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Wido Geis-Thöne IW-Kurzbericht Nr. 17 19. März 2024 Einrichtungen zum Technologie- und Wissenstransfer an Hochschulen

In den letzten Jahren haben sich an den meisten deutschen Hochschulen zentrale Transfereinrichtungen etabliert. Allerdings sind ihre Aufgabenspektren und Kompetenzen teilweise sehr unterschiedlich. So lässt sich ihr wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Impact kaum abschätzen.

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Einrichtungen zum Technologie- und Wissenstransfer an Hochschulen
Wido Geis-Thöne IW-Kurzbericht Nr. 17 19. März 2024

Einrichtungen zum Technologie- und Wissenstransfer an Hochschulen

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

In den letzten Jahren haben sich an den meisten deutschen Hochschulen zentrale Transfereinrichtungen etabliert. Allerdings sind ihre Aufgabenspektren und Kompetenzen teilweise sehr unterschiedlich. So lässt sich ihr wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Impact kaum abschätzen.

Die deutschen Hochschulen sind zwar grundsätzlich Forschungs- und Lehreinrichtungen, ihr Aufgabenspektrum reicht über diese beiden Kernbereiche aber deutlich hinaus. Für die weiteren Betätigungsfelder hat sich in den letzten Jahren der Anglizismus „Third Mission“ als Sammelbegriff etabliert, zu dem es bislang keine allgemeingültige Definition existiert. Zugerechnet werden ihm je nach Kontext teilweise unterschiedliche Funktionen, zu denen in aller Regel der Technologie- und Wissenstransfer, teilweise aber auch das sozial- und zivilgesellschaftliche Engagement der Hochschulen zählen (Roessler / Hachmeister, 2021). Der Wissenstransfer ist wiederum in allen einschlägigen Landesgesetzen als Aufgabe der Hochschulen verankert und die zuständigen Landesministerien verfolgen gezielte Strategien, um diesen zu stärken. Allerdings gehen sie dabei teilweise von sehr unterschiedlichen Verständnissen dessen aus, was Wissenstransfer konkret bedeutet und beinhalten sollte (Möller / Würmseer, 2023).

Eine definitorische Abgrenzung der Inhalte von Technologie- und Wissenstransfer nehmen Hamm / Koschatzky (2020) vor, wobei sie zwischen den folgenden vier Feldern unterscheiden:

  • Basistransfer: Hierunter fassen sie wissenschaftliche Publikationen, Vorträge, Teilnahmen an Workshops, Kongressen und weiteren Veranstaltungen sowie informelle, direkte Kontakte der Wissenschaftler.
  • Transfer via „Köpfe“: Dazu zählen sie die wechselseitige Personalmobilität zwischen Hochschule und regionaler Wirtschaft und die berufsbegleitende Weiterbildung an den Hochschulen für Externe sowie die Bereitstellung von akademisch qualifizierten Fachkräften für die regionalen Arbeitsmärkte und der Einsatz der Studierenden in der regionalen Wirtschaft, etwa im Kontext von Abschlussarbeiten in den Unternehmen.
  • Interagierender Forschungstransfer: Hierunter fassen sie die Auftragsforschung für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, Forschungskooperationen, Stiftungsprofessuren sowie den Bereich Patente und Lizenzen.
  • Spin-offs und Unternehmensgründungen: Damit sind vorwiegend die Ausgründungen aus den Hochschulen gemeint.

Insbesondere die ersten beiden Felder weisen sehr große Überschneidungen mit Forschung und Lehre auf, was keinen Schwachpunkt der Definition darstellt, sondern dem gängigen Verständnis von Technologie- und Wissenstransfer entspricht. So können die Hochschulen diesem auch Maßnahmen und Einrichtungen zurechnen, die sie im Rahmen ihrer regulären Forschung und Lehre ohnehin betreiben würden.

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Im Jahr 2021 hat der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft eine großanlegte Befragung von Hochschulleitungen zu Transferaktivitäten durchgeführt (Burk et al., 2022). Ihr zufolge verfügt mit 58,3 Prozent mehr als die Hälfte der Hochschulen über eine gezielte Transferstrategie und nur bei 10,4 Prozent war eine solche Strategie nicht zumindest bereits in Arbeit. Allerdings haben diese zumeist vorwiegend Leitbildcharakter und nur rund ein Viertel der Hochschulen erfasst systematisch die Transferbedarfe der potenziellen Partner. Auch sind die Schwerpunktsetzungen der Strategien unterschiedlich, sodass sich aus ihrem Vorhandensein nicht auf konkrete Ansätze im Bereich des Technologie- und Wissenstransfers schließen lässt.

