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Hanno Kempermann / Agnes Millack IW-Kurzbericht Nr. 77 2. November 2017 Maß für die Attraktivität von Regionen: Regionaler Chancen Monitor

Menschen zieht es dorthin, wo es attraktiv ist. Der regionale Chancenmonitor der IW Consult und der Steinbeis Angewandte Systemanalyse GmbH zeigt: Das Chancenpotenzial und die Chancenverwertung von Regionen können auseinanderfallen.

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Regionaler Chancen Monitor
Hanno Kempermann / Agnes Millack IW-Kurzbericht Nr. 77 2. November 2017

Maß für die Attraktivität von Regionen: Regionaler Chancen Monitor

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Menschen zieht es dorthin, wo es attraktiv ist. Der regionale Chancenmonitor der IW Consult und der Steinbeis Angewandte Systemanalyse GmbH zeigt: Das Chancenpotenzial und die Chancenverwertung von Regionen können auseinanderfallen.

Attraktives Umland der Metropolen

Ein Präferenzindexwert über 100 bedeutet überdurchschnittliche, ein Wert unter 100 unterdurchschnittliche Chancen. Der Index bildet implizit alle Standortvor- und -nachteile einer Region ab (zum Beispiel Ausbildungsangebot, Arbeitsplatzangebot, Wohnraumkosten, Freizeitwert, kulturelles Angebot, medizinische Versorgung, Breitbandausbau).

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Gerade mit Blick auf die Fachkräftesicherung lokaler Unternehmen und die Dynamik und Lebendigkeit einer Region ist die Einordnung wichtig, wie attraktiv sie wahrgenommen wird – und welches Potenzial besteht, um die Attraktivität zu steigern. Und genau hier setzt das Attraktivitätsmodell, auf dem der Regionale Chancen Monitor (RCM) basiert, an:

Chancenverwertung:

Im ersten Baustein werden alle Wanderungsbewegungen in den 402 Regionen in Deutschland zueinander in Bezug gesetzt. Altersspezifische Wanderungsströme bieten einen wichtigen Blick auf die Zukunftsfähigkeit von Regionen, da sie die Fachkräfteversorgung, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und die gesellschaftliche Dynamik bestimmen. Dabei weisen Großstädte und Ballungsräume die höchsten Wanderungsgewinne auf. Die mit Abstand stärkste Anziehungskraft hat Berlin. Hier ist der Wanderungssaldo, also die Differenz aus Zuwanderung und Abwanderung in einer Region, mit 41.085 Personen am höchsten. Mit München, Hamburg, Leipzig und Frankfurt am Main folgen weitere Großstädte, die im Jahr 2015 rund 12.000 bis 20.000 Einwohner hinzugewinnen konnten.

Chancenpotenzial:

Der RCM ist jedoch einer reinen Wanderungsanalyse weit überlegen. Denn in einem zweiten Baustein wird das Chancenpotenzial untersucht, indem alle Standortvor- und -nachteile einer Region (wie z. B. das Ausbildungs- und Arbeitsplatzangebot, die Wohnraumkosten, der Freizeitwert, das kulturelles Angebot, die medizinische Versorgung oder der Breitbandausbau) indirekt über ein mathematisches Modell in einem Präferenzindex abgebildet werden. Das höchste Chancenpotenzial weisen die Landkreise um Berlin auf, beispielsweise die Landkreise Oberhavel, Havelland, Barnim, Teltow-Fläming oder Potsdam-Mittelmark. Aber auch im Münchener und Hamburger Umland sowie im nördlichen Alpenvorland ist das Chancenpotenzial hoch.

Unterteilt man die Regionen in Deutschland einerseits nach ihrer Chancenverwertung (Wanderungssaldo) und andererseits nach ihrem Chancenpotenzial (Präferenzindex, d. h. der regionalen, um Größeneffekte bereinigten Attraktivität) können vier Raumtypen identifiziert werden:

