Die Creator Economy boomt: Die Möglichkeiten, mit digitalem Content wie Podcasts, Blogs, Videos, Fotos und Webinaren Geld zu verdienen, nehmen zu. Immer mehr sogenannte Creator und Influencer versuchen mit dem im Internet verdienten Einkommen ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Doch es gibt eine Grenze für das Wachstum: Die Aufmerksamkeit der Menschen ist limitiert. Berechnungen zeigen, dass der Markt bereits gesättigt ist.
Creator Economy: Bis an die Grenzen der Aufmerksamkeit
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Die Creator Economy boomt: Die Möglichkeiten, mit digitalem Content wie Podcasts, Blogs, Videos, Fotos und Webinaren Geld zu verdienen, nehmen zu. Immer mehr sogenannte Creator und Influencer versuchen mit dem im Internet verdienten Einkommen ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Doch es gibt eine Grenze für das Wachstum: Die Aufmerksamkeit der Menschen ist limitiert. Berechnungen zeigen, dass der Markt bereits gesättigt ist.
Digitale Plattformen und die Verbreitung von Smartphones mit einer leistungsfähigen audiovisuellen Technologieausstattung haben die Creator Economy begünstigt. Sogenannte Creators produzieren digitale Inhalte (Content) wie Videos oder Blogs, mit denen sie zum Teil erhebliche Einkünfte erzielen. Zwei Millionen Vollzeit-Creators weltweit verdienten im Jahr 2020 sechsstellige Gehälter, indem sie Inhalte für Social-Media-Plattformen wie Youtube, Instagram, Twitch und TikTok erstellten (Signalfire, 2020). Weitere rund 47 Millionen Creators verdienen zumindest zusätzlich zu anderen Jobs mit digitalem Content Geld. Einkommensquellen sind beispielsweise Werbepartnerschaften mit Unternehmen, Zahlungen von den Plattformen, die wiederum Werbeeinnahmen sind, sowie eigene Produkte wie Merchandise, die die Creators an ihre Follower verkaufen (Neoreach, 2021). Passend dazu nimmt das „Social Shopping“, das Einkaufen über soziale Netzwerke, zu. Jeder fünfte Deutsche hat schon einmal etwas über soziale Netzwerke gekauft, ebenso viele können es sich vorstellen (YouGov, 2021). Immer mehr Unternehmen machen sich deshalb die Reichweite der Content Creators zunutze und investieren in Influencer-Marketing (BVDW, 2021). Das Marktvolumen für Influencer-Marketing hat sich von 2016 bis 2019 fast vervierfacht (Statista/Influencer Marketing Hub, 2020). Influencer setzen generell weniger auf eigene Inhalte als andere Content Creators; sie bewerben vor allem Produkte. Generell gilt: Alle Influencer sind Content Creators, aber nicht andersherum. Oft werden beide Begriffe synonym verwendet.
Viele junge Menschen möchten ihr Geld als Content Creators verdienen. Bereits 2018 nahmen 56 Prozent der 1.010 befragten Social-Media-Nutzer ab 14 Jahren den Beruf des Influencers als normalen Beruf wahr (Bitkom, 2018). 35 Prozent der Befragten gaben an, selbst als Influencer erfolgreich sein zu wollen (ebd.). Eine Umfrage unter den von 1997 bis 2010 Geborenen – auch bekannt als Generation Z – zeigt: Fast ein Drittel ist nach eigenen Angaben schon Content Creator in Vollzeit oder möchte es werden, 6 Prozent verdienten 2021 so bereits ihren Lebensunterhalt (Fanbase/YouGov, 2021).
Der Markt hat jedoch eine natürliche Grenze. Die Creator Economy lebt von der Aufmerksamkeit der Internetnutzer. Creators brauchen Follower, um ihren Content monetarisieren zu können. Ohne Follower haben sie kein Publikum, dem sie Werbung präsentieren oder Produkte verkaufen können. Die Anzahl an Creators, denen ein Internetnutzer folgen kann, ist technisch unbegrenzt. Zeitlich, aber auch kognitiv, ist die Anzahl an Menschen, die eine Person wahrnehmen und mit der sie interagieren kann, jedoch begrenzt.
