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„Projekt IG Metall 2009“ Gewerkschaftsspiegel Nr. 1 27. Februar 2011 Neue Organisationsstruktur

Auf dem Leipziger Gewerkschaftstag wurde 2007 eine Projektgruppe damit beauftragt, Vorschläge einer Organisationsreform auszuarbeiten. Ihr erstes Diskussionspapier „Sich ändern, um erfolgreich zu bleiben“ wird derzeit mit den Bezirksleitungen diskutiert. Ziel ist, die vorhandenen Finanzmittel von oben nach unten zu verteilen, um die Verwaltungsstellen effizienter und schlagkräftiger zu machen. Das soll sie in die Lage versetzen, mehr Mitglieder zu werben.

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„Projekt IG Metall 2009“ Gewerkschaftsspiegel Nr. 1 27. Februar 2011

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Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Auf dem Leipziger Gewerkschaftstag wurde 2007 eine Projektgruppe damit beauftragt, Vorschläge einer Organisationsreform auszuarbeiten. Ihr erstes Diskussionspapier „Sich ändern, um erfolgreich zu bleiben“ wird derzeit mit den Bezirksleitungen diskutiert. Ziel ist, die vorhandenen Finanzmittel von oben nach unten zu verteilen, um die Verwaltungsstellen effizienter und schlagkräftiger zu machen. Das soll sie in die Lage versetzen, mehr Mitglieder zu werben.

Die IG Metall ist zwar nach wie vor die mächtigste Gewerkschaft in Deutschland. Aber auch ihr laufen die Mitglieder davon. Nach der Wiedervereinigung waren in der Industriegewerkschaft mehr als 4,2 Millionen Menschen organisiert. Ende letzten Jahres waren es nur noch 2,2 Millionen (siehe Grafik). In den letzten Jahren konnte der Rückgang zwar gebremst werden. Im Handwerk, in der Zeitarbeit, im Osten und in kleinen und mittleren Betrieben ist die Organisation jedoch unzureichend organisiert und entsprechend wenig durchsetzungsstark.

Um dies zu ändern, ist die Mitgliederwerbung ins Zentrum der Gewerkschaftspolitik gerückt. Künftig soll dazu in der untersten Organisationsebene, die aus insgesamt 164 örtlichen Verwaltungsstellen besteht, mehr Geld und Personal eingesetzt werden. Der Grund ist einfach: Die Verwaltungsstellen sind die zentralen Anlaufstellen der Mitglieder. Von den insgesamt im vergangenen Jahr angefallenen Beitragseinnahmen in Höhe von 442 Millionen Euro standen den Verwaltungsstellen 158 Millionen Euro für die Mitgliederarbeit zur Verfügung. Nach den Vorstellungen der Projektgruppe sollen die Verwaltungsstellen noch mehr Mittel erhalten. Künftig sollen sie beispielsweise direkt davon profitieren, wenn sie neue Mitglieder werben. Die Projektgruppe schlägt vor, zusätzliche Mittel in Höhe von 16 bis 20 Millionen Euro pro Jahr von „oben nach unten“ umzuschichten.

Da eine Steigerung der Gesamtausgaben nicht beabsichtigt ist, wird das notwendige Geld vor allem in der Vorstandsverwaltung eingespart. Vorgeschlagen wird, die Zahl der geschäftsführenden Vorstände von derzeit sieben auf fünf zu verringern und Ressorts der Vorstandsverwaltung zusammenzulegen, um Doppelarbeiten zu vermeiden. Außerdem soll die Zahl der Mitarbeiter in der Zentrale über einen Zeitraum von vier Jahren sozialverträglich verringert werden.

Ein weiterer Vorschlag der Projektgruppe ist, die politischen Interessen künftig selbst zu vertreten. Dann könnte die IG Metall den Mitgliedsbeitrag an den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) reduzieren, um die so eingesparten Mittel in eigene Kampagnen zu lenken. Einige Einzelgewerkschaften des DGB treten schon seit einigen Jahren verstärkt mit eigenen wirtschaftspolitischen Forderungen und Programmen an Politik und Öffentlichkeit. Dem DGB aber das politische Mandat offiziell zu entziehen wäre ein Paradigmenwechsel, der das Modell der Einheitsgewerkschaft in Deutschland infrage stellen würde.

Will die Gewerkschaft den Mitgliedertrend endlich umkehren, führt an der beabsichtigten Umlenkung von Ressourcen in Mitgliederkampagnen kein Weg vorbei. Die IG Metall hat mit intensiven Kampagnen in der Zeitarbeit und in der Windenergiebranche im letzten Jahr erfolgreich Mitglieder geworben. Nach Angaben der Organisation entfallen 10 Prozent der 92.000 Neuaufnahmen auf Zeitarbeitnehmer und weitere 12 Prozent auf diverse Projekte zur Erschließung von nicht organisierten Bereichen. Um solche Erfolge fortzusetzen, bedarf es nicht nur umfassender betrieblicher Aktivitäten in Zusammenarbeit mit Betriebsräten oder anderen Mitarbeitervertretern. Wichtig ist auch, die gewerkschaftlichen Vertrauensleute zu schulen und den Service der Verwaltungsstellen zu optimieren.

Die bislang in die Öffentlichkeit getragenen Überlegungen dürften innerhalb der Organisation zu lebhaften Diskussionen führen. Dafür besteht auch ausreichend Zeit, weil notwendige Satzungsänderungen zur Umsetzung erst auf dem nächsten Gewerkschaftstag beschlossen werden können. Dieser findet unter dem Motto „Kurswechsel: Gemeinsam für ein gutes Leben“ allerdings erst im Oktober 2011 in Karlsruhe statt.

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