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Adriana Neligan / Frank Obermüller IW-Kurzbericht Nr. 77 12. Dezember 2018 Geschäftsmodell Klimaschutz

Auf der Klimakonferenz in Polen verhandeln Politiker aus der ganzen Welt aktuell darüber, wie die vor drei Jahren vereinbarten Klimaschutzziele erreicht werden können. Die deutsche Wirtschaft verdient schon längst mit Klimaschutzgütern Geld.

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Geschäftsmodell Klimaschutz
Adriana Neligan / Frank Obermüller IW-Kurzbericht Nr. 77 12. Dezember 2018

Geschäftsmodell Klimaschutz

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Auf der Klimakonferenz in Polen verhandeln Politiker aus der ganzen Welt aktuell darüber, wie die vor drei Jahren vereinbarten Klimaschutzziele erreicht werden können. Die deutsche Wirtschaft verdient schon längst mit Klimaschutzgütern Geld.

Das Pariser Klimaabkommen

Auf der Klimakonferenz in Paris haben sich fast alle Staaten der Welt auf das anspruchsvolle Ziel festgelegt, die Erderwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius, möglichst unter 1,5 Grad Celsius, zu begrenzen. Nun gilt es, das Pariser Klimaabkommen umzusetzen. Die bevorstehende Klimakonferenz in Katowice hat das Ziel, Maßnahmen zur regelmäßigen Überprüfung der Zielerreichung festzulegen. Doch die erfolgreiche Erreichung der Klimaziele kann nur im Einklang von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft stattfinden. Die Wirtschaft hat hier mit ihrer Innovationsstärke und Investitionspotenzialen einen relevanten Anteil – und kann mit Klimaschutz erhebliche Umsätze generieren.

Klimaschutz als Wirtschaftsfaktor

Mit dem zunehmenden Interesse am Klimaschutz wächst auch die Nachfrage nach entsprechenden Gütern und Dienstleistungen. In Deutschland wurden in 2016 bereits 46 Milliarden Euro mit dem Klimaschutz umgesetzt. So lautet das Ergebnis der jährlichen Erhebung der Waren-, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz des Statistischen Bundesamts. Die Umweltschutzwirtschaft ist hierbei eine Querschnittsbranche, das bedeutet unter ihr sind verschiedene Wirtschaftszweige oder Teile von Wirtschaftszweigen subsummiert und daher statistisch schwer erfassbar: Unter der Umweltschutzwirtschaft befinden sich sowohl auf Klimaschutzgüter spezialisierte Maschinenbauer als auch Betriebe, die nur einen kleinen Teil ihres Umsatzes mit dem Klimaschutz verdienen.

Verkaufsschlager Windenergie

Umsätze mit Gütern und Dienstleistungen, die dem Klimaschutz dienen, kann man entsprechend den klimapolitischen Zielen kategorisieren: Erhöhte Nutzung erneuerbarer Energien, das Einsparen oder effizientere Nutzen von Energie sowie die Reduktion von Treibhausgasen. Die in Deutschland produzierten Güter und Dienstleistungen für den Klimaschutz dienen vorrangig etwa zur Hälfe dem Ziel der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien und der Verbesserung der Energieeffizienz. Diese können auch zu geringeren Treibhausgas-Emissionen führen.

Mit 15 Milliarden Euro Umsatz ist die Windenergie an Land das umsatzstärkste Klimaschutzgut – jeder dritte Euro in der deutschen Klimaschutzwirtschaft wird hiermit erzielt. An zweiter Stelle stehen mit 10 Milliarden Euro Umsatz Produkte zur Steigerung der industriellen Energieeffizienz wie energieeffiziente Antriebs- und Steuerungstechniken gefolgt von Energieeffizienzmaßnahmen für Gebäude mit 7 Milliarden Euro. Beide Energieeffizienzmaßnahmen gemeinsam sind wiederum für mehr als jeden dritten Euro Umsatz in der Klimaschutzwirtschaft verantwortlich. Auf die Erneuerbaren Windenergie auf See, Solarenergie und Bioenergie entfallen insgesamt 7 Milliarden Euro.

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Produkte explizit zur Reduzierung von Treibhausgasen spielen bei den Umsätzen im Klimaschutz bisher nur eine untergeordnete Rolle. Dies ist sicherlich auch Folge der politischen Förderungen der letzten Jahre. Hier standen Erneuerbare sehr stark im Vordergrund, ebenso wie Effizienzprogramme. Die Reduktion von Treibhausgasen wird vor allem durch den CO2-Zertifikatehandel und dem daraus resultierenden CO2-Preis angereizt. Der CO2-Preis war in den Jahren bis 2017 sehr niedrig und hat nur geringe Investitionsanreize gesetzt. Ein Anstieg des CO2-Preises, wie er in 2018 zu verzeichnen war, könnte die Investitionen in CO2-Vermeidung jedoch deutlich stärken und zu höherem Umsatz mit Produkten zur CO2-Vermeidungen führen.

Exporthit Klimaschutz

In wachsenden globalen Klimaschutzmärkten eröffnet eine erfolgreiche Umsetzung des Klimaschutzes auch neue Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Exporteure. Im Jahr 2016 wurden fast 40 Prozent des Umsatzes mit Klimaschutzgütern im Ausland erwirtschaftet – das sind immerhin 18 Milliarden Euro. Besonders begehrt sind hierbei Produkte für die industrielle Energieeffizienz und der Windenergie – beide mit jeweils 5 Milliarden Euro Auslandsumsatz.

Industrie ist der wichtigste Produzent

Für den Umbau in eine emissionsarme Wirtschaft ist die klassische Industrie unerlässlich. Knapp 40 der 46 Milliarden Euro Umsatz mit Klimaschutzgütern werden alleine im verarbeitenden Gewerbe erwirtschaftet, gut die Hälfte davon im Maschinenbau. Platz zwei geht an die Hersteller von elektrischen Ausrüstungen mit einem Gesamtumsatz mit 5 Milliarden Euro. In beiden Branchen wird etwa jeder zweite Euro Umsatz über Exporte generiert.

Marktinstrumente gefragt

Der Knackpunkt an der deutschen Erfolgsgeschichte der Klimaschutzgüter ist jedoch der politische Einfluss. Die Politik setzt die Rahmenbedingungen – die Wirtschaft muss sich an diesen orientieren. Durch das Erneuerbaren-Energien-Gesetz hat die Politik die Marschrichtung vorgegeben und mit Subventionen angereizt. Dies gilt nicht nur für Produkte im Bereich der Erneuerbaren Energien, sondern darüber hinaus im Bereich Energieeffizienz. Beide haben hiervon maßgeblich profitiert und konnten wachsen. Doch die politischen Subventionen bergen auch ein Risiko wie im Falle der Solarwirtschaft; sinken sie, hat das direkten Einfluss auf die Nachfrage und die Wirtschaft. Der Rückgang der anfänglichen Förderung und gleichzeitige immense Investitionen in die Solarproduktion in China sorgten für eine Abwanderung der hiesigen produzierenden Industrie. Die Kunst besteht jetzt darin, die Wertschöpfung weiterhin in Deutschland zu behalten und selber zum Exporteur für Wissen und Klimaschutzgüter zu werden. Die hohen Exportquoten bei den Klimaschutzgütern zeigen, dass die Industrie hier auf dem richtigen Wege ist. Eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung braucht aber nicht nur stabile sondern vor allem marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen, die nicht von politischen Subventionen abhängen. Daher wäre ein internationaler Konsens für die Stärkung von marktwirtschaftlichen Instrumenten zu begrüßen. Katowice bildet eine Plattform hierfür.

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