Die meisten Hochschulen haben ihren Transferbereich zentral organisiert. So geben 72,0 Prozent der Hochschulleitungen an, dass dieser für die gesamte Hochschule zentral bei einer übergeordneten Einheit verortet ist, und bei weiteren 7,1 Prozent ist er fachbereichsübergreifend auf Fakultätsebene positioniert. Dabei ist bei 83,5 Prozent der Hochschulen auch auf der Leitungsebene eine Stelle explizit mit dem Thema Transfer befasst, was diesem mehr Gewicht verleiht (Burk et al, 2022). Typischerweise verfügen die deutschen Hochschulen heute also über spezifische Einrichtungen für den Technologie- und Wissenstransfer.

Solche Transfereinrichtungen wurden vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) im Jahr 2020 zu ihren Aktivitäten befragt (CHE, 2020). Dazu wurden die beiden im einschlägigen Bereich aktiven Netzwerke FORTRAMA und TransferAllianz genutzt, sodass die Angaben vorwiegend von sehr aktiven Einrichtungen stammen dürften. Die Zuständigkeiten der 38 antwortenden Einrichtungen unterscheiden sich sehr stark. So fallen etwa bei rund zwei Dritteln die Forschungsförderung, bei der Hälfte das Vertragswesen und bei einem Sechstel Career Services in ihren Aufgabenbereich (Abbildung). Diese Zuständigkeiten teilen sie sich wiederum teilweise mit anderen Hochschuleinrichtungen. Differenziert man weiter wird das Bild noch heterogener. Etwa haben deutlich mehr Transfereinheiten eine alleinige Zuständigkeit für Erfinderverträge als für Kooperationsvereinbarungen und ihr Angebot umfasst seltener eine Qualifizierung für Gründende als eine Unterstützung bei der Finanzierung von Gründungen (CHE, 2020).

Ein großes Problem ist, dass viele der im Transferbereich entstandenen Strukturen nicht nachhaltig gesichert sind. So schätzten die Hochschulleitungen im Jahr 2021, dass rund 42,3 Prozent der dortigen Stellen durch Drittmittel finanziert waren. Bei den Universitäten waren es mit 51,8 Prozent sogar über die Hälfte (Burk et al., 2021). Damit geht eine große Unsicherheit über ihren Fortbestand einher, die sich insbesondere auch in einer erhöhten Personalfluktuation widerspiegelt. Erachtet man den Technologie- und Wissenstransfer als eine dauerhaft wichtige Aufgabe für die Hochschulen, wären langfristig stabilere Strukturen dringend wünschenswert.

Dabei misst die Politik diesem Bereich eine substanzielle Bedeutung bei. So wird etwa auf Bundesebene mit der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI) derzeit eine neue Einrichtung geschaffen, die unter anderem den Technologie- und Wissenstransfer fördern soll (BMBF, 2024). Eine derartige Förderung dürfte insbesondere für die regionale Vernetzung der Hochschulen sehr hilfreich sein, da so für die kleinen und mittleren Unternehmen und weitere Akteure vor Ort zentrale Anlaufstellen geschaffen werden. Ob die Transfereinrichtungen, wie auch die Transferaktivitäten im Allgemeinen, tatsächlich ihre Ziele erreichen, lässt sich ohne ein Nachsteuern beim konzeptionellen Rahmen und bei der Erfassung einschlägiger Daten allerdings nicht bemessen. So setzt eine Erfolgskontrolle grundsätzlich ein konsistentes Verständnis der verfolgten Ziele und ein Mindestmaß an Indikatoren zu deren Erreichung voraus. Dabei stellen die starken Überschneidungen zwischen dem Technologie- und Wissenstransfer und den Kernbereichen von Forschung und Lehre ein großes Problem dar, da diesem so gegebenenfalls auch Aktivitäten zugerechnet werden können, die an sich anders zu bewerten wären.

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