Mit einem aktuellen Entwurf zur Umsetzung einer EU-Richtlinie, die Beschäftigte vor optischer Strahlung schützen soll, handelt der Bundesarbeitsminister genau so, wie er nicht mehr sollte: Er sattelt noch einmal drauf, als gäbe es noch nicht genug Bürokratie.
Nicht immer ist Brüssel Schuld
Lange Zeit war es eine beliebte Übung des deutschen Gesetzgebers: mit der Ausrede „wir setzen nur eine EU-Richtlinie um“ eigene Regulierungen für die Wirtschaft einzuführen. Kritiker hat man dann schulterzuckend an Brüssel weiterverwiesen. Doch mit den Plänen der Bundesregierung zum Bürokratieabbau sollte damit Schluss sein: Nur noch eins zu eins würden die Richtlinien umgesetzt, gelobten die Politiker.
Gehalten haben sie sich kaum daran, wie der neue Verordnungsentwurf aus dem Hause Scholz zum Thema Strahlenschutz zeigt. Während die EU-Richtlinie 2006/25/EG nur künstliche Strahlungen wie etwa Laserlicht betrifft, sieht Paragraf 10 des Ministeriumsentwurfs vor, dass der Arbeitgeber seine im Freien tätigen Beschäftigten über die Gefahren der Sonne unterrichten muss. Geeignete Schutzmaßnahmen seien ebenfalls einzuleiten. Bald gibt es also eine neue Attraktion, wenn man in der sommerlichen Reisewelle im Baustellenstau steht und dabei zuschauen kann, wie Bauunternehmer ihren Arbeitern den Rücken eincremen.
Das Amüsante an der neuen Überregelung: Als vor fünf Jahren im Richtlinienentwurf der EU ein ähnlicher Paragraf enthalten war, schlug eine Welle der Ironie über der Kommission zusammen. Die EU-Bürokraten zogen die Konsequenz und strichen die Passage in der Erwartung, dass die im freien Tätigen sich wie in den bisherigen Jahrtausenden der Menschheitsgeschichte selbst vor der Sonne schützen könnten. So viel Eigeninitiative traut das Bundesarbeitsministerium den deutschen Arbeitnehmern aber offenbar nicht zu.
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