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Lennart Bolwin / Klaus-Heiner Röhl IW-Kurzbericht Nr. 23 6. April 2021 Datenwirtschaft: Nutzungswunsch und Teilungsbereitschaft

Im Rahmen der Digitalisierung der Wirtschaft entstehen zahlreiche neue Geschäftspotenziale, die auf der Nutzung und Teilung von Daten beruhen. Viele Unternehmen in Deutschland sind aber noch wenig digital, und bezüglich der gemeinsamen Datennutzung herrscht eine große Zurückhaltung, wie eine aktuelle Unternehmensbefragung zeigt.

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Nutzungswunsch und Teilungsbereitschaft
Lennart Bolwin / Klaus-Heiner Röhl IW-Kurzbericht Nr. 23 6. April 2021

Datenwirtschaft: Nutzungswunsch und Teilungsbereitschaft

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Im Rahmen der Digitalisierung der Wirtschaft entstehen zahlreiche neue Geschäftspotenziale, die auf der Nutzung und Teilung von Daten beruhen. Viele Unternehmen in Deutschland sind aber noch wenig digital, und bezüglich der gemeinsamen Datennutzung herrscht eine große Zurückhaltung, wie eine aktuelle Unternehmensbefragung zeigt.

Die voranschreitende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft eröffnet vielfältige neue Geschäftsmöglichkeiten für die Unternehmen in Deutschland (Fritsch/Krotova, 2020). Die digitale Erfassung und ökonomische Nutzung von Daten sind für neue Geschäftsmodelle und die Ergänzung und Weiterentwicklung der bestehenden entscheidend (Demary et al., 2019). Durch die Corona-Pandemie und ihre Folgen wird die Digitalisierung nun noch zusätzlichen Schub erhalten. In einer aktuellen Studie wurde aber deutlich, dass die gemeinsame Nutzung von Daten in der Wirtschaft noch großes Ausbaupotenzial aufweist (Röhl et al., 2021). Dabei ist die umfassende und zielgerichtete Nutzung von Daten eines der Kriterien, in denen sich erfolgreiche digitale Unternehmen von den weniger digital aufgestellten Unternehmen differenzieren.

Eine besondere Rolle kommt in diesem Kontext – gerade für die schnell wachsenden Plattform-Unternehmen (Demary/Rusche, 2018) – dem Austausch und der gemeinsamen Nutzung von Daten zu. In einer Befragung von circa 500 überwiegend mittelständischen Unternehmen zu ihrer Datenaffinität und -nutzung zeigte sich aber, dass der Austausch von Daten über Unternehmensgrenzen hinweg noch wenig ausgeprägt ist (Röhl et al., 2021). Generell ließ sich eine größere Bereitschaft zur systematischen Datennutzung und auch Datenteilung für jene Unternehmen feststellen, die aufgrund ihrer Merkmale als bereits stärker digitalisiert eingestuft wurden. Hierbei handelte es sich aber nur um 28 Prozent der im Rahmen der Studie befragten Unternehmen (Röhl et al., 2021, 13).

Insbesondere besteht eine deutliche Diskrepanz bezüglich der (gewünschten) Nutzung von Daten Dritter, deren Potenzial für das eigene Unternehmen zunehmend gesehen wird, und einer im Gegensatz dazu sehr geringen Bereitschaft, eigene Daten für andere Unternehmen verfügbar zu machen. Die befragten Unternehmen sollten für die in der Abbildung aufgeführten Datenkategorien angeben, welche Daten – etwa Produkt- und Stammdaten sowie Nutzungsdaten von Kunden – sie aus externen Quellen benötigen, und welche sie mit Dritten zu teilen bereit wären.

