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Michael Voigtländer / Christian Sauerborn IW-Kurzbericht Nr. 19 11. März 2019 Einfamilienhäuser: Starke Preiszuwächse auch abseits der Metropolen

Vom Immobilienpreisboom in Deutschland profitieren nicht nur Kapitalanleger und große Wohnungsunternehmen, sondern auch viele Eigenheimbesitzer. Quer über alle Regionen sind zwischen 2013 und 2018 die Preise für Einfamilienhäuser deutlich gestiegen: in der Spitze um bis zu 93 Prozent. Dennoch lahmt in Deutschland die Eigentumsbildung.

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Starke Preiszuwächse auch abseits der Metropolen
Michael Voigtländer / Christian Sauerborn IW-Kurzbericht Nr. 19 11. März 2019

Einfamilienhäuser: Starke Preiszuwächse auch abseits der Metropolen

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Vom Immobilienpreisboom in Deutschland profitieren nicht nur Kapitalanleger und große Wohnungsunternehmen, sondern auch viele Eigenheimbesitzer. Quer über alle Regionen sind zwischen 2013 und 2018 die Preise für Einfamilienhäuser deutlich gestiegen: in der Spitze um bis zu 93 Prozent. Dennoch lahmt in Deutschland die Eigentumsbildung.

Wer in den letzten Monaten ein Einfamilienhaus, zu denen sowohl freistehende Eigenheime, Reihenhäuser oder Doppelhaushälften gehören, verkauft hat, dürfte angenehm überrascht gewesen sein. Galten Einfamilienhäuser in der Vergangenheit unter Anlagegesichtspunkten als schwierig, da sie einen Großteil des Kapitals binden (Klumpenrisiko) und oftmals schwer verkäuflich waren (vgl. Sebastian/Steininger/Wagner-Hauber, 2011), hat sich die Lage aktuell komplett gedreht. Anhand von Daten der Sprengnetter GmbH, einem der führenden Dienstleister für Immobilienbewertungen in Deutschland und Österreich, kann die Preisentwicklung unter anderem anhand von Wiederverkäufen nachgewiesen werden. So wurde etwa in Augsburg im Jahr 2013 ein Einfamilienhaus für 200.000 Euro gekauft und 2018 für 350.000 Euro verkauft. Doch nicht nur in einer prosperierenden Region wie dem Großraum München steigen die Preise deutlich, sondern auch im Umland von Nauen, einer Gemeinde im Großraum von Berlin. Dort wurde beispielsweise im Jahr 2013 für 241.000 Euro gekauft und 2018 für 280.000 Euro verkauft – das entspricht einer Jahresrendite von ungefähr 4 Prozent. Mit Hilfe von Bewertungsverfahren, wie sie auch Banken für die Risikoprüfung verwenden müssen, lässt sich die Entwicklung der Kaufpreise flächendeckend abbilden. Dabei betrachtet Sprengnetter nicht nur die deutschen Kreise, sondern unterteilt diese teilweise noch einmal, insbesondere um größere Städte einzeln zu betrachten. So unterscheidet Sprengnetter zwischen dem Landkreis Miesbach und der Stadt Miesbach. Nach der Auswertung haben sich die Preise für Einfamilienhäuser vor allem in Süddeutschland stark entwickelt. An der Spitze steht nicht die Stadt München, sondern Freising mit einem Anstieg von 93 Prozent, also einem Jahreswachstum von 14 Prozent.

Doch auch in anderen Regionen konnten sich die Eigenheimbesitzer über starke Wertzuwächse freuen. In Norddeutschland ragt Wolfsburg mit 63 Prozent hervor, gefolgt von Göttingen. Aber auch kleinere Städte wie Wildeshausen, dass vielen nur von dem Rastplatz auf der A1 ein Begriff sein dürfte, glänzt mit starken Zuwächsen (Schaubild). Im westlichen Teil überrascht die Auswertung mit Ratingen, Kassel und Trier unter den Top 5. In den östlichen Landesteilen ragt Berlin hervor, doch darauf folgen schon Regionen in Brandenburg.

