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Armin Mertens / Christian Rusche IW-Kurzbericht Nr. 38 18. Juni 2021 Corona: Wie sehr trifft es die DAX-Unternehmen?

Die Corona-Pandemie hat nahezu die gesamte Gesellschaft getroffen. Auch die Wirtschaft wurde erheblich beeinträchtigt. Einerseits mussten einzelne Bereiche mit Schließungen und fragilen Lieferketten kämpfen, während andere Unternehmen profitieren konnten. Für eine tiefergehende Analyse der Auswirkungen auf Unternehmen werden die Geschäftsberichte des Jahres 2020 der 30 DAX-Unternehmen eingehend untersucht.

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Wie sehr trifft es die DAX-Unternehmen?
Armin Mertens / Christian Rusche IW-Kurzbericht Nr. 38 18. Juni 2021

Corona: Wie sehr trifft es die DAX-Unternehmen?

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Corona-Pandemie hat nahezu die gesamte Gesellschaft getroffen. Auch die Wirtschaft wurde erheblich beeinträchtigt. Einerseits mussten einzelne Bereiche mit Schließungen und fragilen Lieferketten kämpfen, während andere Unternehmen profitieren konnten. Für eine tiefergehende Analyse der Auswirkungen auf Unternehmen werden die Geschäftsberichte des Jahres 2020 der 30 DAX-Unternehmen eingehend untersucht.

Aus wirtschaftlicher Perspektive begann die Corona-Pandemie als symmetrischer Schock für nahezu alle Wirtschaftsbereiche. Betriebsschließungen, Grenzschließungen und unterbrochene Lieferketten führten überall zu Einschränkungen (Bardt/Hüther, 2020). Im Laufe der Pandemie hat sich dieses Bild gewandelt, da nur noch Teilbereiche wie Gastronomie, Einzelhandel und Veranstaltungen von weitgehenden Einschränkungen betroffen waren. Auf der anderen Seite waren beispielsweise das Baugewerbe und die Finanzbranche kaum betroffen (Grömling, 2021).

Für eine nähere Analyse der Wirkungen der Pandemie bis auf Unternehmensebene werden die 30 Unternehmen im bedeutendsten deutschen Börsenindex DAX analysiert. Diese Unternehmen bilden die Zusammensetzung der deutschen Volkswirtschaft nicht 1:1 ab. Dennoch haben sie aufgrund ihrer Größe und ihrer Einbindung in die deutsche Volkswirtschaft sowie in die Weltwirtschaft als Ganzes eine herausragende Rolle sowie Vorbildfunktion (Kilian/Hennings, 2011). Diese 30 Unternehmen bieten aus analytischer Sicht den Vorteil, dass sie aufgrund der Börsennotierung ausführlich über ihre Geschäfte, die wirtschaftliche Gesamtsituation sowie Herausforderungen und Chancen ihres Geschäfts berichten müssen. Dadurch wird ein tiefer Einblick in das Unternehmen und die Gesamtsituation der Wirtschaft ermöglicht.

Konkret werden für die Untersuchung die 30 DAX-Unternehmen zum Mai 2021 herangezogen (vgl. finanzen.net, 2021). Die Analyse der Auswirkungen an sich beruht auf zwei Säulen. Einerseits werden die Volltexte der Geschäftsberichte des Jahres 2020 der Unternehmen verwendet und diese automatisch nach Wörtern untersucht, die auf die Corona-Pandemie hindeuten (hier Corona-Begriffe genannt; Abbildung). Die zweite Säule basiert auf einer Auswertung der Entwicklung bei wichtigen Unternehmenskennzahlen.

Interessant bei der ersten Säule ist, wie oft entsprechende Wörter vorkommen und wie hoch ihr Anteil an allen Wörtern im jeweiligen Geschäftsbericht 2020 ist. In der Abbildung sind die Werte für die jeweiligen Unternehmen dargestellt. Wenig überraschend dürfte sein, dass der Gesundheitskonzern Fresenius SE, der auch Krankenhäuser betreibt, mit 287 Nennungen am häufigsten entsprechende Begriffe verwendet und mit einem Anteil von 0,16 Prozent auch relativ die meisten Nennungen aufweist. Ebenfalls oft genannt wurden Corona-Begriffe in den Geschäftsberichten der Volkswagen AG (225 Nennungen) und der Deutschen Bank AG (211). Bei den absoluten Nennungen belegen diese beiden Unternehmen den zweiten beziehungsweise dritten Platz. Beim relativen Anteil an Corona-Begriffen an allen Wörtern im Geschäftsbericht kommen die Merck KGaA und die Adidas AG mit einem Anteil von rund 0,15 beziehungsweise 0,14 Prozent auf die Plätze 2 und 3.

