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Wirtschafts-Nobelpreis IW-Nachricht 12. Oktober 2009

Von wegen, Ordnungstheorie ist überholt

Noch eine Sensation: Der Nobelpreis geht diesmal an Elinor Ostrom (Foto) und Oliver Williamson. Beide haben sich um die Institutionenökonomik verdient gemacht, eine moderne Fortentwicklung der klassischen Ordnungstheorie.Das Nobel-Komitee in Stockholm setzt damit ein wichtiges Signal in einem Moment, wo sich infolge der Wirtschaftskrise auch die ökonomische Forschung in einem Prozess der kritischen Selbsthinterfragung befindet

Die Entscheidung ist auch politisch ein salomonisches Urteil. Denn beide Wissenschaftler lassen sich nicht in das überzogene Polaritätsschema Markt oder Staat einspannen; vielmehr sind beide spontanen gesellschaftlichen Konfliktlösungen zwischen Markt und Staat auf der Spur. Beide betreiben damit eine Forschung, die Gesellschaftswissenschaft im besten Sinne darstellt.

So hat die Politologin Elinor Ostrom (76 Jahre, Indiana University, Bloomington), die erste Frau unter den Nobelpreisträgern, theoretisch gezeigt und empirisch nachgewiesen, wie Gemeinschaften von selbst Regeln finden, um mit „Allmendegütern“ langfristig hauszuhalten. Das Problem von Allmendegütern liegt darin, dass private Eigentumsrechte nicht eindeutig zugeordnet werden können. Als Folge davon werden sie übermäßig genutzt. Fischgründe beispielsweise werden überfischt; Sozialkapital erodiert. Doch nach Ostrom begründet dies noch keinen Staatseingriff, sondern ist nur der Ausgangspunkt dafür, dass sich spontane Institutionen (oder Regeln) in der Gemeinschaft herausbilden: zum Beispiel eine freiwillige Verständigung über langfristige gemeinschaftliche Nutzungsvorschriften; ein gesellschaftlicher Konsens darüber, was sich gehört und was nicht.

Und Oliver Williamson (77 Jahre, University of California, Berkeley) hat aufgedröselt, wovon es abhängt, welche Institutionen sich eine Gemeinschaft gibt, zum Beispiel ein Unternehmen. Wenn die Transaktionskosten, die Kosten der Anbahnung und Ausübung von Verträgen, gleich null sind, dann kann eine Firma ganz klein sein und man kauft alles auf dem Markt zu. Wenn die Nutzung des Markts aber mit Kosten verbunden ist, dann lohnen sich Fühlungsvorteile und hierarchische Strukturen. Welcher Fall vorliegt und welche Unternehmensverfassung („Governance“) sich empfiehlt, hängt unter anderem auch davon ab, ob Verträge vollständig sind, ob Kapital spezifisch ist, ob Interaktionen auf dem Markt wiederholt auftreten. Diese Analyse lässt sich auch auf andere gesellschaftliche Fragen übertragen – eigentlich auf alles, was mit Interaktion und Austausch bei gegensätzlichen Interessen, Transaktionskosten und mitunter unklaren Eigentumsrechten zusammenhängt. Und dabei kommt man sogar ohne das Idealbild vom perfekt rationalen Homo oeconomicus aus.

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