Pünktlich zum Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos ist sie wieder da, die Nachricht von der steigenden Ungleichheit auf der Welt. Die Hilfsorganisation Oxfam prangert wie jedes Jahr die große und angeblich wachsende Vermögensungleichheit an. Doch das Gegenteil ist der Fall, wie ein genauer Blick in die Zahlen zeigt.
Oxfam-Studie: Die Welt macht Fortschritte
Gemessen am sogenannten Gini-Koeffizienten sinkt die weltweite Vermögensungleichheit seit fast zwei Jahrzehnten – die Vermögensunterschiede zwischen den Ländern auf der Welt nehmen ab. Das geht aus dem Global Wealth Report 2019 der Credit Suisse hervor, der auch Grundlage für die Aussagen und Berechnungen von Oxfam ist. So ist der Anteil der unteren 90 Prozent der Weltbevölkerung am Gesamtvermögen von 11,5 Prozent im Jahr 2000 auf 18,3 Prozent im Jahr 2019 gestiegen.
Auch an der obersten Spitze hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Besaßen im Jahr 2016 noch acht Milliardäre so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, waren es im Jahr 2019 bereits 162 Milliardäre. All diese Zahlen sollten uns Mut machen und dennoch aufhorchen lassen: Die Unterschiede zwischen den Regionen dieser Welt sind weiterhin groß. Der Kampf gegen Armut ist noch lange nicht vorbei.
Vor allem das Einkommen spielt eine Rolle
Doch mit dem Ausrufen von Ungleichheitskrisen, wie es Oxfam in diesem Jahr macht, ist den Menschen nicht geholfen. Im Gegenteil: Es entsteht der falsche Eindruck, als gäbe es keinerlei Verbesserungen. Das schürt unnötige Sorgen und spaltet die Gesellschaft. Auch der alleinige Blick auf die Vermögenssituation zur Bezifferung von Armut und Lebenschancen ist unzureichend. Ein überschuldeter Student in den USA dürfte kaum schlechter dastehen als ein mittelloser Bauer in Äthiopien – das Einkommen spielt in der Berechnung von Oxfam nämlich keine Rolle. Ein Blick auf die Entwicklung der extremen Einkommensarmut mithilfe von Daten der Weltbank zeigt, dass sich der Anteil der Menschen mit einem Einkommen von weniger als 1,90 US-Dollar am Tag von rund 26 Prozent im Jahr 2002 auf zuletzt knapp 10 Prozent reduziert hat.
Strukturelle Unterschiede zwischen Männern und Frauen
In diesem Jahr rückt Oxfam die Unterschiede zwischen Männern und Frauen in den Vordergrund. Eine wichtige Diskussion, denn in vielen Entwicklungsländern haben Frauen noch immer nicht die gleichen Rechte wie Männer. Insbesondere der Zugang zu Bildung bleibt ihnen in weiten Teil der Welt immer noch oft verwehrt. Auch in Deutschland gibt es weiterhin strukturelle Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die mit den Problemlagen in Entwicklungsländern aber kaum vergleichbar sind.
Doch diese Unterschiede sind in den vergangenen Jahren ebenfalls geringer geworden, insbesondere ist die Erwerbstätigkeit von Frauen deutlich gestiegen. So liegt die Erwerbstätigenquote von Frauen im Jahr 2017 mit 71,5 Prozent nur noch etwas unterhalb von der der Männer mit 78,9 Prozent. Die Forderung von Oxfam, die öffentliche Betreuungsinfrastruktur in Deutschland auszubauen, ist deswegen sehr wichtig. Bei allen Unterschieden zwischen den Geschlechtern darf am Ende aber auch nicht vergessen werden, dass die allermeisten Paare ihre Entscheidungen über die Erwerbs- und Sorgearbeit gemeinsam treffen. Die formalen Unterschiede auf dem Papier fallen somit in der Realität deutlich geringer aus. So reduziert sich beispielsweise regelmäßig die Ungleichheit in den individuellen Vermögen, wenn statt der individuellen die Haushaltsebene betrachtet wird.
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