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(© Foto: fauk74/iStock)
Jürgen Matthes IW-Nachricht 2. Dezember 2016

Referendum in Italien: Panik unangebracht

Am Sonntag stimmen die Italiener darüber ab, ob sie der vernünftigen und überfälligen Verfassungsreform ihrer Regierung zustimmen oder nicht. Das Referendum gilt auch als Vorentscheid über den Verbleib Italiens in der Europäischen Währungsunion. Doch selbst bei einem „Nein“ zu den Reformen ist ein Euro-Austritt längst nicht ausgemacht.

Obwohl es viele Beobachter anders sehen: Die Bilanz der Regierung von Matteo Renzi kann sich sehen lassen, das Glas ist halbvoll, nicht halbleer. Renzi hat viele Reformen angestoßen, teilweise sind sie bereits komplett umgesetzt. Vor allem mit dem „Jobs Act“ gelang ihm eine international hoch gelobte Arbeitsmarktreform. Weitere Reformen sind geplant, außerdem soll das politische System umgebaut werden, inklusive einer weitgehenden Entmachtung des Senats und der Provinzen. All das würde italienische Regierungen handlungsfähiger machen, ist sinnvoll und zukunftsweisend.

Einen echten Vorwurf kann man Renzis Regierung wohl nur in einer Hinsicht machen: Sie hat zu lange damit gewartet, das geschwächte Bankensystem aufzuräumen. Doch selbst hier ist ein differenziertes Urteil nötig. Denn die Banken haben, anders als etwa die deutsche Konkurrenz, kaum in toxische US-Immobilienwertpapiere investiert. Und anders als ihre Wettbewerber in Spanien, Irland und Griechenland haben die italienischen Geldhäuser mit ihren Krediten keine Immobilienblase mit aufgebläht. Sie haben lediglich italienische Unternehmen finanziert und an diesen Krediten auch dann noch festgehalten, als die italienische Wirtschaft in die lange Krise schlitterte.

Trotzdem könnte die italienische Bevölkerung Renzi und sein Team beim Referendum abstrafen. Doch selbst dann ist nicht alle Hoffnung verloren: Es wird kein Machtvakuum geben, sondern vermutlich eine technokratische Übergangsregierung, die auch die ein oder andere weit gediehene Reform zu Ende bringen könnte, etwa beim Insolvenzrecht oder im Justizsystem. Und selbst bei den dann anstehenden Wahlen ist noch längst nicht sicher, dass wirklich die Euro-Skeptiker an die Macht kommen. Sollte es ein Reform-Veto geben, wird die höchstwahrscheinlich folgende Unruhe am Finanzmarkt den italienischen Wählern sehr deutlich vor Augen führen, was sie riskieren, wenn sie Parteien wählen, die einen Euro-Austritt anstreben. In diesem Zusammenhang hilft die Erinnerung an Griechenland: Das Land hat im vergangenen Jahr über die Austritts-Klippe in den Abgrund geschaut, ist im letzten Moment aber zurückgewichen.

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