1. Home
  2. Presse
  3. IW-Nachrichten
  4. Transparenz kann zum Bumerang werden
Zeige Bild in Lightbox Transparenz kann zum Bumerang werden
(© Foto: chungking - Fotolia)
Unternehmensbesteuerung IW-Nachricht 6. Oktober 2015

Transparenz kann zum Bumerang werden

Wenn die Finanzminister der G20-Staaten am Donnerstag in Lima zusammenkommen, wird immer wieder ein Zauberwort fallen: Transparenz. Denn darin sieht die Politik offenbar den Schlüssel für eine faire Besteuerung multinationaler Unternehmen. Die Schattenseiten werden weitgehend ignoriert – und die könnten für Deutschland ein Minusgeschäft bedeuten.

Als ein zentrales Instrument gegen steuerliche Gewinnverlagerung soll das sogenannte „Country-by-Country-Reporting“ eine wichtige Rolle einnehmen. Dannach müssen Unternehmen je Land detaillierte Angaben zu Gewinnen und Steuerzahlungen machen. Nebeneinander gelegt ergeben diese einzelnen Puzzleteile – so der Plan – ein aussagekräftiges Gesamtbild über das globale Agieren eines Konzerns.

Dabei stellt sich die Frage, wer sich dieses Gesamtbild anschauen darf. Darüber diskutieren nicht nur die G20 bei ihrem Treffen in Lima, auch die Europäische Union hatte sich vor kurzem in einer öffentlichen Konsultation ein Meinungsbild dazu eingeholt. Während die eine Seite einen Zugang für alle – sprich für die Öffentlichkeit – fordert, warnt die andere Seite vor zu viel Aktionismus. Denn wenn Konkurrenten und Medien Zugang zu sensiblen Unternehmensdaten gewährt werden sollte, sind eigentliche Geschäftsgeheimnisse plötzlich nicht mehr geheim. Für den Erfolg und damit die Zukunft eines Unternehmens kann das radikale Folgen haben: Wettbewerbsvorteile können verloren gehen, Jobs auf dem Spiel stehen. Diese Informationen sollten daher den Experten in den Steuerbehörden vorbehalten bleiben.

Eine weitere Folge von mehr Transparenz wird noch für reichlich Zündstoff nicht zuletzt zwischen den G20-Ländern sorgen. Denn in Zukunft würden deutsche Steuerbeamte nicht nur Kenntnis davon haben, dass ein Konzern kaum Steuern zahlt. Vielmehr wissen sie umgekehrt auch, wenn ein Unternehmen sehr viele Steuern zahlt. In diesem Fall müsste die deutsche Finanzverwaltung eigene Steueransprüche zurückstellen, da Gewinne sonst doppelt besteuert würden. Oder die Beamten müssten sich mit ihren ausländischen Kollegen auf einen Kompromiss einigen, nach dem jeder einen fairen Anteil an der gesamten Steuerzahlung eines Konzerns erhält. Gerade vor dem Hintergrund der zahlreichen Konzerne und großen Mittelständler mit Sitz in Deutschland könnten aufstrebende G20-Länder wie China oder Indien ein immer größeres Stück des Steuerkuchens für sich reklamieren.

Da sich vor diesem Hintergrund für Deutschland nicht zwangsläufig höhere Steuereinnahmen ergeben, könnte das Vorpreschen zu einem Bumerang werden. Denn zweifelsfrei bedeutet die strengere Regulierung mehr Bürokratie auf Seiten der Unternehmen und der Verwaltung, was den Standort Deutschland deutlich unattraktiver machen könnte. Für die deutsche Volkswirtschaft würde die Rechnung so zu einem Minusgeschäft.

Noch ist es nicht so weit. Auch wenn auf verschiedenen Ebenen – EU, G20, OECD – derzeit das Bestreben groß ist, steuerliche Gewinnverlagerungen einzudämmen, die tatsächliche Umsetzung in nationales Recht wird aber noch für viel Diskussionsstoff sorgen. Denn nicht wenige Länder locken Unternehmen mit Steuervergünstigungen an und profitieren so auf Kosten anderer.

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Schuldenbremse und Investitionsquoten
Martin Beznoska / Tobias Hentze/ Björn Kauder IW-Report Nr. 21 19. April 2024

Stellungnahme für den Vorsitzenden des Finanzausschusses des Landtags Schleswig-Holstein: Schuldenbremse und Investitionsquoten

Angesichts der bestehenden Herausforderungen, insbesondere der Transformation zur Klimaneutralität, erscheinen die bestehenden Grenzwerte der Schuldenbremse als zu eng. Dies gilt umso mehr nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023, in ...

IW

Artikel lesen
Michael Hüther im Handelsblatt Gastbeitrag 5. April 2024

Schuldenbremse: Frische Impulse dank systematischer Steuerreformen

IW-Direktor Michael Hüther plädiert in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt für eine Ordnungspolitik, die endlich auf der Höhe der Zeit ist und neue Impulse für die Wirtschaft setzt. Sein Vorschlag: ein neuer Ausnahmetatbestand.

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880