Zahl der Erwerbstätigen um über 4,5 Millionen Menschen gewachsen. Von diesem Arbeitsplatzaufbau hat vor allem der Büromarkt profitiert, aber auch der Einzelhandelsmarkt. Zwar macht der Online-Handel dem stationären Handel Marktanteile streitig, aber ein bedeutender Teil des Einkommenszuwachses wird nach wie vor vor Ort ausgegeben. Von den steigenden Einzelhandelsumsätzen können auch die Vermieter von Einzelhandelsflächen profitieren (vgl. Seipelt/Voigtländer, 2015). Nun kühlt sich die Lage ab, zuletzt stieg das BIP nur um 0,6 Prozent, und auch die Beschäftigtenentwicklung ist nicht mehr so dynamisch. Allerdings trifft die Eintrübung die verschiedenen Standorte zunächst in unterschiedlicher Weise. Gerade Großstädte mit einem hohen Industrieanteil – auch im Umland – sind besonders betroffen, Standorte mit einem hohen Dienstleistungsanteil dagegen weniger.
Entsprechend differenziert entwickelten sich im Jahr 2019 die Gewerbemieten, wobei die Mieten nicht nur von Konjunktur und Arbeitsmarkt abhängen, sondern auch von immobilienspezifischen Entwicklungen wie etwa der Bautätigkeit. Von den zwölf betrachteten Standorten weisen nur noch vier deutliche Mietanstiege sowohl bei Büro- als auch Einzelhandelsobjekten auf.
Berlin verzeichnete in den letzten Jahren die stärksten Mietpreisanstiege (jährlich 7,1 % Büro, und 5,0 % Einzelhandel) und die Dynamik verstärkte sich 2019 sogar noch (9,7 % Büro, 6,7 % Einzelhandel). Anders als in anderen Städten gibt es hier auch in der zweiten Jahreshälfte 2019 kein Anzeichen für eine Abschwächung. Damit koppelt sich die Entwicklung der Gewerbeimmobilien in Berlin vom Wohnungsmarkt ab, denn zuletzt stagnierten die Wohnungsmieten in der Bundeshauptstadt. Auch in Köln sind die Gewerbeimmobilien in den letzten zehn Jahren kontinuierlich um durchschnittlich 2 bis 3 Prozent gestiegen. 2019 hat sich die Dynamik mit 8,3 (Büro) und 4,1 Prozent (Einzelhandel) deutlich verstärkt – ebenfalls ohne Anzeichen einer Abschwächung in der zweiten Jahreshälfte. In München, mit dem höchsten Mietniveau der Republik, sind die Mieten 2019 um etwa 3,5 Prozent gestiegen – in der zweiten Jahreshälfte zeichnete sich jedoch eine Abschwächung bei den Büromieten ab. Etwas überraschend ist die Entwicklung in Dortmund, dort legten sowohl die Mieten für Büros (4,5 Prozent) als auch im Einzelhandel (5,8 Prozent) zu. Zum Vergleich: In den letzten zehn Jahren stiegen die Gewerbemieten in Dortmund durchschnittlich nur um 1 Prozent (Einzelhandel) bis 2 Prozent (Büro). Die Halbjahresentwicklung der Teilmärkte könnte jedoch unterschiedlicher nicht sein, denn während der Anstieg der Büromieten in Dortmund im zweiten Halbjahr deutlich stärker war, schwächte sich die Entwicklung im Einzelhandel in der zweiten Jahreshälfte etwas ab.
In Frankfurt und Leipzig gab es mit -6,6 und -5,6 Prozent deutliche Preiskorrekturen bei angebotenen Einzelhandelsobjekten, die jeweils in der zweiten Jahreshälfte ausgeprägter waren. Während in Frankfurt die Büromieten nahezu stagnierten (auf sehr hohem Niveau), stiegen diese in Leipzig mit 5,1 Prozent deutlich an – jedoch mit Abschwächung in der zweiten Jahreshälfte. Auch in Stuttgart (7,2 Prozent) und Hamburg (6,4 Prozent) gab es noch deutliche Mietsteigerungen bei Büros, allerdings lagen die Mietsteigerungen bei Einzelhandelsobjekten unterhalb der Inflationsrate. Im Segment Einzelhandel gab es die größten Zuwächse in Hannover mit 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – aufgrund der kleineren Datenbasis sind in Städten wie Hannover, Dresden oder Essen die Preisindizes etwas volatiler.
