Die Grundrente hat die Große Koalition auf eine harte Prüfung gestellt. Jetzt ist sie beschlossene Sache - ihre Probleme sind allerdings nach wie vor ungelöst. Die wichtigsten IW-Forschungsergebnisse zum Thema.
Die Rentenkommission der Bundesregierung spart offenbar eine mögliche Anhebung der Regelaltersgrenze aus. Unter anderem argumentiert die SPD, dass dies einer Rentenkürzung gleichkäme. Ein Denkfehler: Die steigende Lebenserwartung führt bei einer starren Altersgrenze dazu, dass Renten länger bezogen werden und damit die Rentenlast insgesamt weiter steigt.
Die Einführung einer Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung hätte zur Folge, dass in vier von fünf Fällen Rentner profitieren, die im Sinne der Grundsicherung gar keiner Unterstützung bedürfen.
Die Einigung des Koalitionsausschusses zur Grundrente löst keine grundlegenden Probleme, provoziert aber neue Ungereimtheiten. Es droht eine Grundrenten-Bürokratie, die den Steuerzahler nicht nur teuer zu stehen kommt, sondern auch Anreize zur Privatvorsorge verzerren kann.
Ein Streitpunkt der Großen Koalition bei der Grundrente ist die Bedürftigkeitsprüfung. Sie ist jedoch dringend notwendig, weil die Rentenhöhe allein nichts über die Hilfsbedürftigkeit der Rentner aussieht, schreibt IW-Direktor Michael Hüther in einem Gastbeitrag für Focus Money.
Mit einer Aufstockung der gesetzlichen Rente kann Altersarmut nicht bekämpft werden, sagt der Ökonom Michael Hüther. Vielmehr sollten Betriebsrenten gestärkt werden.
Ein höheres Renteneintrittsalter kürzt die Rente nicht. Im Gegenteil: Wer länger Beiträge zahlt, erhält im Alter mehr. Die reflexartigen Antworten des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) auf den Vorschlag der Bundesbank führen in die Irre, weil die Zeche von den nachfolgenden Generationen bezahlt werden muss.
Die Grundrente stellt die Große Koalition auf eine harte Prüfung. Ohne Bedürftigkeitsprüfung begünstigt die Grundrente in vier von fünf Fällen Rentner, die keine steuerfinanzierte Hilfe brauchen. Selbst eine abgespeckte Prüfung der Einkommensverhältnisse wäre nicht treffsicher und käme deshalb teuer zu stehen. Das Problem verschämter Altersarmut vermögen die diskutierten Konzepte erst gar nicht zu heilen.
Die SPD will bei ihrer Respekt-Rente auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten. Damit würden jedoch bis zu 80 Prozent der Rentenaufstockungen an Menschen gehen, die diese Zuschläge gar nicht nötig haben.
Der Verzicht auf eine Bedürftigkeitsprüfung führt in der Diskussion um eine Rentenaufstockung in die Irre. Diese Einschätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) bestätigt auch die jüngste Studie der Bertelsmann-Stiftung.
Mit einer Grundrente soll die Lebensleistung bedürftiger Ruheständler gewürdigt werden. Würde eine Rentenaufstockung ohne Bedürftigkeitsprüfung erfolgen, drohen die Hilfen in vier von fünf Fällen fehladressiert zu werden.
Aktuell werden unterschiedliche Modelle einer Grundrente diskutiert, die mit den Motiven der Armutsprävention und Anerkennung von Lebensleistung motiviert werden. Während einige Varianten eine Mindestbeitragszeit voraussetzen und der SPD-Vorschlag einer Respekt-Rente außerdem auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichtet, ist allen Varianten gemein, dass eine verbesserte materielle Ausstattung im Alter den Bezug einer gesetzlichen Rente aus eigenem Anspruch voraussetzt.
Sowohl Dänemark als auch die Niederlande bieten ihren Bürgern eine Grundrente im Alter, allerdings können beide Modelle kaum als Blaupause für die deutsche Grundrenten-Debatte dienen: Die Lebensstandardsicherung wird bei den Nachbarn vollständig über kapitalgedeckte Säulen der Alterssicherung organisiert. Gleichwohl lohnt der Blick über die Grenzen.
Leiter des Kompetenzfelds Öffentliche Finanzen, Soziale Sicherung, Verteilung
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