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Real Estate Investment Trusts Immobilien-Monitor 26. August 2008 Vision Europa

Der Markt für Immobilienaktiengesellschaften ist in Deutschland unterentwickelt. Während in den USA, Großbritannien oder auch Frankreich schon seit längerem eine Vielzahl größerer Immobilienunternehmen an den Börsen gehandelt wird, kommt der deutsche Markt kaum vom Fleck.

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Real Estate Investment Trusts Immobilien-Monitor 26. August 2008

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Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Der Markt für Immobilienaktiengesellschaften ist in Deutschland unterentwickelt. Während in den USA, Großbritannien oder auch Frankreich schon seit längerem eine Vielzahl größerer Immobilienunternehmen an den Börsen gehandelt wird, kommt der deutsche Markt kaum vom Fleck.

Unter den zehn größten europäischen Immobilienaktienunternehmen findet sich kein einziges deutsches Unternehmen (Grafik).

Noch deutlicher wird die Schwäche des deutschen Immobilienaktienmarktes bei einem Blick auf die Verteilung der Marktkapitalisierung in Europa. Nur 5 Prozent des Marktes entfallen auf die größte europäische Volkswirtschaft. Führend ist hier das Vereinigte Königreich mit einem Anteil von 38 Prozent, vor Frankreich mit 24 Prozent und den Niederlanden mit 10 Prozent (Grafik).

Die Schwäche der deutschen Immobilienaktien beruht zum einen auf einer unzureichenden Kapitalmarktkommunikation in der Vergangenheit. Viele Unternehmen wurden nur gegründet, um sich schnellstmöglich von den Immobilien zu trennen. Oftmals fehlte eine Erfolg versprechende und auch kommunizierte Strategie. Zum anderen leiden Immobilienaktien unter einer steuerlichen Diskriminierung, weil sie im Gegensatz zu offenen und geschlossenen Fonds sowohl auf der Körperschaftsebene als auch auf der Anlegerebene besteuert werden.Vor diesem Hintergrund hat sich die Finanz- und Immobilienbranche für einen Neustart des Sektors mit Hilfe einer neuen Unternehmensform, dem international bekannten Real Estate Investment Trust (REIT), eingesetzt.

REITs zeichnen sich vor allem durch ihre hohen Transparenz- und Ausschüttungsvorschriften sowie die ausschließliche Besteuerung auf der Anlegerebene (steuerliche Transparenz) aus. Nach jahrelangen Diskussionen dürfen seit dem 1. Januar 2007 nun auch in Deutschland REITs gegründet werden. Ein merklicher Effekt auf den Markt ist bislang jedoch ausgeblieben.

Gerade einmal zwei REITs gibt es bislang in Deutschland, die zusammen ein Immobilienvermögen von etwa zwei Milliarden Euro bewirtschaften. Hinzu kommen einige Gesellschaften, die einen Börsengang in den nächsten Jahren in Aussicht gestellt haben. Dementsprechend eingetrübt sind die Erwartungen. Während im Jahr 2006 eine Marktkapitalisierung von über 100 Milliarden Euro im Jahr 2010 für möglich gehalten wurde, ging man 2007 nur noch von 15-40 Milliarden aus. Mittlerweile wird die potenzielle Marktkapitalisierung eher bei 10 Milliarden Euro gesehen – und auch dies erscheint im Moment als zu hoch gegriffen.

Ein schlechtes Timing und regulatorische Hemmnisse sind die wesentlichen Gründe für den verpatzten Start des REIT. Anders als in Japan und Frankreich trafen die REITs in Deutschland auf ein Marktumfeld, das bereits voller Euphorie war. Hinzu kam, dass viele Unternehmen einen Börsengang auf das Jahr 2008 verschieben wollten, um beim Kauf von Immobilien oder bei der Unternehmensumwandlung von den günstigeren Körperschaftssteuersätzen zu profitieren. Spätestens mit dem Ausbruch der Subprime-Krise wurde den Investoren jedoch die Lust auf neue Börsengänge, zumal im Immobilienbereich, deutlich verhagelt. Allein zwischen Januar 2007 und Juli 2008 haben europäische Immobilientitel 47 Prozent an Wert verloren (Grafik). In diesem Umfeld können auch die überzeugendste Strategie und das beste Portfolio die Anleger nicht für einen Börsengang begeistern. Gewichtig sind jedoch ebenfalls die gesetzlichen Probleme:

