Deutschland verharrt im Krisenmodus, der Zerfall der Ampel-Koalition macht die die Lage nicht leichter. Eine neue Berechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt: Seit 2020 sind bereits 210 Milliarden Euro an Anlageinvestitionen verloren gegangen – mit weitreichenden Folgen für den künftigen Wohlstand.
Investitionsausfälle: 210 Milliarden Euro fehlen bereits
Deutschland ist in einer bedrohlichen Investitionskrise: Jahr für Jahr investieren deutsche Unternehmen weniger. Dazu kommen die staatlichen Investitionsprobleme. Im Zeitraum 2020 bis einschließlich des ersten Halbjahres 2024 fehlen Investitionen in neue Produktionsanlagen, Maschinen, IT-Ausstattung, Gebäude und Infrastrukturen im Wert von 210 Milliarden Euro, wie IW-Wissenschaftler berechnet haben. Das entspricht mehr als sechs Prozent der gesamten Bruttoanlageinvestitionen in diesem Zeitraum. Etwa 70 Milliarden davon entfallen auf die Pandemie-Jahre 2020 und 2021, weitere 100 Milliarden auf die Jahre 2022 und 2023 – geprägt durch den Ukraine-Krieg und globale Unsicherheiten. Im ersten Halbjahr 2024 kamen weitere 40 Milliarden Euro Investitionsausfälle hinzu. Während sich die Investitionsverluste zunächst auf die Ausrüstungsinvestitionen – etwa für Maschinen, Fahrzeuge oder technische Anlagen – bezogen haben, fallen seit dem Jahr 2022 auch im Bereich Bauen zunehmend Investitionen aus.
Instabilität ist Gift für die Wirtschaft
Insbesondere die geopolitischen Verwerfungen und die hausgemachten politischen Unsicherheiten sowie gestiegenen Kosten lassen die Unternehmen zögern bei ihren Investitionen. Der Ampel ist es in den vergangenen drei Jahren nicht gelungen, die dringend notwendigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Investitionen auf den Weg zu bringen und für Stabilität zu sorgen. Dazu wirkt das Hin und Her nach dem Regierungs-Aus und die Unwägbarkeiten hinsichtlich des Wahlausgangs und einer neuen Regierungsbildung wie Betäubungsmittel auf das ohnehin geschwächte Investitionsklima.
Das hat verheerende Folgen: Fehlende Investitionen belasten nicht nur die Konjunktur, sondern verringern auch den Kapitalstock und damit das Potenzial für das zukünftige Produktions- und Produktivitätswachstum in Deutschland. Besonders kritisch ist dies angesichts der großen Herausforderungen: Der demografische Wandel, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung, aber auch die geopolitischen Sicherheitserfordernisse erfordern ohnehin ein hohes Tempo bei den Investitionen.
Verlässliche Rahmenbedingungen notwendig
„Wenn der Investitionsrückstand nicht schnellstens aufgeholt wird, droht Deutschland international weiter abgehängt zu werden“, warnt IW-Konjunkturchef Michael Grömling. Es brauche eine neue Regierung mit klaren Zielen und verlässlichen Rahmenbedingungen für Investitionen am Standort Deutschland. „Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dies würde die Unternehmen entlasten und ihnen mehr eigenen Finanzierungsspielraum für Investitionen ermöglichen.“
Zur Methodik: Für die vorliegende Schätzung der (preisbereinigten) Investitionsverluste in Deutschland in den vergangenen 18 Quartalen wird der tatsächlichen Wirtschafts- und Investitionsentwicklung ein kontrafaktischer Konjunkturverlauf – jeweils auf Basis preisbereinigter Werte – gegenübergestellt (siehe Grömling, Michael, 2024, Wirtschaftliche Auswirkungen der Krisen in Deutschland, IW-Report, Nr. 11, Köln). Damit wird ein ökonomisches Umfeld angenommen, in dem es die Pandemie, den Krieg in der Ukraine, den Konflikt im Nahen Osten und die damit verbundenen geoökonomischen Anpassungslasten sowie hausgemachte wirtschaftspolitische Unsicherheiten nicht gibt.
Konjunkturampel: Die Konjunkturrisiken haben sich verstärkt
Bundestagswahlen und internationale Konflikte: Die deutsche Konjunktur wird auch nächstes Jahr nicht anziehen, befürchtet IW-Konjunkturexperte Michael Grömling in einem Gastbeitrag für die VDI-Nachrichten.
IW
Intensitäten von Konjunkturkrisen im Vergleich
Die deutsche Wirtschaft stagniert im Jahr 2024 und verharrt mit ihrer Wirtschaftsleistung auf dem Stand des Jahres 2019. Der Außenhandel leidet unter geopolitischen Konflikten und der dadurch gedämpften Weltwirtschaft.
IW