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Christiane Konegen-Grenier / Mathias Winde IW-Kurzbericht Nr. 62 23. August 2017 Globale Unternehmen bevorzugen regionale Bildungsinvestitionen

Global agierende Unternehmen fördern in erster Linie Studierende und Hochschulen in ihrer Region. Weiter entfernte oder ausländische Hochschulen werden bei den Investitionen seltener berücksichtigt. Denn auch im digitalisierten Zeitalter ist der persönliche Kontakt für Unternehmen ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Kooperation mit der Wissenschaft.

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Globale Unternehmen bevorzugen regionale Bildungsinvestitionen
Christiane Konegen-Grenier / Mathias Winde IW-Kurzbericht Nr. 62 23. August 2017

Globale Unternehmen bevorzugen regionale Bildungsinvestitionen

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Global agierende Unternehmen fördern in erster Linie Studierende und Hochschulen in ihrer Region. Weiter entfernte oder ausländische Hochschulen werden bei den Investitionen seltener berücksichtigt. Denn auch im digitalisierten Zeitalter ist der persönliche Kontakt für Unternehmen ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Kooperation mit der Wissenschaft.

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Wie der besonders hohe prozentuale Anteil der Exporte am BIP deutlich macht, ist die deutsche Wirtschaft tief in den weltweiten Prozess der Globalisierung eingebunden. Das betrifft in erster Linie die großen Unternehmen, von denen 80 Prozent im Export aktiv sind (Söllner, 2014). Sie erwirtschafteten zuletzt 89 Prozent des gesamten Außenhandelsumsatzes. Zwei Drittel von ihnen zählen zum Verarbeitenden Gewerbe (Statistisches Bundesamt, 2017). Große Dax-Unternehmen wie Bayer, BMW oder Siemens beschäftigen mittlerweile mehr als zwei Drittel ihrer Mitarbeiter im Ausland (Belitz, 2015). Geht es aber um die Frage, mit welchen Hochschulen in der akademische Bildung kooperiert werden soll, dann agieren auch die Global Players in erster Linie regional. Das zeigt eine aktuelle Studie von Stifterverband und IW Köln (Konegen-Grenier / Winde 2017).

Die sehr große Mehrheit von 87 Prozent aller Industrieunternehmen in Deutschland mit 250 und mehr Mitarbeitern hat im Jahr 2015 in die akademische Bildung investiert. Insgesamt investierten diese Unternehmen rund 1,253 Milliarden Euro und damit mehr als ein Drittel der gesamten Investitionssumme von 3,318 Milliarden Euro in duale Studiengänge, Praktika, Studium der Mitarbeiter, Stipendien, Stiftungsprofessuren sowie Geld- und Sachspenden. Im Vordergrund stehen die Ziele, neues Wissen und neue Mitarbeiter zu gewinnen. Trotz weltweiter Geschäftstätigkeit und grenzüberwindender digitaler Kommunikationsmöglichkeiten bleibt der Radius ihrer Investitionen bemerkenswert regional.

Auch große Industrieunternehmen kooperieren meist mit Hochschulen der Region

Gefragt wurde, wo sich die Hochschulen schwerpunktmäßig befinden, mit denen bei den verschiedenen Förderformen kooperiert wird. Besonders häufig wird die Kooperation mit einer regional ansässigen Hochschule bei der Investition in duale Studiengänge gesucht, was in Anbetracht der erforderlichen engen organisatorischen Abstimmung und dem regelmäßigen Wechsel der Lernorte in Hochschule und Betrieb nicht überrascht. Lediglich knapp jedes fünfte große Industrieunternehmen agiert bei der Investition in duale Studiengänge deutschlandweit. Schwerpunktmäßig mit dem Ausland kooperiert keines der befragten Unternehmen, da duale Studiengänge im Ausland auch wenig oder gar nicht verbreitet sind.

Mehrheitlich entscheiden sich diese Unternehmen zudem für eine in ihrer Region ansässige Hochschule, wenn sie das Studium eines Mitarbeiters unterstützen. Gut dreißig Prozent fördern die Wahrnehmung von Studienangeboten deutschlandweit. Etwa jedes achte Unternehmen hat keinen geografischen Schwerpunkt bei dieser Förderart.

