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Michael Voigtländer IW-Kurzbericht Nr. 120 2. Dezember 2020 Höhere Immobilienrenditen im Umland

Der Wohnimmobilienmarkt erweist sich in der Corona-Krise als erstaunlich robust, weder die Kaufpreise noch die Mieten haben nachgegeben – im Gegenteil, es gab sogar teilweise weitere Preissteigerungen. Dennoch könnte die aktuelle Corona-­Pandemie eine Tendenz der letzten Jahre auf den Wohnimmobilienmärkten der Metropolregionen verstärken, nämlich die größere Attraktivität des Umlands gegenüber den Metropolen. Dies deutet etwa eine Analyse der Total Returns an.

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Höhere Immobilienrenditen im Umland
Michael Voigtländer IW-Kurzbericht Nr. 120 2. Dezember 2020

Höhere Immobilienrenditen im Umland

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Der Wohnimmobilienmarkt erweist sich in der Corona-Krise als erstaunlich robust, weder die Kaufpreise noch die Mieten haben nachgegeben – im Gegenteil, es gab sogar teilweise weitere Preissteigerungen. Dennoch könnte die aktuelle Corona-­Pandemie eine Tendenz der letzten Jahre auf den Wohnimmobilienmärkten der Metropolregionen verstärken, nämlich die größere Attraktivität des Umlands gegenüber den Metropolen. Dies deutet etwa eine Analyse der Total Returns an.

Als sich im Frühjahr der erste Lockdown abzeichnete, wurde teilweise auch mit einer starken Reaktion der Immobilienpreise gerechnet (z. B. Braun/Simons, 2020), schließlich war von einer schwächeren Nachfrage und höheren Unsicherheiten auszugehen. Entgegen dieser Erwartung hat sich jedoch die Immobilienpreisentwicklung der letzten zehn Jahre mit steigenden Preisen im Wesentlichen fortgesetzt. Im Durchschnitt der 401 kreisfreien Städte und Landkreise (Kreise) stiegen die Preise für Eigentumswohnungen im 2. Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahr um 4,3 Prozent. Auch bei den Mieten gab es kaum Reaktionen, selbst im Markt für studentisches Wohnen, in dem es aufgrund von Online-Semestern zu einem besonderen Rückgang der Nachfrage gekommen sein sollte (vgl. Oberst/Voigtländer, 2020). Hierfür dürften vor allem drei Gründe ursächlich sein:

1. In vielen Städten und Kreisen herrscht nach wie vor ein erheblicher Nachfrageüberschuss (vgl. Henger/Voigtländer, 2019). Insbesondere aufgrund der starken Arbeitsmigration der letzten Jahre und Zuwanderung junger Menschen aus dem In- und Ausland in die Ballungsräume ist die Nachfrage nach Wohnraum stark gestiegen, während das Angebot nicht in gleichem Maße ausgebaut werden konnte. Auch wenn nun bedingt durch die Corona-Pandemie die Nachfrage zumindest kurzfristig etwas zurückgegangen ist, hat dies noch nichts an dem grundsätzlichen Missverhältnis aus Angebot und Nachfrage geändert. Im Markt für studentisches Wohnen ist etwa davon auszugehen, dass andere Nachfragegruppen in die Lücken gestoßen sind.

2. Wohnimmobilien sind längst nicht so überbewertet, wie dies teilweise unterstellt wird. Insbesondere haben Wohnimmobilien die deutlichen Zinsreduktionen der letzten Jahre noch nicht vollständig nachvollzogen. Dies verdeutlicht etwa der Wohnnutzerkostenansatz, der darauf hinweist, dass kaufen im Verhältnis zu mieten immer noch deutlich günstiger ist (vgl. Sagner/Voigtländer, 2020). Oder anders ausgedrückt: Wären Wohnimmobilien tatsächlich überbewertet gewesen, hätte man einen Einbruch der Kaufpreise in einer Wirtschaftskrise erwarten müssen – dies ist jedoch nicht nur ausgeblieben, sondern die Kaufpreise steigen sogar weiter.

3. Der Lockdown und auch die Einschränkungen bei Freizeitmöglichkeiten haben den Nutzwert des eigenen Wohnumfelds unterstrichen. Wer ein eigenes Arbeitszimmer hatte und die Möglichkeit, den Kindern etwa eigene Räumlichkeiten für das Homeschooling zur Verfügung zu stellen, wird deutlich besser durch den Lockdown gekommen sein als derjenige, der in einer kleinen Wohnung lebt. Dies dürfte die Zahlungsbereitschaft für das Wohnen, trotz möglicher Einkommenseinbußen, hochgehalten haben.

