In wenigen Stunden wählen die Amerikaner einen neuen Präsidenten – oder eine neue Präsidentin. IW-Direktor Michael Hüther warnt in einem Gastkommentar für Focus Online vor den Folgen eines Handelskrieges, den Donald Trump anzetteln könnte – vor allem auch für die angeschlagene deutsche Autoindustrie.
US-Präsidentschaftswahl: „Für die deutsche Wirtschaft wäre ein Präsident Trump eine teure Katastrophe”
Wie jedes Jahr im Herbst bin ich in diesen Tagen eine Woche lang als Adjunct-Professor an der Stanford University. Zwar ist meine Zeit in Stanford immer spannend und lehrreich, doch in diesem Jahr mehr als sonst: Die Anspannung vor der Wahl am Dienstag liegt in der Luft. Trump oder Harris?
Sie dürfte in Berlin keinen Deut kleiner ausfallen. Die Gründe haben meine Kollegen Samina Sultan, Thomas Obst und Juergen Matthes untersucht: In einer Studie haben sie die Folgen einer weiteren Trump-Präsidentschaft simuliert.
Handelskrieg: Für das exportstarke Deutschland wäre das eine Katastrophe
Macht Trump seine Drohung wahr und erhebt Importzölle in Höhe von zehn Prozent, würde sich die EU vollkommen zurecht mit den gleichen Mitteln zur Wehr setzen. Ein solcher Handelskrieg könnte Deutschland über die vier Jahre bis zu 180 Milliarden Euro kosten, zeigt die Simulation.
Für das exportstarke Deutschland wäre das eine Katastrophe. Insbesondere der Maschinenbau, die Pharmaindustrie und die ohnehin angeschlagene Autoindustrie exportieren umfangreich in die USA.
Unter Biden waren die USA berechenbar – unter Trump nicht
Auch bei den Demokraten darf man sich keine Illusionen über irgendwelche Sympathien für den freien Handel machen: Die Biden-Administration fuhr in den vergangenen Jahren einen stramm protektionistischen Kurs.
Doch zumindest gab es dort auch Verlässlichkeit: Auf die geteilten freiheitlichen Werte zum Beispiel, die Position gegenüber China, die Bemühungen gegen den Klimawandel.
Unter Biden waren die USA berechenbar – in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit eine unverzichtbare Eigenschaft. Trump hingegen gleicht einer Wundertüte, die man am liebsten geschlossen halten würde.
Für die Zeitenwende käme Trump zur Unzeit
Neben Implikationen für den Handel ist es die geopolitische Dimension, die sich mit einer zweiten Präsidentschaft Trumps stark verändern würde. Mit dem Krieg in der Ukraine, der viel beschworenen Zeitenwende, sind eine starke Nato und ein geschlossen auftretender Westen wichtiger denn je.
Trump will mit den USA zwar nicht aus der Nato aussteigen, allerdings stellt er die Bemühungen einzelner Mitgliedsländer und den Kurs des Bündnisses in Frage. Ob die USA unter seiner Führung weiter an der Seite der Ukraine stehen: unklar.
Seine Schwärmerei für starke Männer, ob Xi Jinping oder Viktor Orban, weckt wenig Hoffnung, dass Trump ein Interesse an einem starken und geeinten Westen hat. Kurzum: Für die Zeitenwende käme Trump zur Unzeit.
„Die Luft der Freiheit weht”
Das Motto der Stanford University lautet „Die Luft der Freiheit weht”. Tatsächlich ziert das Siegel der Universität einen Satz in deutscher Sprache. Er stammt vom deutschen Humanisten Ulrich von Hutten, der erste Präsident von Stanford hatte ihn eingeführt.
Auch wir im IW haben diesen Satz in großen Lettern in einem unserer Konferenzräume angebracht. Hoffen wir, dass sich die Wähler für Freiheit und Einheit und nicht für Abschottung und Spaltung entscheiden.
Zum Beitrag auf focus.de
Bewährungsprobe Europas: Wettbewerbsfähigkeit in einer Welt im Wandel
Die Wettbewerbsfähigkeit rückt vermehrt in den politischen Fokus. In Zeiten geopolitischer Unsicherheiten, der Abkehr von der grenzenlosen Arbeitsteilung und sich wandelnden Wirtschaftsstrukturen muss die EU sich im Wettbewerb der Nationen als ...
IW
Berliner Gespräche Herbsttagung: Amerika hat gewählt – und nun?
Das Institut der deutschen Wirtschaft möchte Sie erneut zu einer virtuellen Variante der „Berliner Gespräche” einladen.
IW