Mit ihrer Global Gateway Initiative will die Europäische Union Chinas Belt and Road Initiative Paroli bieten. Durch die Erbringung von Entwicklungshilfeleistungen verfügen die Union und ihre Mitgliedsländer aber schon jetzt über ein wirkungsvolles Instrument auf globaler Ebene, dem mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.

Europas Beitrag zur Entwicklungshilfe und die europäische Konnektivitätsstrategie
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Mit ihrer Global Gateway Initiative will die Europäische Union Chinas Belt and Road Initiative Paroli bieten. Durch die Erbringung von Entwicklungshilfeleistungen verfügen die Union und ihre Mitgliedsländer aber schon jetzt über ein wirkungsvolles Instrument auf globaler Ebene, dem mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.
Die Belt and Road Initiative und das europäische Gegenmodell
China hat 2013 seine Belt and Road Initiative (BRI) ins Leben gerufen, mit der weltumspannend gezielt in In-frastrukturprojekte investiert werden soll. Durch die Kontrolle der Handelswege, so fürchten Kritiker, wird das Land seine wirtschaftliche und politische Macht ausweiten sowie seine Normen durchsetzen. Denn die chinesischen Investitionen werden über Kredite finanziert, sodass durch die BRI politische Abhängigkeiten geschaffen werden können, wenn die Zahlungsfähigkeit der Gläubigerstaaten unter Druck kommt (Tanchum/ Murphy, 2021; Mardell, 2021; Chatzky/McBride, 2020).
Mit der Global Gateway Initiative plant die Europäische Union (EU) nun eine Gegenstrategie, um zunächst insbesondere im afrikanischen Raum Infrastrukturprojekte zu finanzieren, die es langfristig ermöglichen sollen, eine starke Wirtschaftspartnerschaft mit diesen Ländern aufzubauen, von denen beide Seiten profitieren. Dabei sollen sowohl die wirtschaftliche Entwicklung des jeweiligen Landes als aber gleichzeitig auch die europäischen Werte wie Menschenrechte, soziale Arbeitsbedingungen und Nachhaltigkeit gefördert werden. Vor allem möchte die EU jedoch ein globales Infrastrukturnetz fördern, um ihr offenes und nachhaltiges Modell der Zusammenarbeit zu verankern. Damit unterstreicht die Union, dass sie in erster Linie an einer gleichberechtigten Zusammenarbeit und Entwicklung interessiert ist und die Länder nicht in Abhängigkeiten gebracht werden sollen (Tanchum/Murphy, 2021; Mardell, 2021; Chatzky/McBride, 2020).
Hierbei darf nicht übersehen werden, dass die EU und ihre Mitgliedsländer in den letzten Jahren dreistellige Milliardenbeträge an Entwicklungshilfe für Entwicklungsländer bereitgestellt haben. Ein Teil der Entwicklungshilfe ist auch für den Aufbau der wirtschaftlichen Infrastruktur in den Entwicklungsländern vorgesehen. Das wird allerdings oft ignoriert oder ist einfach nicht bekannt (Tanchum/Murphy, 2021; Mardell, 2021; Chatzky/McBride, 2020).

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Das 0,7-Prozent-Ziel
Seit 2014 steht die EU bei der Entwicklungshilfe im Durchschnitt mit fast 80 Milliarden US-Dollar jährlich international an der Spitze. Über die fünf Jahre 2016 bis 2020 ergibt sich die Summe von 412 Milliarden US-Dollar. Damit unterstützt die EU andere Staaten in ähnlicher Größenordnung wie Chinas BRI mit geschätzten rund 434 Milliarden US-Dollar (EEAS, 2021).
Die Entwicklungshilfezahlungen der EU haben eine lange Historie. Im Rahmen der Vereinten Nationen hatte man sich zusammen bereits 1970 als Ziel gesetzt, dass die Industrieländer jährlich 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) zur Entwicklungshilfefinanzierung „bis 1975 und in keinem Fall später als 1980“ beisteuern (OECD, 2016, 2). Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erhebt dabei im Rahmen ihrer Tätigkeit zur Koordinierung der Hilfsmaßnahmen auch die effektiv bereitgestellten Beträge in ihrem dafür zuständigen Entwicklungshilfeausschuss (DAC). Das Ergebnis war lange Zeit ernüchternd. Im OECD-Durschnitt wurde das Ziel kein einziges Mal seit der Einführung erreicht. Gemessen an den 30 DAC-Mitgliedsländern lag der Durchschnitt im vergangenen Jahr bei nur 0,41 Prozent des gesamten Bruttonationaleinkommens. Die USA, die normalerweise auf der Einhaltung internationaler Zielvorgaben bestehen, wie z. B. mit Blick auf das Zwei-Prozent-Ziel für nationale Verteidigungsausgaben in Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP), konnten sich bis heute nicht auf das Ziel festlegen, obwohl sie die allgemeineren Ziele der Entschließung unterstützen. Mit 0,17 Prozent des BNE fallen sie damit auch auf die hintersten Plätze. Dagegen schneidet die EU mit rund 0,5 Prozent am besten ab und hat sich inzwischen verpflichtet, das 0,7-Prozent-Ziel bis 2030 zu erfüllen. Zu den einzigen Ländern, die im vergangenen Jahr ihre Zielvorgabe erfüllt haben, zählen Länder vom europäischen Kontinent: Deutschland, Dänemark, Luxemburg, Norwegen, Schweden sowie das Vereinigte Königreich.
Im Gesamtvergleich macht sich das bemerkbar. Von insgesamt 161,2 Milliarden US-Dollar an Entwicklungshilfeleistungen im Jahr 2020 kommt fast die Hälfte des Betrags – 72,7 Milliarden US-Dollar oder 45 Prozent – aus der EU. In den Jahren zuvor, zwischen 2014 und 2019 lag der Anteil auch nur unwesentlich darunter bei 40 bis 44 Prozent.
Anders als China bei seiner BRI vergibt die EU den Großteil ihrer Unterstützungsleistungen nicht in Form von Krediten, sondern von Zuschüssen. Im vergangenen Jahr betrug deren Anteil rund 70 Prozent. Die verbleibenden 30 Prozent bestanden zumeist aus Krediten oder Kapitalbeteiligungen (OECD, 2021).
Fazit
Die von der EU geplante Konnektivitätsstrategie sollte stärker als Ergänzung zu ihrer bereits seit Jahren laufenden Entwicklungshilfe gesehen werden. Vor allem aber sollte die EU ihre guten Taten viel besser vermarkten als bislang. Mit beiden Instrumenten zusammengenommen kann China die Stirn geboten werden. Dass ein Großteil der Entwicklungshilfe über Zuschüsse ausgezahlt wird, ist ein guter Ansatz, da so dem Partnerland Freiheiten bei der Entwicklung gelassen werden und weniger Schuldnerbeziehungen und somit Abhängigkeiten entstehen. Es darf allerdings nicht nur um den wirtschaftlichen Wettbewerb mit China gehen, sondern auch darum, offene Märkte zu erhalten und globale Nachhaltigkeit voranzutreiben, um den europäischen Green Deal auf internationaler Ebene zu stärken. Hier ist es daher wichtig, den Fokus der Investitionen strategisch auf nachhaltige Projekte zu legen, sodass die grüne Transformation auch in den Partnerländern und damit weltweit vorangetrieben wird.

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