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Gerade der letzte Punkt könnte noch eine Entwicklung verstärken, die sich auch schon vor der Corona-Krise abgezeichnet hat, nämlich die neue Attraktivität des Umlands der Großstädte. Schließlich war der Wanderungssaldo vieler Großstädte bereits vorher negativ, jedenfalls dann, wenn nur die deutsche Bevölkerung betrachtet wurde (Göddecke-Stellmann et al., 2018). War der Schritt ins Umland jedoch bislang vor allem dem mangelnden oder sehr teuren Angebot der Großstädte geschuldet, könnte das Umland nun verstärkt präferenzentsprechend sein, weil eben zum Beispiel größere Wohnungen in ruhigeren Lagen bevorzugt werden. Denn eine Verringerung des Pendelns aufgrund vermehrter Arbeitstätigkeit zu Hause sowie der Wunsch nach insgesamt größeren Wohnungen könnten die Tendenzen verstärken.

Dass schon seit einiger Zeit die Umlandkreise der Großstädte gegenüber den Großstädten selbst an Attraktivität gewonnen haben, zeigt eine Analyse der Renditen (Total Returns). Die Renditekennzahl Total Return setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, der Mietrendite und der Wertsteigerung, wobei Kosten nicht berücksichtigt werden, weshalb es sich um eine Bruttorendite handelt. Die Mietrendite bestimmt sich durch das Verhältnis von Jahresmiete und Kaufpreis und ist damit ein Maß dafür, wie schnell sich die Investition amortisiert. Die Wertsteigerung wiederum misst die prozentuale Veränderung des Kaufpreises gegenüber dem Vorjahr. Der Total Return, also die Gesamtrendite, ist damit nicht nur für Investoren ein wichtiges Renditemaß, sondern auch für Selbstnutzer, die sich fragen, in welchem Ort Wohnungen einerseits erschwinglich sind (hohe Mietrendite), andererseits aber auch Wertsteigerungen versprechen.

In der Abbildung sind die Total Returns im Durchschnitt aller 401 Kreise dargestellt (Alle Kreise), für die sieben größten deutschen Städte (Top 7) und für die Umlandkreise der sieben größten Städte (Top 7 Umlandkreise), dies sind insgesamt 36 Kreise. Die Darstellung zeigt eindrucksvoll den Immobilienboom der vergangenen Jahre mit dem deutlichen Anstieg der Total Returns seit 2009. Insbesondere die Total Returns der sieben Großstädte ragen hervor, gerade im Zeitraum 2010 bis 2013 ergibt sich ein großer Renditeabstand aufgrund der stärkeren Wertsteigerung. Danach sind die Unterschiede vor allem zum Umland geringer, auch weil die Mietrendite in den Großstädten aufgrund der steigenden Preise gesunken ist. Seit 2016 übertrifft dann die Rendite im Umland diejenige in der Großstadt, was letztlich an den nach wie vor höheren Mietrenditen, aber auch vergleichbar hohen Wertzuwächsen liegt. Im Vergleich zu allen Kreisen ist die Rendite sowohl in den Großstädten als auch den Umlandgemeinden aktuell kleiner, was hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass die Wertsteigerungen nun im Vergleich zu der Mietrendite insgesamt an Bedeutung verloren haben. Abseits der Ballungsräume sind die Mietrenditen schlicht höher, weil die Unsicherheit über die weitere Wertentwicklung und künftige Mietsteigerungen größer ist. Zusätzlich ist allerdings ebenso zu beachten, dass auch in Städten wie Freiburg oder Leipzig die Renditen stark angezogen haben.

Interessant ist, dass gerade am aktuellen Rand die Total Returns, also Gesamtrenditen, der Großstädte noch einmal zu denen der Umlandgemeinden aufgeschlossen haben. Daraus sollte aber keine Trendumkehr abgeleitet werden. Vielmehr erscheint es plausibel, dass gerade die Zinssenkungen im letzten Jahr noch einmal dazu geführt haben, dass mehr Wohnungen in Großstädten nachgefragt wurden, gerade auch zur Anlage. Ebenso die Motivation der Wertsicherung in der Krise könnte eine weitere Begründung darstellen. In der näheren Zukunft verheißt jedoch nicht nur die Präferenz für größere Wohnungen höhere Wertsteigerungen im Umland aufgrund zusätzlicher Nachfrage, sondern es ist auch mit geringeren Wertsteigerungen in den Großstädten zu rechnen, wenn etwa die Arbeitsmigration länger auf einem niedrigeren Niveau bleibt, da ausländische Fachkräfte bevorzugt in die Großstädte gezogen sind. Dies bedeutet nicht, dass die Preise in den Groß­städten sinken, sondern vielmehr, dass sie im Verhältnis zu den Umlandkreisen langsamer steigen. Für den Wohnungsmarkt besteht aus dieser Konstellation die große Chance, dass sich der Markt aufgrund der stärker differenzierten Nachfrage entspannt – vorausgesetzt, die Bautätigkeit bleibt auf einem angemessenen Niveau, sowohl in den Großstädten als auch im Umland der Großstädte.

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