  • REITs dürfen Wohnungen, die vor dem 1.1.2007 gebaut wurden, nicht bewirtschaften. Damit fällt ein gewichtiger Teil des Marktes weg, der sich zudem derzeit durch eine besondere Dynamik auszeichnet. Eine vergleichbare Beschränkung gibt es für keine andere Assetklasse.
  • Steuern, die bei ausgelagerten Dienstleistungsgesellschaften oder aber bei Auslandsgeschäften anfallen, dürfen beim Anleger nicht mit der Einkommenssteuer verrechnet werden. Diese steuerliche Ungleichbehandlung wurde trotz politischer Absichtserklärungen noch nicht aufgehoben.
  • Anders als Anleger von offenen Immobilienfonds müssen Aktionäre die REIT-Gewinne aus Veräußerungen auch nach 10 Jahren Haltedauer versteuern.
  • Manager fürchten ein Erpressungspotenzial, weil der REIT dafür haftet, dass jeder Anteilseigner nur 10 Prozent der Anteile hält, dies aber nur unzureichend gesteuert werden kann.
  • Schließlich gibt es eine Vielzahl von restriktiven Vorgaben, so etwa in Bezug auf Nebentätigkeiten, den Immobilienhandel oder aber den Ausschluss von Joint-Ventures bei Auslandsimmobilien.

Insgesamt fehlt es dem REIT hierzulande an einer politischen Lobby, wie etwa in Großbritannien, die an einem Erfolg des REIT interessiert ist. Ein gravierendes Problem ist dabei auch, dass es die Branche kommunikativ nicht verstanden hat, sich von den angelsächsischen Private Equity Gesellschaften abzugrenzen, obwohl REITs von ihrer Satzung her gerade als langfristige Bestandshalter agieren.

Daneben sind es vor allem die außensteuerlichen Regeln, die den REITs zusetzen. Die Beschränkung des direkten Anteilsbesitzes an einem REIT auf 10 Prozent wurde nur deshalb aufgenommen, um zu verhindern, dass ausländische Investoren aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen ihre Steuerlast auf 10, 5 oder sogar 0 Prozent drücken. Eine ähnliche Regelung wurde auch im Vereinigten Königreich gewählt. Auch die Diskriminierung von Auslandsgeschäften ist in fast allen europäischen REIT-Märkten gegenwärtig, wobei teilweise sehr unterschiedliche Quellensteuersätze Anwendung finden.

Vor diesem Hintergrund konnte sich noch kein europäischer REIT-Markt bilden, obwohl bereits 13 der 27 EU-Mitgliedsstaaten steuertransparente Immobilienaktien eingeführt haben. Dies ist vor allem deswegen ein Problem, weil die Stärke der REITs in der Spezialisierung liegt. In den USA sind insbesondere die REITs erfolgreich, die sich auf eine spezielle Nische konzentrieren, wie etwa Kliniken, Hotels, Shopping-Malls oder Studentenwohnheime. Eine solche Strategie kann jedoch nur in einem großen Wirtschaftsraum gelingen. Europäische REITs müssen stattdessen, um die erforderliche Größe zu erzielen, in ein breiter diversifiziertes Portfolio investieren, doch dies drückt auf die Rendite. In der Folge ist der europäische Markt für Immobilienaktien deutlich kleiner als das US-amerikanische Pendant. Während die europäischen Titel insgesamt auf einen im Streubesitz befindlichen Börsenwert von knapp 70 Milliarden Euro kommen, sind es in den USA über 180 Milliarden Euro.

Für einen echten Durchbruch des REIT in Europa sind daher gemeinsame Regeln notwendig. Ein EU-REIT, also ein einheitliches REIT-Gesetz in allen EU-Mitgliedsstaaten, könnte die Basis für einen unverzerrten Wettbewerb zwischen den Immobilienaktiengesellschaften bereiten. Hierzu liegen bereits erste Gutachten und Initiativen vor. Politisch ist dies jedoch noch kein Thema, weder auf EU-Ebene noch in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Dabei sollten gerade die Finanzminister ein vitales Interesse an einem funktionierenden REIT-Markt haben. Schließlich suchen immer mehr Immobilienunternehmen Alternativen in Steueroasen. Allein zwischen 2005 und 2007 haben 41 Immobilienunternehmen ihren Sitz nach Jersey, Isle-of-Man oder Guernsey verlagert und sind über den Londoner Alternative Investment Market (AIM) an die Börse gegangen. Meistens geben sich diese Unternehmen per Selbstbindung eine REIT-ähnliche Struktur, weshalb sie auch als synthetische REITs bezeichnet werden. Solange der europäische REIT-Markt unattraktiv bleibt, werden immer wieder Unternehmen den Weg in Steueroasen wählen – verbunden mit einer Erosion der Steuereinnahmen und der Markttransparenz.

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