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(© Foto: Kadri Oliver Alkan/iStock)
Michael Voigtländer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Interview 27. November 2015

"Kommunale Vermieter sind nicht günstiger"

Michael Voigtländer, Immobilienökonom im Institut der deutschen Wirtschaft Köln, spricht im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über deutsche Vermietertypen, Größenvorteile und Fehler der Wohnraumförderung.

Sie haben in den größten Städten Nordrhein-Westfalens untersucht, wie sich die großen Vermieter-Gruppen (kommunale, genossenschaftliche und große private Wohnungsgesellschaften, kleine Wohnungsunternehmen und Privatvermieter) verhalten. Wie lauten die wichtigsten Erkenntnisse?

Es zeigt sich, dass Genossenschaften die günstigsten Anbieter im Markt sind, ihr Preisvorteil gegenüber kleineren privaten Anbietern beträgt rund 16 Prozent. Kommunale und große private Wohnungsunternehmen sind ebenfalls günstiger als kleine Unternehmen und Privatvermieter, ihr Preisvorteil beträgt noch rund 6 Prozent, mit leichten Vorteilen für die großen privaten Anbieter. Generell sind es gerade große Wohnungsunternehmen, die im Markt günstigen Wohnraum bereitstellen.

Gibt es nachvollziehbare Gründe dafür, dass nicht die kommunalen Anbieter die günstigsten sind?

Es ist auf den ersten Blick überraschend, dass die großen privaten Wohnungsunternehmen wie die LEG oder Vonovia leicht günstiger sind als die kommunalen Anbieter. Viele Menschen denken, dass gerade diese Unternehmen die Mieten so stark steigern, wie es möglich ist. Gerade weil ihre Klientel jedoch aus Haushalten besteht, die nur geringe Einkommen haben und die besonders preissensitiv sind, können sie sich das aus rein wirtschaftlichen Gründen gar nicht erlauben, denn nichts ist teurer als Leerstand. Interessant ist aber die Frage, warum die kommunalen Anbieter so viel teurer sind als die Genossenschaften. Der Unterschied ist, dass Genossenschaften einzig ihren Mitgliedern gegenüber verpflichtet sind, so dass ihre Größenvorteile gänzlich zur Reduktion der Mieten verwendet werden. Kommunale Gesellschaften müssen dagegen günstige Wohnungen anbieten, sich in der Stadtentwicklung einbringen und auch einen Gewinn an die Stadt abführen. Diese Ziele stehen in einem Konflikt und unsere Untersuchung deutet darauf hin, dass zumindest das erste Ziel – möglichst geringe Mieten – nicht ganz oben in der Prioritätenliste steht.

Heißt das, dass die Forderung nach einer Wiederauflebung des öffentlichen Wohnungsbaus keine gute Idee ist?

In den letzten Jahren ist eine verstärkte Rekommunalisierung zu beobachten, das heißt die kommunalen Wohnungsgesellschaften wachsen, teils durch Neubau, teils durch Zukäufe. Ich sehe das kritisch. Entweder die Gewinnerzielung steht im Vordergrund, dann kommt es zu einer Verdrängung von privaten Anbietern. Oder aber die kommunalen Gesellschaften bieten tatsächlich subventionierten Wohnraum an, dann ist aber die Treffsicherheit fraglich. Vielfach wohnen in subventionierten Wohnungen nicht die besonders Bedürftigen, sondern Haushalte, deren Einkommen deutlich über der Bedürftigkeitsgrenze liegt. Dies wird aber nicht weiter geprüft, weshalb ich sozialpolitisch eher auf das Wohngeld setze. Überdies darf man das kommunale Engagement nicht mit der sozialen Wohnraumförderung, also dem sozialen Wohnungsbau verwechseln. Die soziale Wohnraumförderung soll nun ausgeweitet werden, was jedoch genauso falsch ist. Anders als in den sechziger Jahren fehlt es nicht an Investoren, sondern es fehlt in den Großstädten schlicht an Bauland. Wird nun mehr gefördert, werden nicht mehr Wohnungen gebaut, sondern letztlich fließt das Geld nur in die Grundstückspreise. Besser wäre es daher, die Kommunen in der Stadtplanung zu unterstützen, damit mehr Bauland schneller ausgewiesen wird. Aufgrund der Niedrigzinsphase stehen genug Investoren bereit, um Wohnungen zu bauen.

Sind größere Wohnungsanbieter den kleineren immer überlegen, oder gibt es eine Grenze, wo das Unternehmenswachstum keine Vorteile mehr bringt?

Größenvorteile sind relevant, weil somit die Bewirtschaftung effizienter erfolgen kann und die Unternehmen vor allem Finanzierungsvorteile realisieren. Gerade dies wird zunehmend entscheidend, da Banken nach wie vor unter Druck stehen und künftig wohl auch nicht mehr im gewohnten Maße für die Finanzierung bereitstehen. Die ökonomische Theorie kennt aber auch Größennachteile: Wenn die Einheiten zu groß werden, schleichen sich Ineffizienzen ein, beispielsweise in den internen Prozessen. Ab welchem Wohnungsbestand dies relevant wird, lässt sich allerdings nicht sagen. Dies wird die Praxis zeigen. Ich vermute aber, dass gerade bei regional sehr differenzierten Portfolien die Ineffizienzen schneller auftreten können als in regional konzentrierten Beständen. Dann stellt sich aber immer noch die Frage, ob die Größenvorteile die Größennachteile überwiegen.

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