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Alexander Burstedde / Paula Risius Gutachten 20. April 2017 Fachkräfteengpässe in Unternehmen 2/2017: Regionale Fachkräftesituation und Mobilität

Die vorliegende Studie gibt eine Übersicht über die regionale Verteilung von Fachkräfteengpässen in Deutschland. Sie analysiert die Fachkräftesituation in 1.296 Berufen und berücksichtigt dabei die Besonderheiten in 156 Regionen. Ein Kernergebnis ist, dass inzwischen die Hälfte aller Stellen in Engpassberufen ausgeschrieben wird.

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Gutachten
Regionale Fachkräftesituation und Mobilität
Alexander Burstedde / Paula Risius Gutachten 20. April 2017

Fachkräfteengpässe in Unternehmen 2/2017: Regionale Fachkräftesituation und Mobilität

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die vorliegende Studie gibt eine Übersicht über die regionale Verteilung von Fachkräfteengpässen in Deutschland. Sie analysiert die Fachkräftesituation in 1.296 Berufen und berücksichtigt dabei die Besonderheiten in 156 Regionen. Ein Kernergebnis ist, dass inzwischen die Hälfte aller Stellen in Engpassberufen ausgeschrieben wird.

Wo Fachkräfte gesucht werden

Anteil der Stellen mit Besetzungsschwierigkeiten an allen offenen Stellen in der jeweiligen Region in Prozent (Engpassquote)

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Informationen zur Grafik

Die Daten der Karte sind Berechnungen des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (kofa.de) auf Grundlage von Daten der Bundesagentur für Arbeit. Die Geodaten dieser Karte stammen von der Bundesagentur für Arbeit, die auf den folgenden Webseiten ebenfalls über Fachkräfteengpässe informiert: Interaktive Visualisierung Engpassanalyse, Bericht Fachkräfteengpassanalyse, Arbeitsmarktmonitor-Fachkräfteradar.

Die Fachkräftesituation ist regional sehr unterschiedlich. Besonders stark betroffen ist Süddeutschland.

Die Berufe und Regionen sind unterschiedlich stark von Engpässen betroffen. In Berlin etwa wird rund jede dritte Stelle in Engpassberufen ausgeschrieben, in Baden-Württemberg sind es knapp zwei von drei. Dort ist mehr als jeder fünfte Beruf schon seit mindestens fünf Jahren dauerhaft von einem starken Engpass gekennzeichnet. In Brandenburg sind es hingegen nur drei Prozent. Insgesamt ist die Fachkräftesituation im Süden Deutschlands deutlich angespannter als im Norden. In etwa zwei Dritteln aller Berufe hat sich die Situation in den letzten fünf Jahren weiter zugespitzt; dies vor allem im Osten. Entspannung bei der Fachkräfteversorgung gibt es aus Sicht der Unternehmen hingegen kaum.

Fachkräfte, Spezialisten und Experten sind nicht überall gleichermaßen gefragt.

Allerdings sind Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung besonders knapp. Betrachtet man die verschiedenen Anforderungsniveaus der beruflichen Tätigkeiten, ergeben sich zusätzlich regionale Schwerpunkte. So sind Fachkräfte mit Berufsausbildung beispielsweise besonders im Nordwesten Niedersachsens rund um Nordhorn gefragt. Spezialisten wie Meister, Techniker und Bachelorabsolventen fehlen besonders in der Mitte Deutschlands von Marburg bis Suhl. Nördlich davon, von Celle bis Magdeburg, mangelt es wiederum besonders an Akademikern mit Masterabschluss oder Diplom. An Helfern fehlt es hingegen kaum.

Alternde Belegschaften und fehlende Nachwuchskräfte verschärfen künftig die Situation.

In vielen Regionen Deutschlands werden demnächst viele Beschäftigte in Rente gehen. In vielen der betroffenen Regionen werden zudem die Nachwuchskräfte knapp. Insbesondere im Osten ist diese Konstellation deutlich erkennbar. Nur die größeren Städte profitieren dort noch von der Landflucht wie in vielen anderen Regionen auch. Betriebe werden künftig noch kreativer werden müssen, um ihre Belegschaftsgröße zu erhalten und den Nachwuchs zu sichern.