Auch bei der Förderung von Praktika wählt mehr als jedes zweite große Industrieunternehmen eine Hochschule in regionaler Nähe. Wie sich in einer weiteren Studie zeigt, zielen Unternehmen bei der Rekrutierung von Praktikanten vor allem deshalb auf die Hochschulen in ihrer Region, weil sie potentielle künftige Mitarbeiter möglichst frühzeitig kennenlernen wollen, um die Informationsunsicherheit hinsichtlich Eignung und Passung für das Unternehmen zu verringern (Winterhager/Krücken, 2015). Jedes dritte große Industrieunternehmen rekrutiert Praktikanten deutschlandweit. Gut jeder Zehnte hat keinen geografischen Schwerpunkt bei der Rekrutierung. Das Ausland spielt keine bevorzugte Rolle.

Auch bei den Geld- und Sachspenden, beim Sponsoring und bei der Finanzierung von Stiftungsprofessuren entscheidet sich die Mehrheit für eine Hochschule in der Nähe, obgleich diese Arten der Förderung im Prinzip ohne organisatorische Hürden deutschlandweit durchführbar sind. Deutschlandweit agiert gut jeder Vierte. Jedes sechste Unternehmen hat keinen geografischen Schwerpunkt bei dieser Art von Wissenschaftsförderung. Eine schwerpunktmäßige Förderung von Hochschulen im Ausland wurde nur von knapp einem Prozent der befragten Unternehmen angegeben.

Eine Erklärung für die betont regionale Orientierung sind die Aussagen der befragten Unternehmen zu den Erfolgsfaktoren der Kooperationen. Nach der fachlichen Passung ist es vor allem die regelmäßige persönliche Kommunikation, die aus der Sicht der Unternehmen für das Gelingen der Kooperation entscheidend ist. Wie wichtig der persönliche Austausch ist, wird außerdem durch die Tatsache unterstrichen, dass 70 Prozent der großen Industrieunternehmen bereits bestehende Kontakte ihrer Mitarbeiter, die an der jeweiligen Hochschule studiert haben, als einen wichtigen Erfolgsfaktor für das Gelingen von Kooperationen ansehen. Eine gute Position der Hochschule im Exzellenzwettbewerb spielt dagegen nur für 58 Prozent eine wichtige Rolle.

Die zentrale Bedeutung von auf persönlichen Kontakten basierendem Vertrauen wird auch in einer Reihe von weiteren Studien zur Zusammenarbeit von Hochschulen und Unternehmen in Lehre und Forschung festgestellt (Schneijderberg/Teichler, 2010; Stifterverband, 2013; Krücken/Winterhager, 2015). Gegenseitiges Vertrauen in Interaktionsprozessen gilt darüber hinaus als Voraussetzung dafür, dass neben kodifiziertem, öffentlich zugänglichem Wissen auch nicht kodifiziertes Wissen, so genanntes „tacit knowledge“ ausgetauscht werden kann, welches einen positiven Effekt für das Gelingen von Innovationen hat (Grimpe/Hussinger, 2013). Allgemein wird davon ausgegangen, dass die räumliche Nähe den Wissensspillover fördert, Synergieeffekte in Forschung, Entwicklung und Produktion erzeugt und sich vorteilhaft auf die Hervorbringung von Innovationen auswirkt (CRIE/Technopolis, 2015).

Regionale Vernetzung ist demnach nicht nur ein Erfolgsfaktor für Hochschulkooperationen und eine positive Basis für die Entstehung von Innovationen, sondern begünstigt auch das für die Unternehmen zentrale Ziel der Rekrutierung gut qualifizierter Fachkräfte und den damit verbundenen Transfer neuen Wissens in die Unternehmen. Die Hochschulen sollten bei der Entwicklung ihrer fachlichen Profile daher auch die inhaltliche Ausrichtung der regionalen Wirtschaft mit in den Blick nehmen und den persönlichen Kontakt suchen.

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