Zur Bestimmung der Mietpreisveränderungen wird ein hedonisches Verfahren verwendet, um lage- und qualitätsbedingte Veränderungen herauszurechnen. Ein Blick auf die Entwicklung der angebotenen Durchschnittsmieten und der qualitätsbereinigten (hedonischen) Mieten ist daher besonders aufschlussreich, um Veränderungen in der Zusammensetzung der inserierten Objekte aufzuzeigen. Die Ergebnisse zeigen, dass Qualitätsveränderungen vor allem in Berlin, München, Stuttgart und Frankfurt zu berücksichtigen sind. In Berlin sind die Durchschnittsmieten für Büroobjekte in den Jahren 2009 bis 2019 von 9,50 auf 20,50 Euro gestiegen, die qualitätsbereinigten hedonischen Mieten für ein neugebautes Musterbüro dagegen von 13,50 Euro im Jahr 2009 auf 29,00 Euro im Jahr 2019. Das heißt, in Berlin zeigt sich die Knappheit der Büros nicht nur in steigenden Mieten, sondern auch im zunehmenden Angebot von Büroräumen mit schlechteren Qualitäts- und Lageeigenschaften (etwa längere Wege zur Bahn, Autobahn oder zum Stadtzentrum, ein älteres Gebäude oder schlechtere Ausstattung etc.).
Insgesamt haben sich die Mietpreise in den betrachteten Standorten in den letzten Jahren sowohl im Büro als auch im Einzelhandelsmarkt stärker auseinanderentwickelt. Noch im zweiten Halbjahr 2010 lag die Standardabweichung als Maß für die Streuung der Büromieten bei 3,70 Euro, im zweiten Halbjahr 2019 waren es dagegen über 6,20 Euro. Im Einzelhandelsmarkt sind die entsprechenden Werte von 4,30 Euro (zweites Halbjahr 2010) auf über 6,40 Euro gestiegen. Gerade die größten Großstädte haben durchschnittlich deutlich stärker zugelegt als die kleinere Standorte, was die These bestätigen könnte, dass sich wirtschaftliche Aktivität zunehmend auf einige Ballungsräume konzentriert (vgl. Moretti, 2013), wenngleich Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Ländern deutlich dezentraler organisiert ist.
Der GIMX ist ein Gemeinschaftsprojekt von Scout24 und dem Institut der deutschen Wirtschaft. Der GIMX Index basiert auf dem methodischen Vorgehen von Deschermeier et al. (2014) und zeichnet die Preisentwicklung unter Anwendung der hedonischen Methode nach, die sich als gängiger Standard der Immobilienpreisbeobachtung etabliert hat. Dabei werden mittels Regressionsverfahren qualitätsbedingte Preisveränderungen ausgeschlossen. In diesem Jahr wurde das hedonische Preismodell des GIMX erstmals in Form des räumlich-ökonometrischen Spatial Durbin Error Modells (SDEM) geschätzt. Im SDEM werden neben individuellen Objekteigenschaften auch die durchschnittlichen Objekt- und Lageeigenschaften von benachbarten Gewerbeimmobilien, und der durchschnittliche Prognosefehler bei benachbarten Gewerbeobjekten, berücksichtigt. Die Nachbarschaft wurde jeweils über die fünf nächsten Nachbarobjekte gebildet. Das SDEM wird den spezifischen Anforderungen an die kleinteiligen räumlichen Nachbarschafts- und Lageeffekte auf den Immobilienmärkten besser gerecht als die übliche Kleinste-Quadrate (KQ) Schätzung. Eine ausführliche Diskussion zur Vorteilhaftigkeit des SDEM findet sich in (Lerbs/Oberst, 2014) und in Henger et al. (2019). Ein Methodenvergleich zeigt übereinstimmende Ergebnisse für die langfristige Perspektive (durchschnittliche Wachstumsrate 2009-19) und eine relevante Differenzierung in der kurzen Jahres- bzw. Halbjahresperspektive, da hier von einer größeren Heterogenität der einzelnen Lageeigenschaften auszugehen ist, die sich erst in der längeren Frist ausgleicht. Datengrundlage für die Analyse sind inserierte Gewerbeobjekte, wodurch im GIMX im Vergleich zu anderen Datenangeboten auch der kleinteiligere Gewerbeimmobilienmarkt Berücksichtigung findet.
In Berlin steigen die Büromieten am schnellsten
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Generation Miete – und wie sich dies ändern ließe
Deutschland gilt schon seit langem als Mieternation. Die neuen Zensus Daten unterstreichen, dass sich dieser Trend fortgesetzt hat, trotz lange sehr niedriger Zinsen. Über die Gründe und ob sich der Trend drehen lässt, diskutieren IW-Immobilienexperte Michael ...
IW
Aktuelle Ergebnisse des IW-Wohnungsbedarfsmodells: Zunehmende Marktanspannung in vielen Großstädten
Die Bedarfe an neuen Wohnungen und Häusern sind in vielen Städten und Gemeinden sehr hoch und werden nicht durch ein ausreichendes Wohnungsangebot gedeckt. Insgesamt werden im Zeitraum 2021 bis 2025 jedes Jahr 372.600 neue Wohnungen benötigt.
IW