Die vorläufigen Wahlergebnisse beruhigen IW-Direktor Michael Hüther. Ein grundsätzlicher Wechsel in der Wirtschaftspolitik sei nicht zu erwarten. Er wertet die fehlende Mehrheit für ein vor der Wahl diskutiertes rot-grün-rotes Bündnis als positives Zeichen für Deutschland. „Das Wahlergebnis ist ein Stabilitätssignal für die deutschen Unternehmen”, sagte er im Interview mit dem Handelsblatt.

Nach der Bundestagswahl: „Stabilitätssignal für deutsche Unternehmen”
Mit einer Ampel- oder Jamaika-Koalition werde es Veränderung in der wirtschaftspolitischen Ausrichtung geben, aber keinen grundsätzlichen Wechsel. IW-Direktor Michael Hüther fürchtet keine Planungsunsicherheit durch lange Sondierungen und Koalitionsverhandlungen. „Weil es realistischerweise mit Jamaika und Ampel nur zwei Optionen gibt, sollte bis Weihnachten klar sein, wer die neue Regierung bildet“, erwartet Hüther. Für Unternehmen sei vor allem entscheidend, dass es keine Regierungsbeteiligung einer extremen Partei geben wird.
Herr Hüther, die Bundestagswahl ist so knapp ausgegangen wie nie zuvor. Was bedeutet das für die deutsche Wirtschaft?
Vor allem, dass sich die Deutschen weiterhin auf eine Politik der Mitte einstellen können. Das Wahlergebnis ist ein Stabilitätssignal für die deutschen Unternehmen. Mit einer Ampel- oder Jamaika-Koalition wird es Veränderung in der wirtschaftspolitischen Ausrichtung geben, aber keinen grundsätzlichen Wechsel. Alle wissen: Nur eine innovationsstarke Wirtschaft ermöglicht den Strukturwandel.
Jamaika oder Ampel, was halten Sie für wahrscheinlicher?
Das ist jetzt noch mal deutlich schwieriger zu prognostizieren als vor der Wahl. Olaf Scholz hat keine Drohgebärde mit Rot-Grün-Rot mehr. Daher hat er nun die gleiche Ausgangsposition wie Armin Laschet. Ein paar Zehntel mehr oder weniger für SPD oder CDU/CSU werden nämlich nicht über die Regierungsbildung entscheiden.
Was dann?
Entscheidend wird sein, wer gegenüber der FDP beziehungsweise den Grünen die meisten Zugeständnisse machen kann und will. Klar ist: Sowohl Scholz als auch Laschet werden sich bewegen müssen. Das werden sicherlich komplizierte, aber auch interessante Verhandlungen.
Befürchten Sie lange Verhandlungen, die Planungsunsicherheit für die deutschen Unternehmen bedeuten?
Nein, ich denke, das ist das geringere Problem. Weil es realistischerweise mit Jamaika und Ampel nur zwei Optionen gibt, sollte bis Weihnachten klar sein, wer die neue Regierung bildet. Es wird natürlich auch zwischen den Flügeln innerhalb der Grünen und der FDP ein Brodeln geben, bis sich geklärt hat, in welche Richtung man sich bewegen will. Für die Unternehmen ist es aber vor allem entscheidend, dass es keine Regierungsbeteiligung mit einer extremen Partei geben wird.
Zum Interview auf handelsblatt.com

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