Auch wenn die „Lebensleistungsrente“ von Bundeskanzlerin Merkel zur Chefsache erklärt wurde, ignorieren Koalition und Opposition bislang zweierlei: Erstens, dass die Höhe der gesetzlichen Rente nicht zwingend etwas über die Armutsgefährdung im Alter aussagt. Und zweitens, dass eine beitragsbezogene Rente nicht gleichzeitig das Existenzminimum sichern kann.

Mitnahmeeffekte statt zielgerichteter Hilfe
Wer Zeit seines Arbeitslebens in die Rentenkasse eingezahlt hat, der soll – so die Vorstellung unter anderem von Bundesarbeitsministerin von der Leyen – im Alter auch eine Rente über dem Grundsicherungsniveau bekommen. Da sind sich Koalition und Opposition einig.
Gestritten wird lediglich über das „Wie“, also über die Voraussetzungen für eine Rentenaufstockung und deren Finanzierung.
Das Konzept der Lebensleistungsrente hat allerdings mehrere entscheidende Denkfehler:
- Die Rente soll vor Altersarmut schützen. Aber eine niedrige gesetzliche Rente führt nicht unbedingt zu Altersarmut. So kann zum Beispiel jemand, der überwiegend in Teilzeit beschäftigt war und deshalb eine geringe Rente erhält, über den Ehegatten mit abgesichert sein. Ohne Prüfung der Haushaltseinkommen und Vermögen drohen daher bei einer Aufwertung niedriger Rentenansprüche unerwünschte Mitnahmeeffekte.
- Es ist nicht die Hauptaufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung, Altersarmut zu vermeiden. Das gesetzliche System folgt dem Leistungsprinzip: Wer im Vergleich zu anderen Versicherten viel eingezahlt hat, der erhält auch eine höhere Rente. Bei Bedürftigkeit hilft hingegen die Grundsicherung. Sie soll die Menschenwürde materiell sichern. Menschenwürde lässt sich aber nicht nach Lebensleistung oder anderen Kriterien differenzieren. Genau das würde aber eine „Lebensleistungs-“ oder „Solidarrente“ tun.
Die Diskussion verschleiert zudem die einfache Tatsache, dass vor allem jüngere Menschen vermehrt privat vorsorgen müssen. Dazu müssen sie erfolgreich in das Arbeitsleben integriert werden – so lässt sich Armut am besten vermeiden.

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