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Im Geschäftsjahr 2020 steigerte die Merck KGaA den Umsatz laut Zahlen im Geschäftsbericht um rund 8,5 Prozent, während der Umsatz der Adidas AG um rund 16 Prozent sank. Diese Umsatzzahlen legen nahe, dass die absolute und relative Häufigkeit der Nennungen keinen Rückschluss auf die Geschäftsentwicklung zulässt. Dies wird auch an den Unternehmen deutlich, die bei der Nennung von Corona-Begriffen auf den hinteren Plätzen landen. Denn mit der Siemens Energy AG auf dem drittletzten Platz (44 Nennungen und einem Anteil von 0,05 Prozent) befindet sich ein Unternehmen, das durch ein ungünstiges gesamtwirtschaftliches Umfeld negativ betroffen war (Siemens Energy AG, 2021, 18). Knapp hinter der Siemens Energy AG kommt mit 28 Nennungen und einem Anteil von 0,03 Prozent die Deutsche Post AG, welche in der Krise sogar eine positive Geschäftsentwicklung verzeichnet hat (Deutsche Post AG, 2020).

Um einen Einblick in den generellen Zusammenhang zwischen der relativen Bedeutung von Corona-Begriffen und der Geschäftsentwicklung der Unternehmen zu erhalten, wurde der Korrelationskoeffizient zwischen der relativen Bedeutung und jeweils der Umsatzentwicklung, der Entwicklung der Mitarbeiterzahl, der Entwicklung des Überschusses sowie des Ergebnisses pro Anteilsschein im Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr 2019 untersucht. Ein Korrelationskoeffizient von -1 legt nahe, dass mit einer hohen Bedeutung von Corona im Geschäftsbericht tendenziell eine negative Entwicklung der Geschäfte einhergeht. Ein Wert von 0 besagt, dass kein Zusammenhang besteht und +1 induziert, dass beide Variablen in die gleiche Richtung wirken. Die Analyse zeigt, dass die relative Bedeutung von Corona-Begriffen keinen nennenswerten Zusammenhang mit allen getesteten Unternehmenskennzahlen aufweist. Im Falle des Umsatzes und der Entwicklung der Mitarbeiter liegt der Korrelationskoeffizient jeweils bei rund -0,1. Somit wurde bei Unternehmen, bei denen die Mitarbeiterzahl und der Umsatz zurückgegangen sind, die Pandemie tendenziell auch relativ umfänglich thematisiert. Beim Gewinn pro Aktie und dem Jahresüberschuss konnte jeweils ein Koeffizient von rund 0,2 berechnet werden und folglich eine höhere Bedeutung von Corona-Begriffen im Geschäftsbericht sowie ein höheres Ergebnis zusammen eintreten. Diese vier genannten Zusammenhänge sind jedoch sehr schwach ausgeprägt und zum Teil nur auf wenige Unternehmen zurückzuführen. Folglich können keine allgemeinen Aussagen abgeleitet werden.

Aus der Entwicklung der Unternehmenskennzahl lassen sich jedoch allgemeine Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Entwicklung gewinnen. Im Jahr 2020 konnten 13 Unternehmen den Umsatz steigern, während 17 eine negative Entwicklung hinnehmen mussten. Beim Ergebnis je Aktie war die Entwicklung bei elf Unternehmen positiv, einem unverändert und 18 negativ. Beim Betriebsergebnis konnten 2020 zehn Unternehmen zulegen, während 20 einen Rückgang verzeichneten. Trotz diesem Übergewicht an Verringerungen haben 2020 lediglich 16 Unternehmen die Anzahl an Mitarbeitern verringert und 14 sogar erhöht. Insgesamt ist die weltweite Beschäftigung bei DAX-Unternehmen 2020 sogar um rund 29.000 gestiegen.

Fazit

An der Betrachtung der Nennungen von Corona-Begriffen wurde deutlich, dass die Pandemie bei allen DAX-Unternehmen 2020 von Bedeutung war. Die Thematisierung lässt jedoch keine Rückschlüsse darauf zu, ob der ökonomische Einfluss auf das jeweilige Unternehmen positiv oder negativ war. In diesem Zusammenhang wird durch die Betrachtung von Unternehmenskennzahlen deutlich, dass sich die Zweiteilung bei der Betroffenheit von Unternehmen durch Corona auch bei den DAX-Unternehmen zeigt. Auf der einen Seite gibt es Unternehmen, die profitieren konnten oder kaum betroffen waren, während es jedoch auch Verlierer der Entwicklung gibt. Die Entwicklung der DAX-Unternehmen spiegelt somit die Asymmetrie des Corona-Schocks auf die gesamte Wirtschaft wider.

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