Die Arbeitsteilung durch Werkverträge ist ökonomisch sinnvoll und sichert Arbeitsplätze.
Nach vermehrten Corona-Ausbrüchen an Schlachthöfen stehen nun Werkverträge in der Kritik. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil plant Berichten zufolge ein weitgehendes Verbot – zumindest in Schlachthöfen. In anderen Branchen sind Werkverträge dagegen längst etabliert und sinnvoll.
Die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen war eines der großen Streitthemen in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. Nun haben sich die angehenden Regierungspartner geeinigt und der Koalitionsvertrag liegt auf dem Tisch. Nötig wäre eine weitere gesetzliche Reglementierung nicht, wie eine Betrachtung der Fakten zeigt – und für eine Gruppe von Arbeitnehmern könnten sich die Einschränkungen sogar als kontraproduktiv erweisen.
Knapp 3,2 Millionen Beschäftige in Deutschland haben laut Bundesagentur für Arbeit mindestens zwei Jobs. Damit ist die Zahl der Mehrfachbeschäftigten in den vergangenen zehn Jahren um etwa eine Million gestiegen. Im Vergleich zum Jahr 2003 hat sie sich sogar mehr als verdoppelt. Ein Gastbeitrag von IW-Arbeitsmarktökonom Holger Schäfer auf der XING-Debattenplattform Klartext.
3,2 Millionen Menschen in Deutschland gehen zusätzlich zu ihrem Hauptjob einer Nebenbeschäftigung nach – rund eine Million mehr als vor zehn Jahren. Das geht aus einer Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf eine Anfrage der Linken hervor. Ein Grund zur Aufregung ist das aber nicht: Nebenjobber sind sogar oft sozial besser gestellt als andere Beschäftigte.
Ein spürbarer Wachstumsimpuls der Digitalisierung auf die Verbreitung flexibler Beschäftigungsformen ist nicht zu erwarten. Arbeiten in einem Umfeld 4.0 ist sowohl in Deutschland als auch in der Europäischen Union insgesamt unabhängig davon, ob der eigene Arbeitsvertrag befristet ist oder mit einem Zeitarbeitsunternehmen geschlossen wurde.
Der deutsche Arbeitsmarkt zeigt weiterhin keine Schwäche. Inzwischen geht es seit gut zehn Jahren fast ununterbrochen aufwärts: Die Zahl der Erwerbstätigen steigt und die Arbeitslosigkeit sinkt. Besonders stark zugelegt hat die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.
Die Bundesregierung möchte Teilzeitbeschäftigten ein Recht auf eine Rückkehr in Vollzeit einräumen – darüber berät heute erneut der Koalitionsausschuss. Dabei wird übersehen: Unfreiwillige Teilzeit aus betrieblichen Gründen ist eher die Ausnahme.
Minijobs haben, anders als gelegentlich behauptet, nichts zum Beschäftigungsaufbau der vergangenen zehn Jahre beigetragen. Im Gegenteil: Ihre Zahl ist zuletzt sogar leicht zurückgegangen.
In Deutschland haben rund 900.000 Rentner einen Minijob. Was einige Politiker vorschnell als Signal für eine steigende Altersarmut werten, ist aber eigentlich positiv: Die Entwicklung dürfte eher auf einen gesunden Arbeitsmarkt zurückzuführen sein.
Nach monatelanger Hängepartie haben sich die Koalitionspartner auf eine Neuregelung der Zeitarbeit und der Werkverträge geeinigt. Auch wenn einige überzogene Regulierungen des ersten Entwurfs zurückgenommen wurden, bleibt unklar, weshalb es überhaupt einer Novellierung bedarf.
Senior Economist für Beschäftigung und Arbeitslosigkeit
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