Im Öffentlichen Dienst startet heute bei Bund und Kommunen eine neue Tarifrunde. Im Mittelpunkt geht es um eine 5-Prozent-Forderung der Gewerkschaften. Sie wird vor allem mit einem Nachholbedarf begründet. Die Tariflohndynamik des Öffentlichen Dienstes hänge im Vergleich zur Gesamtwirtschaft hinterher und dadurch werde es für den Staat immer schwieriger, qualifiziertes Personal anzuwerben. Letzteres stimmt, hat aber wenig mit der Lohnzurückhaltung im Öffentlichen Dienst zu tun.
Von wegen Nachholbedarf
Tatsächlich verdienen „Staatsdiener“ im unteren Bereich immer noch deutlich besser als in der Privatwirtschaft, während höher qualifizierte Arbeitnehmer beim Staat vergleichsweise schlecht entlohnt werden. Das war auch lange so gewollt. Aber wenn der Staat die Einkommen seiner Beschäftigten weniger differenziert, als es die Privatwirtschaft tut, und sich die beruflichen Anforderungsprofile auch in der öffentlichen Verwaltung hin zu anspruchsvolleren Tätigkeiten wandeln, entsteht ein Problem: Der Staat braucht mehr Akademiker und weniger einfaches Personal. Die im Vergleich zur Privatwirtschaft magere Bezahlung der Höherqualifizierten erschwert aber deren Bereitschaft, beim Staat anzuheuern.
Abhilfe hat hier auch die 2005 durchgeführte Reform des Tarifrechts nicht geschaffen, weil sie keine größere Spreizung der Einkommen vorsieht. Ein lediger Angestellter erhielt als Grundvergütung Anfang 2005 1.509 bis 5.636 Euro, derzeit liegt die entsprechende Vergütung für neue Mitarbeiter bei 1.377 bis 5.237 Euro. Pauschale Lohnanhebungen in der von den Gewerkschaften geforderten Größenordnung helfen hier wenig. Sie beschleunigen eher den Stellenabbau und die Ausgliederung einfacher Dienstleistungen.

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