  • Top-Level: Regionen mit positiver Chancenverwertung und überdurchschnittlichem Chancenpotenzial. Sie sind häufig um Ballungszentren gelegen und besonders um die wirtschaftlichen Kraftzentren Hamburg, Berlin, Köln, Frankfurt, Stuttgart und München zu finden. Diese Speckgürtel profitieren von der Infrastruktur der Großstädte, bieten aber gleichzeitig attraktive Prise und Flächen.
  • Risikoräume: Regionen mit positiver Chancenverwertung, aber geringem Chancenpotenzial. Ihr positiver Wanderungssaldo ist kein Garant für eine günstige Entwicklung in der Zukunft. Beispiele sind einzelne Großstädte wie Köln, Düsseldorf, Stuttgart und Nürnberg, die an den Anforderungen durch den Zuzug zu scheitern drohen. Auch positive Inseln im schwachen Umfeld wie Helmstedt in Niedersachsen oder Steinfurt in NRW sind Risikoräume, weil sie zu wenig von regionalen Ausstrahlungseffekten profitieren.
  • Chancenräume: Regionen mit negativer Chancenverwertung bei überdurchschnittlichem Chancenpotenzial. Für diese Regionen ist es wichtig, zukünftig die bestehenden Chancen durch geeignete Strukturmaßnahmen, auch durch Kooperationen mit umliegenden Städten und Gemeinden, für eine Stärkung der eigenen Attraktivität zu flankieren. Beispiele sind die Mecklenburgische Seenplatte (bspw. touristische Attraktivität) oder oder Neustadt an der Waldnaab (Kooperationsmöglichkeiten mit Tschechien) oder der Ostalbkreis (wirtschaftliche Prosperität im gesamten Umland).
  • Low-Level-Bereich: Regionen mit negativer Chancenverwertung sowie unterdurchschnittlichem Chancenpotenzial. Aus diesen häufig ländlich geprägten Regionen zieht insbesondere die junge und mobilste Altersgruppe aufgrund einer geringen regionalen Attraktivität (mangelnde Bildungsangebote und Kultur- und Freizeiteinrichtungen, gesellschaftliche Dynamik etc.) fort. Diese Entwicklung stellt die Regionen vor besondere Herausforderungen. Die Konstellation trifft auf weite Teile Sachsen-Anhalts, Thüringens, Nordhessen, den Osten NRWs und den Westen von Rheinland-Pfalz zu.

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Analyse nach Altersgruppen

Eine Region wirkt in der Regel unterschiedlich attraktiv auf die einzelnen Altersgruppen. Junge Menschen kehren ländlichen Regionen den Rücken und ziehen in Großstädte. Hauptmotiv ist der Beginn eines Studiums, einer Ausbildung oder der Berufseinstieg. Besonders attraktiv sind deshalb für Jüngere Hochschulstandorte und Großstädte, die viele Arbeitsplätze bieten. Auf dem Land fehlt dadurch der Fachkräftenachwuchs. Diese Entwicklung stellt die Regionen vor besondere Herausforderungen. Hier können ein attraktives Arbeitsmarktangebot und gezieltes Regionalmarketing in Ausbildungszentren dabei helfen, die junge Bevölkerung nach der Ausbildung zurückzugewinnen.

Großstädte sind darüber hinaus so beliebt, weil das Leistungsspektrum, besonders im Freizeit- und Kulturbereich, vielfältig ist. Aber auch das verdichtete Umland der Universitätsstädte und Metropolen ist in den jüngeren und mobilen Altersgruppen sehr beliebt – der Speckgürtel wird aufgrund der hohen und steigenden Mieten sowie Immobilienpreise in den Großstädten immer breiter.

Während es Studenten und Auszubildende in Universitätsstädte und Metropolen lockt, ziehen Berufstätige eher ins Suburbane. Denn für die berufstätige Bevölkerung spielen weniger Zentrumsnähe als vielmehr Betreuungsangebote, die Immobilienpreise oder eine gute gesundheitliche Versorgung eine Rolle.

Die Analyse der Altersgruppe der Senioren zeigt, dass Ältere in erster Linie landschaftlich und kulturell attraktive Gegenden auswählen, wenn sie überhaupt nochmal ihren Wohnsitz wechseln. Beispiele sind die Vorpommern-Greifswald mit Rügen oder das Alpenvorland. Da im höheren Alter aber auch die Pflege- oder Hilfsbedürftigkeit eine zunehmende Rolle spielt, hat das Vorhandensein von Pflegeeinrichtungen einen wichtigen Einfluss auf das Wanderungsgeschehen der Älteren.

Neben einer seniorengerechten Infrastruktur ist aber auch die größere räumliche Nähe zu Verwandten, insbesondere zu Kindern, ein wichtiges Kriterium bei der Wohnortwahl von Senioren.

Der Regionale Chancen Monitor hilft nicht nur bei der gezielten Analyse, wohin Einwohner wandern und von wo sie kommen, sondern bietet auch eine Grundlage für spezifische Handlungsempfehlungen, um die regionale Entwicklung zu stärken.

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