Je höher die Zusatzbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung steigen, desto eher wechseln Versicherte die Kasse. Das erhöht den Wettbewerb im Gesundheitssystem. Entsprechend kontraproduktiv wäre es, wenn der Zusatzbeitrag abgeschafft würde, nur weil er immer weiter steigt.
Falsche Therapie erstickt Wettbewerb
Der kassenindividuelle Zusatzbeitrag, den die Arbeitnehmer ohne Beteiligung ihrer Arbeitgeber zahlen müssen, droht bis 2020 von derzeit durchschnittlich 1,1 auf dann 2,4 Prozent zu steigen. Dieses Ergebnis des Duisburger Gesundheitsökonom Jürgen Wasem ist Wasser auf die Mühlen derer, denen der Zusatzbeitrag schon immer ein Dorn im Auge war. Doch ihn abzuschaffen wäre die falsche Therapie.
Richtig ist zwar, dass die Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) stärker steigen als die beitragspflichtigen Einkommen je Versicherten – nach Berechnungen des IW Köln seit der Wiedervereinigung um durchschnittlich 1,2 Prozentpunkte pro Jahr. Allerdings sind die beitragspflichtigen Einkommen der gesetzlich Versicherten im gleichen Zeitraum keineswegs eingebrochen. Deshalb muss eine ursachengerechte Therapie auf der Ausgabenseite ansetzen. Hier hat der Staat bislang keinen nachhaltigen Erfolg gehabt, wann immer er versucht hat, mit einzelnen Maßnahmen wie der Praxisgebühr oder den Zuzahlungen, die Kosten zu dämpfen. Zielführend wäre es deshalb viel eher, den Wettbewerb anzukurbeln. Doch damit das funktioniert, muss sich Kostenbewusstsein für die Versicherten wirklich lohnen.
Den einkommensabhängigen Arbeitnehmerzusatzbeitrag abzuschaffen, ist dafür der völlig falsche Weg: Je kostenbewusster die Versicherten auf unterschiedlich hohe Zusatzbeiträge reagieren, desto eher geraten die Kassen und Leistungsanbieter unter Druck, die Versorgung möglichst effizient zu organisieren.
Zudem ist es ohnehin illusorisch, zu glauben, dass es Versicherten finanziell wirklich hilft, wenn die Arbeitgeber einen höheren Anteil an den GKV-Kosten zahlen müssen. Schließlich haben Unternehmen immer die tatsächlichen Arbeitskosten, also einschließlich der Lohnnebenkosten, im Blick – wer welchen Teil der Krankenversicherung auf dem Papier „zahlt“, ist dafür nicht wichtig.
Statt auf eine Verschleierungstaktik zu setzen, wäre es seitens der Politik also ehrlicher, den Versicherten reinen Wein einzuschenken: Wenn die Ausgaben steigen, können die Arbeitnehmer über eine günstigere Kasse zumindest einen gewissen Einfluss auf die Ausgabenentwicklung nehmen. Das kann umso besser gelingen je klarer dieses Preissignal zum Beispiel durch den Zusatzbeitrag ausfällt.
Agenda 2030 für die Rentenpolitik: Leitlinien für die 21. Legislaturperiode und darüber hinaus
Seit langem ist bekannt, dass die Bevölkerungsalterung eine zentrale Herausforderung für die Gesellschaft darstellt. Aber anders als in der Vergangenheit tritt der demografische Wandel nicht erst in ferner Zukunft ein, er wird jetzt wirksam.
IW
IW-Agenda 2030: Sozialpolitik
Im Vorfeld der vorgezogenen Bundestagswahl, die am 23. Februar 2025 stattfinden soll, wird das Institut der deutschen Wirtschaft in einer virtuellen Veranstaltungsreihe die wichtigsten wirtschaftspolitischen Handlungsfelder ausleuchten.
IW