Es hört sich gut an: Der ehemalige Verfassungsrichter Prof. Paul Kirchhof möchte mit 146 Paragrafen für alle wichtigen Steuern auskommen. Das sind die Einkommens-, die Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Umsatz- und die Verbrauchssteuer.
So geht es wohl doch nicht
Alle anderen Steuern sollen entfallen. Wirklich alle? Die Körperschafts- und die Gewerbesteuer sollen in der Einkommenssteuer als Steuer auf juristische Personen aufgehen. Aber was ist z.B. mit der Grundsteuer? Erste Meldungen geben hierüber keinen Aufschluss. Kirchhof braucht weniger Paragrafen, weil er alle Ausnahmen im Steuerrecht abschaffen möchte, insbesondere bei der Einkommenssteuer. Es gibt nur noch ein einheitliches Einkommen und bei Privatpersonen für alle Ausgaben eine Vereinfachungspauschale von 2.000 Euro. Das ist im Grunde genommen ein richtiger, aber sehr radikaler Ansatz. Denn die Einkommenssteuer ist nicht nur kompliziert, weil es Sonderregelungen gibt, sondern weil die Welt kompliziert ist. Und das Steuerrecht muss sich an die Welt anpassen – umgekehrt wird es nicht gehen. So haben Kirchhofs ehemalige Kollegen am Bundesverfassungsgericht die Ausgaben für eine beruflich bedingte doppelte Haushaltsführung bei verheirateten Doppelverdienern explizit als zulässige Werbungskosten erklärt. Was passiert, wenn die 2.000 Euro nicht reichen, ist unklar.
Der Hauptgrund, dass man Radikalreformen mit Vorsicht betrachten sollte, ist aber, dass viele Änderungen gleichzeitig durchgeführt werden, deren Folgen für das Steueraufkommen in der Summe nur schwer abschätzbar sind. Zwar lassen sich die Aufkommenswirkungen theoretisch genau berechnen, das Ergebnis stimmt aber nur dann mit der Praxis überein, wenn wirklich an alles gedacht wurde. Dazu bräuchte man eine Probefahrt, die aber im Steuerrecht nicht möglich ist. Entweder man wendet das neue Recht an, oder das alte.
Diese Unsicherheiten sind Wasser auf die Mühlen von Gegnern dieser Reform, die ihr Spielzeug Steuerrecht nicht aufgeben wollen. Deshalb wäre es besser, jede Steuer einzeln nach und nach zu entrümpeln. Dabei kann man sich an Kirchhofs Vorschlägen orientieren, muss aber keineswegs alles übernehmen.
IW-Agenda 2030: Öffentliche und private Investitionen
Im Vorfeld der vorgezogenen Bundestagswahl, die am 23. Februar 2025 stattfindet, wird das Institut der deutschen Wirtschaft in einer virtuellen Veranstaltungsreihe die wichtigsten wirtschaftspolitischen Handlungsfelder ausleuchten.
IW
Sozialabgaben auf Kapitalerträge: Staat würde großen Teil der Rendite kassieren
Geht es nach dem Grünen-Kanzlerkandidaten Robert Habeck, sollen Kapitalerträge zur Finanzierung der Kassen herangezogen werden. Für Anleger wäre das teuer, zeigen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).
IW