Auffällig war zunächst, dass digital aufgestellte Unternehmen deutlich häufiger angaben, die genannten Daten aus externen Quellen zu benötigen, als die weniger digitalen. Insgesamt maßen über die Hälfte der digitalen Unternehmen externen Daten einen hohen Wert zu, während nur ein Drittel der weniger digital aufgestellten Unternehmen einen Vorteil in der Nutzung extern bezogener Daten sah. Im Durchschnitt über die abgefragten Kategorien hinweg gaben 37 Prozent der digitalisierten Unternehmen an, diese externen Daten zu benötigen, aber nur etwas über ein Fünftel der weniger digitalen Unternehmen (Röhl et al., 2021, 23). Dies dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass digital orientierte Unternehmen generell einen höheren Datenbedarf aufweisen und deshalb auch mehr Daten aus externen Quellen nutzen.

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Bezüglich der einzelnen Datentypen führten Produktdaten mit 47 Prozent Nennung eines Bedarfs aus externen Quellen deutlich vor Lieferantendaten und Kunden-Stammdaten (vgl. Abbildung). Eine geringe Rolle spielen mit je knapp 16 Prozent der Nennungen Kunden-Nutzungsdaten sowie Forschungs- und Entwicklungsdaten. Da nur eine Minderheit der in der Befragung dominierenden kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) kontinuierlich forscht und entwickelt (Behrens et al., 2017), ist vermutlich auch der Bedarf an externen FuE-Daten entsprechend gering. Bezüglich der Kunden-Nutzungsdaten ist die Differenz im Antwortverhalten zwischen digitalen und weniger digitalen Unternehmen besonders groß: Hier scheint vielen Unternehmen der zahlenmäßig dominierenden zweiten Gruppe der Wert von Daten zum Nutzungsverhalten ihrer Kunden noch nicht ausreichend bewusst zu sein.

Bezüglich der Bereitschaft zur Teilung unternehmenseigener Daten mit Anderen ist die höchste Ausprägung wiederum für Produktdaten gegeben, für die ein Viertel der Unternehmen die Bereitschaft signalisiert, diese mit Dritten zu teilen. Für Lieferantendaten ist gut jedes fünfte Unternehmen teilungsbereit, bei Produktions- und Prozessdaten etwa 14 Prozent. Für vier der acht abgefragten Datentypen liegt der Wert aber nur im einstelligen Bereich (vgl. Abbildung), was die große Zurückhaltung der befragten Unternehmen bezüglich der Weitergabe eigener Daten unterstreicht. Interne Finanzdaten und Kunden-Nutzungsdaten möchten die Unternehmen am wenigsten in andere Hände geben.

Nicht nur KMU sehen eine Datenweitergabe sehr skeptisch. Bezüglich der Produktdaten ist die Teilungsbereitschaft von Großunternehmen sogar unterdurchschnittlich ausgeprägt; nicht einmal 10 Prozent von ihnen stehen einer Weitergabe prinzipiell offen gegenüber. Offenbar dominiert die Sorge, dass Produktspezifika in falsche Hände gelangen könnten. Bei den Produktions- und Prozessdaten geben mit 26 Prozent der Großunternehmen hingegen überdurchschnittlich viele an, zur Datenteilung prinzipiell bereit zu sein. Dies ist möglicherweise durch die gerade für Großunternehmen geringere Fertigungstiefe zu erklären: Ihre Zulieferunternehmen wie Abnehmer benötigen diese Daten, um Produktionsschritte ausführen zu können.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Unternehmen einer kooperativen Datennutzung, die für eine volle Ausnutzung der Digitalisierungspotenziale wichtig ist, noch eher ablehnend gegenüberstehen. Wenn überhaupt, möchten sie Daten anderer nutzen. Während die Bereitschaft zur Weitergabe der im eigenen Unternehmen generierten Daten im Durchschnitt über die acht abgefragten Kategorien bei weniger als 12 Prozent liegt, beträgt der durchschnittliche Datenbedarf über alle abgefragten Kategorien mit gut 26 Prozent mehr als das Doppelte dieses Wertes.

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