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Laut der Social Brain Hypothesis (Dunbar, 1998) wird die Größe sozialer Netzwerke beim Menschen durch kognitive Grenzen determiniert. Der engste Kreis besteht aus fünf Personen, den geliebten Menschen. Danach folgen Kreise von 15 (gute Freunde), 50 (Freunde), 150 (persönliches Netzwerk), 500 (Bekannte) und 1.500 (Personen, die man wiedererkennt). Die Menschen betreten und verlassen diese Kreise, aber grundsätzlich muss für jeden neuen Teilnehmer erst Platz geschaffen werden. Hill und Dunbar (2003) stellen empirisch fest, dass Menschen maximal mit 150 Menschen in Kontakt sein können. Zwar lassen sich digitale Kontakte mit weniger Zeitaufwand pflegen, die kognitiven Grenzen können aber auch soziale Netzwerke nicht überwinden. So ist die maximale Anzahl der bedeutsamen sozialen Beziehungen online wie offline identisch (Dunbar, 2016; Dunbar et al., 2015).
Im Folgenden wird zur Berechnung der maximalen Größe des deutschen Influencer-Marktes deshalb angenommen, dass ein Internetnutzer maximal 150 Influencern so folgen kann, dass er ihre Inhalte regelmäßig wahrnimmt und mit ihnen interagiert, also als Nachfrager ihrer Inhalte und damit als Unterstützer der Influencer gezählt werden kann. Dabei wird ignoriert, dass ein Nutzer gewöhnlich auch Menschen auf sozialen Netzwerken folgt, die keine Influencer sind, aber auch zum Kreis der 150 persönlichen Kontakte zählen. Multipliziert man die 150 mit der Anzahl der aktiven Social-Media-Nutzer ab 14 Jahren (62.582.750, eigene Berechnung basierend auf We are social/Hootsuite, 2022; Destatis, 2022) oder mit der Anzahl der Internetnutzer in Deutschland ab 14 Jahren (67.000.000; ARD/ZDF, 2022) oder mit der Bevölkerungsanzahl ab 14 Jahren (72.350.000; Destatis, 2022), erhält man die Anzahl der Influencer, denen diese verschiedenen Zielgruppen theoretisch folgen können. Geht man des Weiteren davon aus, dass jeder Influencer eine bestimmte Followerzahl erreichen muss, um Geld zu verdienen, lässt sich die maximale Größe des deutschen Influencer-Marktes bestimmen.
Demnach kann es in Deutschland zwischen 9,4 und 10,9 Millionen Nano-Influencer (mit 1.000 Followern) geben, je nachdem, ob man die derzeitigen Social-Media-Nutzer oder die Bevölkerung ab 14 Jahren als Referenzgröße nimmt. Bei Micro-Influencern (5.000 Follower) beträgt die Maximalzahl zwischen 1,9 und 2,2 Millionen. Tatsächlich dürfte der Influencer-Markt deutlich kleiner sein, denn es ist davon auszugehen, dass nennenswerte Einnahmen noch höhere Followerzahlen erfordern. Die Maximalzahl an mittelgroßen Influencern (20.000 Follower) liegt bei rund 543.000, für Makro-Influencer (100.000 Follower) bei 109.000 und für Mega-Influencer (1 Mio. Follower) bei 11.000 (Abbildung). Diese Zahlen unterliegen der Annahme, dass der gesamte Influencer-Markt jeweils durch einen Influencer-Typ abgebildet wird. Tatsächlich zählen jedoch die allermeisten Influencer in Deutschland zu den Nano- (35 Prozent) und Micro-Influencern (43 Prozent; Hypeauditor, 2020).
Vergleicht man die Zahlen mit Schätzungen der Influencerzahlen in Deutschland, wird klar: Der Markt ist vermutlich bereits gesättigt. Wenn 6 Prozent der Generation Z als Content Creator in Vollzeit ihren Lebensunterhalt verdienen (Fanbase/YouGov, 2021), sind allein aus dieser Kohorte rund 500.000 Menschen Influencer. Dazu kommen Influencer aus anderen Kohorten und Ländern und solche, die damit nicht ihren Lebensunterhalt verdienen. Die Creator Economy ist bereits an den Grenzen der Aufmerksamkeit der Menschen angelangt.
Aber: Die Creator Economy umfasst neben den Creators selbst auch zahlreiche Unternehmen, deren Produkte die Digitalisierung, Distribution und Monetarisierung der Inhalte erst ermöglichen, darunter Bezahldienstleister, Newsletterdistributoren sowie Audio- und Videosoftwareanbieter. Dieses Ökosystem wächst seit Jahren beträchtlich. Anders als bei den Influencern ist in diesem Segment keine unmittelbare Marktsättigung zu erwarten, auch weil die Produkte nicht nur dem Influencermarkt dienen können.
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