Deutschland droht sein Klimaziel zu verfehlen. Deshalb hat sich das Wirtschaftsministerium etwas Besonderes als letzte Rettung ausgedacht: Alte Kraftwerke sollen ab einer bestimmten Menge an Emissionen einfach mehr CO2-Zertifikate kaufen. Doch die Pläne könnten unerwünschte Nebenwirkungen haben.

Gut gemeint und schlecht getroffen
In Europa läuft das mit dem Klimaschutz so: Die erlaubte Menge an CO2 ist über den europäischen Emissionshandel begrenzt. Pro ausgestoßene Tonne müssen Stromerzeuger ein Zertifikat kaufen. Wo das zu teuer wird, werden alternativ Emissionen reduziert. Aber Deutschland will noch einen draufsetzen: Wenn es nach Wirtschaftsminister Gabriel geht, müssten künftig für ein Teil der CO2-Emissionen hierzulande mehr Zertifikate gekauft werden als für andere. Der Vorschlag zielt auf alte und emissionsstarke Kohlekraftwerke.
Damit würde der Gesetzgeber einmal mehr durch nationale Flickschusterei in den europäischen Emissionshandel eingreifen, wenn er unterschiedliche CO2-Preise je nach Verursacher festschreibt. Eigentlich aber sollten alle Anlagenbetreiber nach denselben Regeln spielen müssen. Wenn der Emissionshandel wieder gestärkt werden soll, gehört dazu auch, dass Akteure sich darauf verlassen können, nicht ständig mit unvorhergesehenen Eingriffen konfrontiert zu werden.
Zudem ist es keinesfalls sicher, dass sich der erwünschte Klimaeffekt einstellt. Betroffene Kraftwerke werden wahrscheinlich einfach weniger Strom produzieren, um die Klimaabgabe zu umgehen. Kraftwerke, die unter der avisierten Obergrenze für Emissionen liegen und daher die Klimaabgabe nicht leisten müssten, würden einspringen. Letztlich würden damit keine zusätzlichen Zertifikate vom Markt genommen. Die werden stattdessen irgendwo und irgendwann anders genutzt.
Es gilt: Von nationalen Sonderwegen sollte man sich beim Klimaschutz verabschieden. Das gilt einmal mehr, da es mit den CO2-Zertifikaten ein europäisches Instrument gibt, das grundsätzlich funktioniert und perspektivisch noch gestärkt wird.

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