Der Ausbildungsmarkt ist zunehmend durch eine kleine Bewerberzahl, aber auch starke regionale Ungleichgewichte geprägt. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen ist weiter gestiegen. Betroffen sind gleichermaßen sowohl die wirtschaftlich starken Regionen im Süden als auch die demografisch benachteiligten Regionen Ostdeutschlands. Dabei schafft es vor allem der Süden ausbildungsinteressierten Bewerbern einen Ausbildungsplatz anzubieten. Dies ist zwar grundsätzlich positiv zu betrachten, allerdings können die verbleibenden unbesetzte Plätze größtenteils nur noch überregional besetzt werden, wenn nicht genügend geeignete Bewerber vor Ort zu finden sind. In anderen Regionen Deutschlands hingegen bleiben Bewerber unversorgt. Ihr Potenzial wird für den Ausbildungsmarkt nicht genutzt, weil die Mobilität zu schwach ausgeprägt ist. Dies war in den Jahren nach der Wiedervereinigung noch anders, als viele junge Menschen aus Ostdeutschland für eine Berufsausbildung vorwiegend nach Süddeutschland gezogen sind.

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Handlungsoption Mobilität: Durch Umzüge von Ausbildungsinteressierten und Arbeitslosen ließen sich freie Ausbildungsplätze und jede achte offene Stelle besetzen.

Eine stärkere Förderung der Mobilität von Ausbildungsinteressierten und der Ausbau von Angeboten zum Jugendwohnen könnte Unternehmen bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen unterstützen. Die Analyse bis in die Arbeitsagenturbezirke hinein erlaubt es, auch die regionale Passung von Angebot und Nachfrage für den Arbeitsmarkt zu analysieren. In vielen Berufen und Regionen können entweder Stellen nicht adäquat besetzt werden oder Arbeitslose finden kein Angebot in ihrem angestrebten Wunschberuf. So fehlen beispielsweise im Süden Kranführer, während es im Norden noch viele für diesen Beruf qualifizierte Arbeitslose gibt. Maschinenbau- bzw. Betriebstechnik-Experten sind in vielen Bundesländern Engpassberufe, in anderen Regionen suchen entsprechend qualifizierte Fachkräfte händeringend Arbeit. Beispiele wie diese gibt es viele. Umzüge von Arbeitslosen könnten viele Fachkräftelücken schließen und zugleich Menschen in Arbeit bringen. Es gilt, verstärkt Wege zu finden, um dieses Potenzial besser zu nutzen und regional nicht besetzbare Stellen abzubauen. Wären Arbeitslose so mobil wie der Bevölkerungsdurchschnitt, könnte ein Achtel der offenen Stellen besetzt werden, für die es vor Ort keine passenden qualifizierten Arbeitskräfte gibt.

Handlungsoption überregionale Rekrutierung: Unternehmen können die Mobilität fördern, indem sie stärker überregional suchen und gezielt ansprechen.

Die Analyse lässt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen folgenden Schluss zu: Wenn Unternehmen keine geeigneten Fachkräfte vor Ort finden, können sie ihre Suchstrategie ändern. Die Situation dürfte sich in den meisten Regionen ohne ein verändertes Verhalten weiter zuspitzen. Wenn Unternehmen ihre Belegschaft mittelfristig erhalten wollen, müssen sie neue Wege gehen. Dazu können sie Stellen vermehrt überregional ausschreiben. Dies sollte durch Unterstützungsmaßnahmen bei der Wohnungssuche und bei der Integration im Alltag begleitet werden. Hilfreich ist es auch, im Unternehmen Mentoren für die regional mobilen Neueinsteiger bereitzustellen.

Handlungsoption Qualifizierung: qualifizieren Sie die benötigten Fachkräfte selbst

Unternehmen, die agieren statt reagieren möchten und die Fachkräftesicherung für den eigenen Bedarf proaktiv vorantreiben wollen, können Mitarbeiter selbst qualifizieren. Dazu gehört einerseits die Berufsausbildung im Betrieb, die langfristig Nachwuchs für die im Betrieb benötigten Berufe generiert. Fehlt es hingegen an Höherqualifizierten, können innerhalb des Berufsfeldes und eventuell sogar innerhalb des Betriebs Mitarbeiter weiterqualifiziert werden. Auch Quereinsteiger, die aus verwandten Berufen kommen, können durch Nachqualifizierungsmaßnahmen zu Fachkräften fortgebildet werden. Die Potenziale hierfür sind unter anderem bei Versicherern im Außendienst oder auch in der Altenpflege besonders groß.

Welche Fachkräfte gefragt sind

Arbeitslose je gemeldeter Stelle (Engpassrelation) und Anzahl der bundesweit bei den Arbeitsagenturen gemeldeten Stellen. Da weniger als jede zweite offene Stelle gemeldet wird, wird eine Engpassrelation von unter 2 als Engpass definiert.

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Regionale Fachkräftesituation und Mobilität
Alexander Burstedde / Paula Risius Gutachten 20. April 2017

Fachkräfteengpässe in Unternehmen 2/2017: Regionale Fachkräftesituation und Mobilität

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