Allerdings werden Eigenheimbesitzer auch in Regionen zufrieden sein können, die es nicht in die Top 5 geschafft haben. In 94 Prozent der Regionen liegt die Preissteigerung in den letzten fünf Jahren zwischen 10 Prozent und 65 Prozent. Nur in zwei Regionen überhaupt sind die Preise gefallen.

Die Preisentwicklung beruht auf zwei wesentlichen Faktoren: Erstens auf der Zinsentwicklung, die die Nachfrage aufgrund der besseren Finanzierbarkeit und der mangelnden Anlagealternativen deutlich erhöht hat, und zweitens auf den Zuwanderungsgewinnen, die sich zwar auf die Ballungsräume konzentrieren, von denen aber letztlich deutlich mehr Regionen profitieren. Hinzu kommt, dass aufgrund der mittlerweile hohen Immobilienpreise in den Großstädten die Haushalte nach Alternativen suchen, vor allem wenn sie größere Objekte bevorzugen. Daher steigen die Einfamilienhäuserpreise mittlerweile auch abseits der Metropolen so stark – vor allem dort, wo die Anbindung an die Metropolen komfortabel und die Infrastruktur konkurrenzfähig ist.

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Angesichts der starken Preisentwicklung überrascht es, dass die Eigentumsbildung in Deutschland nicht nachzieht. Stattdessen stagniert die Wohneigentumsbildung (Seipelt/Voigtländer, 2018), und das Alter der Ersterwerber steigt sogar. Neben sozio-demografischen Faktoren, wie etwa der Tendenz zu Single-Haushalten und dem insgesamt unstetigerem Berufsleben, das die Wohneigentumsbildung bremst, dürfte vor allem das fehlende Startkapital ausschlaggebend sein. Während die laufenden Kosten des Eigentumserwerbs aufgrund der gefallenen Zinsen leistbar sind, hat der Kapitalbedarf bestehend aus Eigenkapital und Erwerbsnebenkosten wie Grunderwerbsteuer, Notargebühren, Grundbuchkosten und Maklerprovisionen deutlich zugenommen, da alle diese Ausgaben in Relation zu den Preisen steigen. Schnell summiert sich der Kapitalbedarf so auf 60.000 bis 100.000 Euro, 90 Prozent der Mieter verfügen aber über ein Finanzvermögen von weniger als 50.000 Euro. Wer also kein sehr hohes Einkommen erzielt oder Eltern hat, die mitfinanzieren können, beispielsweise über die Beleihung ihres eigenen Eigenheims, kann selbst kaum Eigentümer werden.

In den nächsten Jahren werden die Preise wahrscheinlich nicht mehr so stark steigen, allein schon deswegen, weil die Zinsen nicht mehr fallen. Dennoch ist mit Zuwächsen zu rechnen, da die Einkommen weiter zulegen und die Bevölkerung zumindest in den nächsten Jahren vielerorts noch wächst. Durch die Reduzierung der Erwerbsnebenkosten, zum Beispiel durch eine Reform der Grunderwerbsteuer (Hentze/Voigtländer, 2017) und die Erschließung neuer Finanzierungsquellen für den Eigenkapitalanteil etwa durch die Schaffung von Entnahmemöglichkeiten auch in der betrieblichen Altersvorsorge (Voigtländer, 2019), könnten mehr Haushalte in die Lage versetzt werden, an den Chancen im Immobilienmarkt zu partizipieren.

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Starke Preiszuwächse auch abseits der Metropolen
Michael Voigtländer / Christian Sauerborn IW-Kurzbericht Nr. 19 11. März 2019

Michael Voigtländer / Christian Sauerborn: Einfamilienhäuser – Starke Preiszuwächse auch abseits der Metropolen

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